RE: Fehlender Nachwuchs

#176 von Djian , 13.03.2021 09:59

Moin,

um mal ein wenig Struktur in die Sache hinein zu bekommen. Wir philosophieren hier zwar viel über den Nachwuchs im Sinne der Kinder, aber wissen wir und die Hersteller eigentlich, welche Wünsche und Erwartungen die tatsächlich an eine MoBa haben?

Ich habe mir erlaubt, dazu folgenden Thread zu eröffnen https://www.stummiforum.de/

Also, fragt sie und tragt deren Wünsche in den Thread ein, so wie ihr eure Wünsche in die Neuheitenwuschthreads eintragt.

Schöne Grüße aus Ostholstein
Matthias


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RE: Fehlender Nachwuchs

#177 von Frank 72 , 13.03.2021 13:57

Das Ansprechen des jungen Nachwuchses dürfte sich auch geändert haben, seitdem die Modellbahn nicht mehr "für Kinder unter 14 Jahren geeignet" ist.

Zitat von im Beitrag Fehlender Nachwuchs

Ich kenne niemanden, der sich das Hobby erst als Erwachsener zu eigen gemacht hat.


Ab und zu liest man hier bei neuen Mitgliedern ja mal, dass sie jetzt erst im Erwachsenenalter zur Moba gekommen sind. Auch gerade jetzt durch Corona. Aber ob diejenigen nun in ihrer Kindheit wirklich null Kontakt zum Thema hatten, ist eine andere Frage.

Zitat von im Beitrag Fehlender Nachwuchs

Offenbar ist es im Ausland manchmal anders. An US-amerikanischen Modellbahnen sehe ich häufig Kinder und Enkel, auch auf Modellbahnausstellungen hatten die niederländischen oder englischen Fans keine Nachwuchssorgen.


In Deutschland sehe ich nichts anderes. Auf Messen und Ausstellungen sind auch alle Altersgruppen vertreten. Auch viele Familien. Mangelndes Interesse kann ich da nicht erkennen.
Ok, außer auf der IMB in Dortmund, da sehe auch ich weniger Familien, dafür mehr "Experten".

Zitat von im Beitrag Fehlender Nachwuchs

Wenn an dem so sein sollte, dann ist der Kontext "Nachwuchs = Kind" absolut falsch.


Nicht absolut falsch, aber eben nicht das einzige.


Gruß Frank


 
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RE: Fehlender Nachwuchs

#178 von Railwolf , 13.03.2021 14:47

Hallo,

Zitat von im Beitrag Fehlender Nachwuchs

„Amerikaner sehen die Modellbahn manchmal nicht so ernst“, was verwunderlich klingt, da doch das ernste „Betrieb machen“ dort weiter verbreitet ist.



Vielleicht muß da auch noch mal nachgefragt werden, was mit den Begriffen wirklich gemeint ist. Und ich mag mich täuschen, aber ich habe sehr den Eindruck, daß die US-Kollegen einander viel weniger sagen, wie (die einzig) "richtige Modellbahn" geht, als das in Europa der Fall ist.


Mit vielen Grüßen

Wolf 🐺


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RE: Fehlender Nachwuchs

#179 von Analogbahner , 13.03.2021 15:52

Mit Lego kann man es nur bedingt vergleichen. Lego ist quasi wie Teppichbahn: wenn man es nicht mehr mag, nimmt man alles auseinander und baut was Neues. Lego macht es einem zunehmend schwerer, aus einem Star-Wars-Schiff was anderes zu bauen als ein Star-Wars-Schiff - sie wollen ja an den Modellverkäufen verdienen. Und genauso wie bei Moba Startpackungen, wenn man die rote Lore zweimal haben will ( ), muss man einen Bausatz zu 50 Euro kaufen, um zwei Raupenketten zu kriegen.
Na gut, es gab Einzeltüten - die waren preislich nicht ohne; gibt es die immer noch?

Allerdings gibt es keine Alternative zu "Kindern". Man kann Nachwuchs natürlich auch bei "Mittelalten" suchen, aber ich glaube, dass an dem Virus, mit dem man sich in der Kindheit infiziert hat, was dran ist. Auf jeden Fall werden Einzelfälle, wo auch mal ein 50-Jähriger neu zur Modellbahn kommt, die Branche nicht retten. Das ist in der Musik auch so.


Gruß Analogbahner


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RE: Fehlender Nachwuchs

#180 von Videoman , 13.03.2021 18:30

Das Nachwuchs = Kinder ist gilt auch in andere Modellhobbys: Bei Modellflugzeuge gibt es sogar Altersgrenzen: Eine Drohne darf neuerdings erst ab 16 geflogen werden, (ausser so Spassdrohnen). Und eine richtig Drohne kostet schnell 1000€+, dann braucht es Lizenzgebühren und Versicherungen.

