RE: Langsamer Weichenantrieb fürs C-Gleis - meine Experimente

#1 von Der Ruinenbaumeister , 12.05.2012 18:31

Meines Wissens gibt es zwei Weichenantriebe, die sich ins Gleisbett des C-Gleises einbauen lassen: den Doppelspulenantrieb von Märklin und den motorischen Antrieb von Viessmann. Letzterer stellt die Weiche vorbildgetreu langsam, ist aber auch teuer und laut. Daher habe ich mich nach einer Alternative umgesehen und diese in einem Eigenbau gefunden.

Kostengünstiger als Motoren sind Memorydrähte. Sie ziehen sich zusammen, wenn sie von Strom durchflossen werden. Ich entschied mich für Nitinoldraht von 0,1mm Durchmesser. Bei einem Stromverbrauch von etwa 0,2A erreicht er eine Zugkraft von 150g. Genug, um eine Weiche zuverlässig zu stellen.

Etwa 4% der Drahtlänge stehen zur Kontraktion zur Verfügung. Das ist ein Grund dafür, dass ich den Memoryantrieb für die schlanken Weichen hernehme. Sie bieten mehr Platz. Der andere Grund ist, dass dieser Aufwand für meine Normalweichen zu groß wäre. Die optische Wirkung der schlanken Weichen erreichen sie ja ohnehin nicht.

Sehen wir uns einmal meinen ersten Prototypen an! Die Stelldrähte ist direkt an der Scheibe befestigt, an der auch die Totpunktfeder und der Doppelspulenantrieb, falls vorhanden, ansetzen. Dazu setzte ich hier zwei Bohrungen. Die Totpunktfeder bleibt erhalten, denn sie hält die Weiche in ihrer Endlage fest. So braucht der Antrieb nicht dauerhaft Strom und der Handstellhebel kann auch weiterhin benutzt werden.



Am anderen Ende der Weiche habe ich einen Haken aus Messingdraht angelötet. Um ihn elektrisch vom Fahrstrom zu trennen, setzen die Stelldrähte nicht direkt an, sondern sind mit einem Stück Bindfaden festgebunden.



Und so sieht der Antrieb insgesamt aus. Der Mittelleiter wurde mit Papier isoliert. Zwei Federn spannen die Drähte, damit sie sich nicht verheddern. Der Antrieb funktioniert. Er stellt die Weiche geringfügig schneller als der Viessmann-Antrieb, aber auch deutlich leiser. Mit der Befestigung der Drähte war ich aber noch nicht zufrieden.



Der zweite Antrieb erhielt daher eine Vorrichtung, die die Drähte in Längsrichtung spannt. Die Leiterplatte ist mit dem Mittelleiter und dessen Kontaktzunge verlötet, Fahrstrom und Stellstrom sind trotzdem voneinander getrennt. Als Federn verwende ich zwei Schaltschieberfedern. Die Drähte verlaufen durch zwei Messingrohre, die nicht zur Drahtführung dienen, sondern als Anschlag für die Federn. Sonst würden die Memorydrähte eher die Federn spannen als die Weiche zu stellen.



Wie man unten sieht, nimmt die Stellvorrichtung nun viel weniger Raum ein. Damit bleibt Platz für einen WeichEi-Decoder; hier nur als unbestückte Platine im Bild. Dieser ist nicht nur sehr kostengünstig, er erlaubt auch ein Einstellen der Stellzeit. Prinzipiell ist der Antrieb dauerstromfest, seine Vorwiderstände sind es aber nicht. Außerdem will man ja keinen Strom verschwenden. Welche Stellzeit optimal ist, muss ich noch herausfinden.



Apropos Vorwiderstände: Im Moment begrenze ich den Strom noch mit zwei parallel geschalteten Widerständen von je 180Ω. Sie verkraften je 1W, werden aber während des Stellens mit 1,8W belastet. Da sie danach genug Zeit zum Abkühlen haben, hege ich keine Bedenken bezüglich ihrer Haltbarkeit. Trotzdem suche ich derzeit nach einer Möglichkeit, die Betriebsspannung verlustarm zu vermindern. Schließlich betreibe ich einen Weichenantrieb und keine Elektroheizung.

