Hallo Olaf,
da ich fast alle meiner älteren Modelle über ebay erstanden habe, habe ich einige Erfahrung mit verharzten Antrieben. Das liegt auch nicht an schlechtem Öl, sondern einfach an der langen Schrankzeit (nicht selten auf warmen Dachböden), die manche Modelle hinter sich haben, bevor sie mal jemand wieder auf die Schiene stellt und Spannung anlegt.
Mein Rat: Vorsicht mit den Chemikalien! Waschbenzin? Igitt, das dünstet vor sich hin, löst am Ende auf, was es gar nicht lösen soll, und ist zudem noch feuergefährlich. WD 40 - hier schon oft zitiert - da scheiden sich die Geister, ist mir zu "fettig" und kriecht als "Kriechöl" dann meistens doch nicht dahin, wohin ich es gerne hätte kriechen sehen. Verwende ich beim Fahrrad, wenn der Bowdenzug klemmt oder die Kettenschaltung hakelt.
Meistens ist Auseinanderbauen bis zum blanken Chassis oder bis das nackte Motorgehäuse, ggf. samt Getriebe und Antriebsstrang zurückbleibt, angesagt. Oft kann man dann auch sofort durch manuelles Drehen der Teile gut herausfinden, wo die Schwergängigkeiten sitzen. Dann lasse ich warmes Wasser in eine mittelgroße Plastikschüssel laufen, ein Schuss Handgeschirrspülmittel hinzu, Teile hineinlegen und erst mal was anderes machen. Ggf. warmes Wasser zwischendurch zugeben. Nach 15-20 min kommt ein Pinsel mit kurzen, steifen Borsten zum Einsatz, mit dem ich die kritischen Teile (Wellen, Zahnradflanken, Lager, Treibachsenlager usw.) bearbeite. Lackschäden sind hierbei nicht zu befürchten, auch nicht bei 50 Jahre alten Modellen. Öl und Schmutz lassen sich so gut entfernen, hartnäckige Verharzungen eher nicht, aber dann war das schon mal eine gute Vorarbeit. Wenn sich vorher gar nichts mehr drehte, dann jetzt vielleicht immerhin schwergängig. Mit dünnem Tuch abtrocken, Vertiefungen und Verwinkelungen auspusten, Teile paar Minuten an warmem Ort trocknen lassen. Danach vor allem brünierte Teile mit Waffenöl (dünnflüssig, nicht sichtbar fettend!, gibt's im Baumarkt) bepinseln , um Korrosionsschutz wiederherzustellen.
Wenn dieses Spülbad nicht ausreicht - und das kommt gerade bei Treibachsen in ihren im Zinkguss eingebetteten Messinglaufhülsen gerne vor -, hilft nur: ein Rad von "befallener" Achse abziehen, so dass man danach 2 Teile in der Hand hat (1 Rad, 1 Rad an Achse)! Ich empfehle hierzu Werkzeug von Fohrmann: Abzieher und "Aufdrücker". Beides braucht man, wenn man den Bestand pflegt und Gebrauchtes/Älteres dazukauft, irgendwann sowieso. Abgezogene Teile säubere ich mit Bauwolllappen und ggf. etwas Terpentinersatz am Lappen. Letzteres ist harmlos gegenüber allen Metallen und Kunststoffen, die bei den Modellen vorkommen (nur PP - Polypropylen wird etwas angegriffen, kommt aber hier nicht vor). Oder gleich nochmal das Einzelteil hinein ins warme Spüliwasserbad mit Reinigungspinsel.
Beim Zusammenbau kann man bei der Gelegenheit auch gleich das Normmaß 14,2 mm zwischen den Spurkranzinnenseiten jener Achsen, die man (noch) nicht ausgebaut hat, überprüfen und ggf. nachjustieren. Das sorgt für entgleisungsarmen Betrieb auf aktuellem Gleismaterial.
Ich öle Lager seit vielen Jahren meist nur noch mit Waffenöl, da es kaum Verharzungsneigung zeigt - eher verdunstet es nach sehr langer Zeit, da ganz leicht flüchtig. Nur schnell drehende Teile (Zahnflanken von Zahnrädern, Kardangelenke, Schnecken u. Ä.) mit dem etwas dickflüssigeren Märklin- oder Fleischmann-Öl oder gleich mit Trixfett behandeln. Fett auf Wattestäbchen auftragen, dann Teile damit betupfen, ergibt bessere Verteilung und gleichmäßigere Benetzung, als es direkt aus der Tube aufzutragen.
Frohes Schaffen!
Rainer