Hallo zusammen,
falls hier jemand noch einen Grund dafür braucht, den Piko-Zug nicht zu kaufen: Ich persönlich sehe es mittlerweile so, dass man sich mit dem PIko-Modell eine Bastlerware ins Heim holt. Optisch scheint der Zug ja ganz hübsch zu sein (mit Ausnahme der sehr schlecht gelagerten Drehgestellblenden), aber die Plastikgetriebe sind mit Sicherheit nach spätestens 20 Jahren schrottreif, und vor allem an der Elektronik kann ich leider kein gutes Haar lassen.
Neben den offensichtlichen und mittlerweile auch mehrfach genannten Nachteilen des Piko-Decoders, kann ich nun auch nach einiger Zeit des Betriebs von eigenen Erfahrungen berichten. Und um eines vorweg zu nehmen: Zuverlässigkeit im Betrieb kennt dieser Zug nicht...
Ich besitze eine 7-teilige Variante in Dreileiterausführung ohne Sound. In dieser Konstellation tut sich der Zug bereits sehr schwer damit, seine Höchstgeschwindigkeit zu halten. Man kann die Motorspannung und die Kennlinie zwar per CV verstellen, sollte sich davon allerdings nicht allzu viel erhoffen.
Wenn man den ICE 3 von Piko kennt, der noch gebändigt werden musste, da er sonst bei Höchstgeschwindigkeit mit 1000 km/h aus der R4 fliegt, ist das schon eine sehr schwache Leistung beim ICE 4.
Natürlich erwarte ich keine astronomischen Geschwindigkeiten von einem Modell, das im Vorbild auch gerade mal 230 bis 250 schafft. Ich möchte damit lediglich sagen, dass der Antriebsstrang hier "auf Kante genäht" ist und offensichtlich schon im Überlastbetrieb arbeitet, wenn man mit dem Zug gerade mal seine vorbildliche Geschwindigkeit erreicht... nicht gerade förderlich für die Lebensdauer.
Noch eine Randnotiz:
Wer eine Piko-Lokomotive besitzt, kennt das erbärmliche Gejammer, dass der Motor in niedrigen Geschwindigkeiten von sich gibt. Verwendet man Decoder von Fremdherstellern, ist das Gejaule normalerweise weg. Bei diesem Modell ist der Antrieb jedoch vergleichsweise leise, sodass das nervige Geräusch fast überhaupt nicht auffällt.
Nun aber zum Hauptkritikpunkt:
In Zeiten von digitalen Decodern erwarte ich eine Motorgeschwindigkeitsregelung (PI-Regler) als absolutes Minimum. Wirklich jeder Lokdecoder hat eine Lastregelung eingebaut. Der Piko "Smart"-Decoder offensichtlich nicht. Und da der Antrieb mit dem Gewicht des Zuges überfordert zu sein scheint, macht sich die schlechte Regelung leider besonders stark bemerkbar.
Leider ist die Geschwindigkeit des Zuges stärker von Kurven, Steigungen und der Hitze des Decoders und/oder des Motors abhängig, als von der eingestellten Vorgabegeschwindigkeit. Das Verhalten erinnert in abgeschwächter Weise an eine analoge Modelleisenbahn.
Eine ausgedehnte Testreihe ergab bei mir folgende Ergebnisse:
Gemessen wurde die Geschwindigkeit des Zuges im Auslieferungszustand auf gerader Strecke bei abgekühltem Antrieb (blau), nach längerer Fahrt mit warmem Antrieb (orange) und mit kaltem Antrieb beim Durchfahren des R2 (gelb).
Über die Ursachen des stark nichtlinearen Verhaltens kann ich nur mutmaßen, das Ergebnis überzeugt jedenfalls überhaupt nicht.
Versucht man, das schlechte Verhalten durch eine Erhöhung der Motorspannung zu kompensieren, läuft man nur noch schneller in das folgende Problem.
So und jetzt kommt der Oberhammer:
Ich unterscheide hier zwischen kaltem und warmem Antrieb, da mir bei hohen Geschwindigkeiten eine starke Hitzeentwicklung am Decoder aufgefallen ist. Fasst man nach ein paar Minuten Fahrbetrieb auf die Haube, unter der sich der Decoder verbirgt, verbrennt man sich beinahe seine Finger. Und wenn man den Zug mehrere Minuten lang mit Höchstgeschwindigkeit fahren lässt, scheint sogar eine Art Notabschaltung am Mikrocontroller einzugreifen: Der Zug bleibt einfach stehen und lässt sich für ca. eine Minute nicht mehr ansprechen. Irgendwann ist die Elektronik zwar so weit abgekühlt, dass der Decoder wieder zum Leben erwacht und der Zug weiter fährt, bis er jedoch nach einiger Zeit wieder in die Notabschaltung geht.
Hiermit ist mein Maß leider voll. Die Elektronik des Zuges fliegt in hohem Bogen raus.
Eventuell muss sogar der Motor getauscht werden, da er die notwendige Leistung einfach nicht zu bringen scheint, ohne in Überlast betrieben zu werden.
Meine Erwartungen waren niedrig; dennoch wurde ich enttäuscht.
Gerne würde ich auch von anderen Erfahrungen hören. Hat noch jemand Probleme mit dem Überhitzen? Oder fahrt ihr grundsätzlich nicht mit ICE-Höchstgeschwindigkeit?
Vielleicht habe ich ja ein "Montagsmodell" abbekommen? Aber Berichte von Vorrednern über zu niedrige Geschwindigkeiten lassen anderes vermuten.
Viele Grüße