Eine weitere Kinderkrankheit des Antriebs muss noch behandelt werden: Gelegentlich hakelt er etwas oder schaltet mit einem Ruck. Ich suche noch nach der Ursache. Davon abgesehen bin ich mit dem Memoryantrieb sehr zufrieden. Die Kosten sind mit unter 5€ pro Weiche (ohne Decoder) gering, die Weichen werden zuverlässig geschaltet und die Geräuschentwicklung ist viel geringer als bei den fertig erhältlichen Antrieben. Man hört nur ein sehr leises Knarren, das vermutlich von der Totpunktfeder kommt.

Auf Wunsch kann ich den Bau noch genauer beschreiben. Bis dahin freue ich mich auf Meinungen, Fragen und Kommentare.


Gruß
Clemens

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RE: Langsamer Weichenantrieb fürs C-Gleis - meine Experimente

#2 von DeFloW ( gelöscht ) , 11.06.2012 20:50

Tolle Arbeit! Könntest du dazu gegebenenfalls ein Video einstellen?

Grüße,
Florian


DeFloW

RE: Langsamer Weichenantrieb fürs C-Gleis - meine Experimente

#3 von jogi , 12.06.2012 10:25

Hallo , Jogi hier

Hatte mich auch mal damit beschäftigt .
Habe den alten Beitrag mal nach hier kopiert .
Hier 2 Videos :

http://www.myvideo.de/watch/1973318
http://www.myvideo.de/watch/1973353



Mit " SMA " Draht , kommt aus der Medizin Technik .

Der verringert seine Länge um ca 4% bei anlegen einer Spannung
Bei einer länge von 10cm , gespannt mit einer Feder , reicht der Weg über einen Umlenkhebel um die Zungen der Weiche umzulegen.
Habe das bei ein paar Weichen MÄ K-Gleis auf der Nebenbahn im Einsatz . Total geräuschlos .
Kosten , ca . 1 m Draht ca . 25 .- Euro ( macht 10 Weichenantriebe ) und je ein Schalter mit Vorwiderstand !
oder Decoder mit Relais und Vorwiderstand .
Umschaltdauer ca. 2 Sec , und das sehr langsam


Nachteil der Mimik : im geschalteten Zustand 200mA Stromverbrauch.


Bastelnde Grüße Jogi ;
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RE: Langsamer Weichenantrieb fürs C-Gleis - meine Experimente

#4 von Beschwa , 12.06.2012 21:53

Hallo Forumler,
lautlos schalten wäre für mich echt ein Argument, da habe ich auch schon mit Servos etwas probiert.
Der Nachteil ist, dass die Dinger Platz brauchen, meist unter der Anlage und wenn da zufällig ein Gleis
drunter liegt wirds knapp.
Den vorbildlich langsamen Schaltweg kann ich nicht so ganz nachvollziehen.
Da muß man auf die Weiche wohl mit Blitzlicht aufmerksam machen, dass die Leute darauf schauen.

Habe ein kleines Diorama mit Spur1 Gleisen von Kesselbauer, bei einer Lok und 3 Weichen sieht der Betrachter
wo etwas passiert.
Aber bei H0, 2 Züge laufen gleichzeitig, einer rangiert...., das sieht kein Mensch.

Bin allerdings auch eher Spaßbahner
grüßle
Bernd


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RE: Langsamer Weichenantrieb fürs C-Gleis - meine Experimente

#5 von Der Ruinenbaumeister , 28.07.2012 23:36

Leider bin ich erst sehr spät auf diese Antworten aufmerksam geworden. Ich bitte daher um Verständnis für meine späte Antwort.

Ein Video kann ich mangels Kamera nicht bieten, doch mehr als Jogis Video würde es auch nicht zeigen.

Zum Stromverbrauch: Der Antrieb braucht auch bei mir knapp 200mA. Allerdings ist das nur während des Schaltens nötig, da ich den originalen Stellmechanismus an Ort und Stelle gelassen habe. Ich schließe den Antrieb daher nur über die Vorwiderstände an den Decoder an und spare mir das Relais. Die Abwärme von ca. 3,6W würde ich als Teppichbahner ohnehin nicht dauerhaft im Gleisbett haben wollen.

Bei einem Diorama hat man natürlich die Möglichkeit, mehrere solche Antriebe in Reihe zu schalten. Dann fällt der Stromverbrauch nicht mehr ins Gewicht. Man könnte, wenn man eine Konstantstromquelle verwendet, auch Dauerstrom- und tasterbediente Antriebe kombinieren. Es gibt ja noch mehr ungenutzte Möglichkeiten. Ich plane derzeit einen Torantrieb für einen kleinen Lokschuppen und werde ihn natürlich hier vorstellen, wenn er zu meiner Zufriedenheit funktioniert.


Gruß
Clemens

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RE: Langsamer Weichenantrieb fürs C-Gleis - meine Experimente

#6 von Der Ruinenbaumeister , 03.08.2012 17:31

Kleines Update: Die beiden Weichen sind nun mit Decodern ausgerüstet. Die Schaltzeit wurde auf 3 Sekunden eingestellt.

Bei der rechten Weiche sind die Federn nun dauerhaft stark gedehnt. Damit ist das Ruckeln Vergangenheit, doch ich fürchte, dass die Federn schnell ausleiern werden. Der Nitinoldraht ruckelt um so weniger, je höher der Widerstand ist, gegen den er ziehen muss. Anstatt die Federhärte zu erhöhen oder die Federn stärker zu dehnen kann man auch den Draht für die Gegenrichtung ansteuern, ehe man schaltet. Der WeichEi sollte sich entsprechend umprogrammieren lassen.


Gruß
Clemens

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RE: Langsamer Weichenantrieb fürs C-Gleis - meine Experimente

#7 von Mobahner ( gelöscht ) , 22.08.2012 14:19

Zitat von Der Ruinenbaumeister
Kleines Update: Die beiden Weichen sind nun mit Decodern ausgerüstet. Die Schaltzeit wurde auf 3 Sekunden eingestellt.



Hallo,

nicht schlecht gemacht, Respekt! Wie programmierst du die WeichEi-Dekoder? Mit wieviel Spannung betreibst du die Nitinoldrähte?
Setzt du die restlichen 0,8 A zu den 'gelieferten' 1,0 A des WeichEi-Dekoders mit den Widerständen in Wärme um?


Grüße und vielen Dank für deine Antworten


Mobahner

RE: Langsamer Weichenantrieb fürs C-Gleis - meine Experimente

#8 von Der Ruinenbaumeister , 29.08.2012 17:08

Es gibt auf der Homepage von Sven Brandt den Hex-Manipulator, mit dem sich die Schaltzeit einstellen lässt. Dann brauchst du noch einen Programmer oder ein Pickit, um den Decoder zu programmieren. Die Kabel lötest du direkt an den PIC. Das geht auch, wenn er bereits auf der Platine sitzt.

Es ist wichtig, diesen Unterschied zu verstehen: Der Decoder ist eine Spannungsquelle, keine Stromquelle. Er stellt an seinen Ausgängen ca. 18V zur Verfügung, aber wieviel Ampere fließen, ist vom angeschlossenen Widerstand abhängig. Der Nitinoldraht benötigt 180mA.

Wir verfahren also nach dem Ohmschen Gesetz:

U/I = R.
18V/180mA = 100Ω.

Der Widerstand des Drahtes beträgt aber nur ca. 18Ω. Ich brauche also einen weiteren Widerstand von mindestens 82Ω, den ich mit dem Nitinoldraht in Reihe schalte. Der Toleranzbereich ist recht groß. 100Ω funktionieren auch noch. Aber der Widerstand darf nicht überhitzen.

Ich habe also zwei 180Ω-Widerstände parallel geschaltet, um einen Widerstand von 90Ω zu erhalten. So verteile ich die Verlustwärme auf zwei Widerstände. Die Widerstände sind, wie oben schon beschrieben, auf je 1W ausgelegt und in dieser Variante nicht dauerstromfest.

Ich plane derzeit eine Variante mit Pulsweitenmodulation, die den Wirkungsgrad des Antriebes verbessert und die Belastung der Vorwiderstände verringert. Aber für den Weichenantrieb ist solcher Aufwand eigentlich nicht nötig.


Gruß
Clemens

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RE: Langsamer Weichenantrieb fürs C-Gleis - meine Experimente

#9 von Mobahner ( gelöscht ) , 23.09.2012 12:57

Hallo Ruinenbaumeister,

vielen Dank für deine weitergehenden Erläuterungen! Sie sind sehr hilfreich! rost:


Grüße


Mobahner

   


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