Kindern muss man Moba zeigen, der richtige Nachwuchs ist 25+, wenn man nach dem Studium anfängt zu arbeiten. Da hat man Geld für das Zeug.
Mein Händler sagt mir, er hat mehr davon er einen neuen Stammkunde kriegt, der regelmässig einkauft, als 10 Startpackungen zu verkaufen.


Meine Anlage: Heggedal Modelljernbane
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RE: Fehlender Nachwuchs

#181 von powermaxi2000 , 13.03.2021 21:05

Zitat von im Beitrag Fehlender Nachwuchs

Liebe Stummis,

als mehr oder weniger geplagter Elter muss ich unbedingt mal etwas zu Playstation & Co. bzw. deren Preise loswerden. Der Einstiegspreis ist mitnichten günstigen, sobald die Kinder ein gewisses Alter erreicht haben. Da kann man nicht mit einer PS2 vom Flohmarkt daher kommen. Da sind zwischen 4-500 € für ein Neugerät angesagt. Dazu braucht es noch einen Monitor oder flachen TV (Röhren-TVs gehen meist nicht wegen HDMI). Und die TOP-Spiele (das sind natürlich die, die Kids interessieren) dann auch zwischen 30 und 60 €. Und da reicht den meisten Kids meist eines bei weitem nicht ...
Da ist also auch nichts mit günstigem Einstiegspreis und dann ist man fertig ....

Es gibt für Eltern nur zwei Vorteile dieser Dinger:
    Nach dem Einstieg hält die Sache länger vor oder anders gesagt: Die Beschäftigung der meisten (Ausnahmen bestätigen auch hier sicher die Regel) Kids damit ist abendfüllender als bei der Modellbahn und sie brauchen nur selten die Hilfe von Eltern ...

    Sie brauchen viel, viel weniger Platz!





Völlige Zustimmung,

nur was kriegste denn für 4-500 € bei der Modellbahn?
Bzw. zwischen 30-60€ ?

Ja PS & Co sind nicht günstig, aber MoBa ja noch viel teurer...

Und Fernseher ist meist eigentlich "eh da" - dagegen bei der MOBA völlig bei Null anfangen zu müssen - heftig...

Mir ist nochmal was aufgefallen und das spricht leider wieder gegen die Modellbau.

Als sich mein Neffe von seinen Kumpels verabschiedet hat mit denen er tagsüber unterwegs war, haben die sich noch für später zum Zocken verabredet.
Also auf was ich raus will: Durchaus Interaktion untereinander obwohl man vermeintlich denkt die verdummen allein vor dem Teil...
Bzw. da geht auch viel zu mehrt / in der Gruppe.

Und bei der Moba? Wer packt denn seine Lok ein und geht dann zu nem Kumpel fahren?
Und selbst wenn - ist da "Interaktion"? - bzw. ne Anlage wo sauber zwei Loks unabhängig nicht nur im Kreis - schon wieder nur Hürden...


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RE: Fehlender Nachwuchs

#182 von Analogbahner , 13.03.2021 21:14

Ich möchte nochmal anführen, dass „alte“ Leute durchaus fit und gewillt sind, noch den Smartphone-Umgang zu lernen. Das muss nicht im Kindesalter gestartet werden. Der Unterschied ist aber, dass gewisse Dinge gelernt werden MÜSSEN, weil es ohne sie kaum noch geht. Die meisten lernen deshalb nur das, was sie brauchen, um mit den Enkeln zu kommunizieren oder um Sudoku spielen zu können. Kaum einer der „Alten“, die ich kenne, wollen Android oder das Internet verstehen - es dient ihnen als Mittel zum Ziel. Manchmal entsteht der Wunsch durch die Corona-Quarantäne oder weil sie einfach alleine sind und mit dem Internet ein Tor zur weiten Welt haben.

Eine Modellbahn ist jedoch Hobby - soll heißen: erst muss das Interesse bestehen, bevor man sich darauf einlässt. Dass Kinder mit dem Smartphone aufwachsen, erzwingt zwar nicht unbedingt den Wunsch danach, aber es weckt die Illusion, dass es ohne nicht mehr geht. Als ich mal gefragt wurde, auf was ich als erstes verzichten könnte, sagte ich: „das Handy“. Ich glaube, bei Jugendlichen ist es immer das LETZTE, was sie hergeben würden... Ich bin ohne Handy großgeworden und ich kann mir ein Leben ohne Handy sehr gut vorstellen. Abgesehen davon, benutze ich es höchstens zweimal im Monat...


Gruß Analogbahner


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RE: Fehlender Nachwuchs

#183 von Djian , 14.03.2021 09:07

Moin,

ich habe 2013, als ich freiwillig aus einer Leitungsposition in einen anderen Job in die zweite Reihe wechselte als erstes mein Handy entsorgt. Dieses permanente erreichbar sein müssen zu jeder Tages- und Nachtzeit hat mich dermaßen viel Lebensqualität gekostet, dass ich darauf gerne verzichte. Ein Smartphone gab es damals noch nicht, ich habe folglich nie eines besessen und der Umgang mit apps und dergleichen ist mir völlig unbekannt. Vielleicht kann ich dadurch manche Dinge nicht nutzen, aber das stört mich im Sinne "sofortige Verfüg-, oder Machbarkeit vs. eigener Seelenfrieden" überhaupt nicht. Den Preis bezahle ich gerne. Darauf angesprochen, schaut man in der ersten Sekunde recht erstaunt, dann erlebe ich oftmals die Reaktion: "mich nervt das Ding auch". Meine Antwort: "dann tu's weg. Geht ganz einfach. Musste halt nur machen."

