Zum Thema "Sucht" bzw. "Abhängigkeit" schreibt Wikipedia Interessantes: "Abhängigkeit, genannt auch Sucht, bezeichnet das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesem Verlangen werden die Kräfte des Verstandes untergeordnet. Es beeinträchtigt die freie Entfaltung einer Persönlichkeit und die sozialen Chancen eines Individuums. In zahlreichen offiziellen und inoffiziellen Einrichtungen wird der Begriff „Sucht“ verwendet."
Dazu werden die vier Klassen des "Gebrauchs" aufgezählt:
- Unerlaubter Gebrauch ist ein von der Gesellschaft nicht tolerierter Gebrauch.
- Gefährlicher Gebrauch ist ein Gebrauch mit wahrscheinlich schädlichen Folgen für den Konsumenten.
- Dysfunktionaler Gebrauch liegt vor, wenn psychische oder soziale Anforderungen beeinträchtigt sind.
- Schädlicher Gebrauch hat bereits schädliche Folgen (Zellschäden, psychische Störung) hervorgerufen.
Das beschreibt es schon ganz gut, primär gilt demnach: "Erlaubt ist, was gefällt (und was erlaubt ist)". Solange es niemandem, anderen oder einem selbst schadet, ist also alles gut. Wenn man sich somit sicher ist, dass einem die Vorstellung oder dann die Tatsache, etwas zu besitzen auch etwas längerfristig Freude bereitet und man nicht in echte psychische Störungen (bis hin zum Verlust der selbständigen Lebenstüchtigkeit) oder Beschaffungskriminalität verfällt und noch einigermaßen soziale Beziehungen aufrecht erhält, dann ist das alles noch im grünen Bereich. Hier kommt es natürlich auch auf die Akzeptanz der (ggf. angeheirateten) Umwelt an, aber auch da gibt es viele Nuancen und noch einige andere Faktoren.
Modellbahn-"Sammeln" ist tatsächlich noch eine einigermaßen gesellschaftlich anerkannte Variante, da gibt es weit Skurrileres. Wie man das ausführt, bleibt aber jedem selbst überlassen. Dem Anfänger sei empfohlen, sich auf ein zunächst eng umrissenes Gebiet zu konzentrieren und gerade beim Modellbahnern ggf. auch den Antrieb, das Zeug auch fahren zu lassen ("damit zu spielen"), zu bedenken - will ich's oder will ich's nicht? Wichtig, wie schon von Vorrednern gesagt: als Wertanlage taugt das nur zufällig was, das sollte nie der Grund sein, für eine Sammlung ausgegebenes Geld sollte man voll abschreiben können.
Ich kenne jemanden, der sich Räume voller Märklin-Material als private Rentenvorsorge zusammengekauft hat und das nun auf ebay verscherbeln lässt (immerhin wohl meist fast zum Neupreis, es ist gut gelagerte unbespielte Ware in Originalverpackung), weil er draufkam, dass das mit der Wertsteigerung nicht so funktioniert, wie gedacht.
Aus Studienzeiten kann ich mich an jemanden erinnern, der damals (Anfang der Neunziger) "alle Windows-Programme" im Internet (FTP-Server, noch nicht WWW) runterladen wollte, die es gibt. Er saß tage- und nächtelang am Computer in der Uni und schrieb schachtelweise 3,5"-Disketten voll. Keine Ahnung, was aus dem geworden ist, der war schon damals suspekt, sowohl vom Geisteszustand als auch vom (hygienischen) Erscheinungsbild her, selbst für Informatiker-Verhältnisse. Kann mich nicht erinnern, dass er Vorlesungen besucht und/oder das Studium abgeschlossen hätte (die Anzahl der Kommilitonen war damals noch überschaubar).
Das andere Extrem ist ein Bekannter, der als erfolgreicher Geschäftsmann mit mehr oder weniger dem auskommt, was er am Leibe trägt. Er schläft auf einer Matratze in seinem Büro, fährt ein altes geerbtes Auto (das vermutlich einiges wert wäre, wenn er es herrichten würde), hat irgendwo seine Kleiderreserve gelagert und ist ansonsten völlig frei. Mit seinem wachsenden Geld gründet er laufend Firmen und verkauft sie wieder teuer, sprudelt nur so vor Geschäftsideen und hat Spaß, diese umzusetzen, aber alles Materielle ist ihm im Privatbereich völlig fremd. Hat aber auch keine Familie und kein(e) Kind(er). Einerseits beneidenswert, aber andererseits eben nicht mein Lebensstil.
Ich hoffe, ich bin irgendwo dazwischen. Wobei ich eben modellbahnerisch neben dem was für den Anlagenbetrieb notwendig ist auch nur ein sehr enges, überschaubares, Sammelgebiet habe. Das erfreut mich (und zum Glück auch Frau & Kind), zur Erweiterung jage ich sehr gerne auf Börsen nach, was für mich sehr entspannend ist. Der in diesem Sammelgebiet "goldenen Mauritius" (ein bestimmtes Modell in geringer Auflage mit mehreren tausend Euro Wert, das hin und wieder auf Internet-Börsen oder bei Versteigerungen erscheint) bin ich noch lange nicht erlegen. Irgendwann darf mein Erbe mit der Sammlung machen, was er will und falls er nicht will, geht's damit notfalls in ein dem Sammelgebiet nahestehendes privates Museum, dann haben andere noch ihren Spaß damit. Dazu kommt neben Frau & Kind noch Haus, ein Oldtimer und ein forderndes Ehrenamt, damit ist dann sowohl das restliche Geld als auch die schmale Freizeit gut investiert.
Das macht mir Freude und ich will definitiv nicht auf die Rente warten, bis ich mir meinen persönlichen Spaß gönne - ich kenne/kannte zu viele in meiner Verwandtschaft, die der Tod sozialverträglich vor oder zum Rentenzeitpunkt aus dem Leben gerissen hat und die ihre vielen Pläne für "danach" einfach nicht mehr umsetzen konnten. Zusammenfassend sollte man also in Abwandlung eines
berühmten Zitats auf meinen Grabstein - egal, wann er notwendig wird - schreiben können:
„Ich habe viel Geld für Modellbahn, Familie und alte Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst."