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Der Fluch der Akribik, Teil 197
ITALIENER, JUNG UND ALT
Mein Güterwagenpark enthält jetzt deutsche, französische und österreichische Wagen. Stammleser dieses Threads wissen, dass da irgendwo noch ein paar "Italiener" hergerichtet wurden – drei von Brawa und einer von MGM.
Beginnen wir mit den beiden Tipo „F“ aus dem Brawa-Set 48558. Sie sehen einander zum Verwechseln ähnlich - bis auf die Lüfter. Diese Lüfter waren ein charakteristisches Merkmal der im Obst- und Gemüsetransport eingesetzten Wagen der FS. Einer meiner beiden Wagen besitzt doppelte Lüfter, der andere einfache. Die Version mit den doppelten Lüftern wurde 1937 bis 1946 gebaut, die mit den einfachen von 1942 bis 1946. Eine der kriegsbedingten Stahlknappheit geschuldete Einsparungsmaßnahme, vermute ich.
Wir haben schon früher einmal festgestellt, dass um 1955 noch recht viele italienische Güterwagen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in anderen Staaten unterwegs waren, ohne mit „EUROP“ beschriftet zu sein. Für die Obst- und Gemüsewagen habe ich kürzlich eine plausibel klingende Erklärung gefunden. Sie sollen großteils ganz bewusst nicht dem EUROP-Park zugeordnet worden sein, weil sie, am Bestimmungsort eingelangt, anschließend eben nicht dem EUROP-Gedanken entsprechend für fremde Bahnverwaltungen freizügig kreuz und quer durch Europa gondeln sollten, sondern rasch wieder beim italienischen Absender gebraucht wurden. Einer der beiden Brawa-Wagen ist dennoch mit „EUROP“ beschriftet.
Ich entscheide mich, die Wagen so herzurichten, dass sie auf den ersten Blick deutlich unterschiedlich wirken. Der EUROP-Wagen soll so aussehen, als ob er kürzlich eine Ausbesserung hinter sich gebracht hatte:
Er büßte lediglich sein von Brawa wunderhübsch „verchromtes“ Dach ein – bei mir ist es schon ein wenig korrodiert und daher hellgrau. Der Wagen dürfte überwiegend auf elektrifizierten Strecken unterwegs gewesen sein, daher ist er nicht sonderlich verrußt. Bei diesem Wagen habe ich – abgesehen vom Dach - nur die Pufferhülsen angepasst und die schwarzen Teile des Fahrwerks neu lackiert. Die Gitter vor den Öffnungen habe ich ein wenig abgedunkelt – nicht mit Schwarz, sondern mit einem nur ganz wenig dunkleren, rötlicheren Braun. Die Anschriftenfelder erhielten Kreidespuren, der Zettelkasten erhielt Zettel. Der Wagenkasten blieb ansonsten unbehandelt. Er ist, so wie er aus der Schachtel kommt, sehr schön matt und zeigt keinerlei Plastikglanz.
Der andere Wagen hingegen sollte schon einige Jahre auf dem Buckel haben:
Italienische Pufferhülsen waren bekanntlich nicht schwarz, sondern in der Farbe des Wagenkastens gestrichen. Die einfachste Methode, Meister Weimanns hervorragende italienische Federpuffer an italienische Wagenkästen anzupassen ist daher, man lackiert den Wagenkasten neu. Ich habe den älteren Wagen also in einem etwas dunkleren Braun komplett neu gestrichen. Dach, Wagenkasten, Fahrgestell – alles.
Aber natürlich nicht wegen der Pufferhülsen, sondern weil er sich von vom anderen auch durch die Farbe deutlich unterscheiden sollte...
Da ein etwas fleckiger Anblick erwünscht war, habe ich für Wände dieses Wagens den Pinsel genommen und nicht die Airbrush. Glatte Flächen sind allerdings nicht so einfach zu streichen wie Bretter. Hier kommt es in besonderem Maße auf den Grad der Verdünnung an, damit die Farbe nicht plastisch aufträgt und Pinselhiebe sichtbar werden. Zu dünn darf die Suppe auch wieder nicht sein, weil die Farbe sonst nicht haftet. Man muss ein wenig probieren.
Gute Fotos italienischer Wagen aus den 50er Jahren sind rar – vielleicht, weil seinerzeit auf italienischen Bahnanlagen ein Fotografierverbot gegolten haben soll? Die wenigen Fotos, die mir zur Verfügung stehen, zeigen durchwegs Wagen in recht gutem Zustand. Auch meine Wagen sollen nicht heruntergekommen aussehen. Der ältere bekommt daher nur ganz zarte Rostspuren oberhalb der Türen. -
Beim EUROP-Wagen war die Sache mit den Puffern schon etwas schwieriger. Der Wagenkasten wurde nicht lackiert. Die Puffer mussten dennoch die gleiche Farbe bekommen wie der Wagenkasten. Es waren Mischübungen angesagt.
Ein Problem meiner Acrylfarben ist, dass sie in feuchtem Zustand ganz anders aussehen als später, wenn sie trocken sind. Mischübungen gestalten sich langwierig, weil man jedes Mal warten muss, bis die Farbe trocken ist, um zu sehen, ob man den gewünschten Farbton getroffen hat.
Ich habe vorzeitig aufgegeben und einfach die Stirnwände im unteren Bereich ein wenig „beilackiert“. Die Farbe der Puffer ist ein wenig zu dunkel geraten und könnte um eine Idee rötlicher sein. Da die Stirnwände untenrum ebenfalls diese Farbe erhielten, ist ein harmonischer Übergang gegeben und es sieht nun so aus, wie von Anfang an geplant.
Ein wenig Zeit kostete der Umstand, dass sich Kleinteile wie Haken, Bremsdreiecke und Griffe bei diesen beiden Wagen benahmen, als wären sie aus Resin, und recht leicht abbrachen. Kein großes Problem, da mit Essigesther leicht zu beheben, aber es kostete eben etwas Zeit.^
Und so wandert auch diese Woche ein Güterwagen-Pärchen in meinen endgültigen Fuhrpark – zwei nun schon auf den ersten Blick recht unterschiedliche Geschwister:
Liebe Grüße
Euer Karl