Zitat


Zitat von im Beitrag Fehlender Nachwuchs

Ich möchte nochmal anführen, dass „alte“ Leute durchaus fit und gewillt sind, noch den Smartphone-Umgang zu lernen.

Umkehrschluss: Jetzt müssten die Jugendlichen so fit sein und den Umgang mit der Modellbahn zu lernen ... wäre das nicht schön?




Moin Sven: meine klare Antwort: "Nein! Auf gar keinen Fall!" Das wäre kein Hobby mehr, sondern Zwang. Wir sind zum Hobby gekommen und dabei geblieben weil unsere Entscheidung auf Freiwilligkeit basierte. Freiwilligkeit ist die Basis jeder Freizeitbeschäftigung. Dass damit natürlich auch Pflichten einhergehen (wenn du fahren willst, musst du halt hin und wieder die Gleise reinigen, genauso wie wer Reiten will auch den Stall ausmistet) nimmt man gerne in Kauf. Erstmal muss der Funke der Begeisterung, dieses "ich will", vorhanden sein, dann lernt man automatisch. Man spricht hier auch von "intristischer Motivation".

Der wesentliche Unterschied weshalb "die Äleren" den Umgang mit dem Smartphone lernen ist für mich folgender: das eigentliche Interesse lautet, grob umrissen, "Kommunikation". Das Smartphone ist das Werkzeug, notwendiges Übel, um derart kommunizieren zu können. Bei Jugendlichen mag das anders sein, sie sind am Gerät interessiert (so wie wir damals an der MoBa). Interesse und Werkzeug sind Eins. Deswegen fällt ihnen der Umgang damit auch erheblich leichter, denn er ist spielerischer Natur. Wie bei uns bei der MoBa ... damals.

Schöne Grüße aus Ostholstein
Matthias


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RE: Fehlender Nachwuchs

#184 von Djian , 14.03.2021 11:32

Moin Sven,

ich habe den Schuss Ironie wohl verstanden. Dennoch bin ich der Meinung, das würde nach hinten los gehen. Das Motto "jeder schluckt eine Kröte" funktioniert im angeführeten Beispiel nicht, das ist auch kein Hobby, sondern emotionales in-die-Pflicht-nehmen. Der Start ins Hobby gründet individuellem eigenen Interesse, und ist nicht verhandelbar. Da gibt's nur Null und Eins = Interesse vorhanden/ Interesse nicht vorhanden.

Wenn Opa meint, er müsse mit seinen Enkel per Smartphone kommunizieren, dann muss er das lernen. Das geht aber auf seine Initiative zurück. Er wird kaum sagen, ich spreche erst wieder mit dir, wenn du mit der MoBa spielt. So plietsch sind die Kinder dann schon, dass sie sagen "du kannst auch ganz normal anrufen, wir haben Telefon."

Schöne Grüße aus Ostholstein
Matthias


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RE: Fehlender Nachwuchs

#185 von Family-MoBahner , 14.03.2021 12:05

Liebe Stummis, lieber Matthias,

als Vater von vier Kinder, die jetzt fast alle in der Pubertät sind, und als Mensch, der auch einige Stunden in Schulen unterrichtet, möchte ich diese Aussage, sehr in Frage stellen:

Zitat
Bei Jugendlichen mag das anders sein, sie sind am Gerät interessiert (so wie wir damals an der MoBa). Interesse und Werkzeug sind Eins.



Die wenigsten Kids, die ich kenne, sind nicht am Gerät selbst interessiert, so wenig wie am PC. Die wissen nicht, wie es funktioniert (was Android macht, was da abläuft, was da innen drin ist ...). Wichtig ist, dass die Apps funktionieren v.a. YouTube, TikTok, Spiele, Social Media oder Kamera.

Anders gesagt: Die haben es so mit dem Handy, wie ich in meinen Kinderträumen früher mit der MoBa: Hinsitzen und fahren lassen. Der Anlagen-Aufbau war mir zu nervig, die Technik sowieso usw. Das hat mich damals absoult nicht interessiert und nervt mich teilweise auch heute noch. Wenn ich Schienen zusammenstecke, muss das doch tun und nicht rumzicken ... was es dann aber in der Realität oft genug tut.

Zudem muss ich sagen, dass ich nicht mit Damloks aufwuchs, sondern an einer eingleisigen Strecke mit BR 218 und BR 627 und 628. Ein Bahnbetriebswerk gab´s bei uns nicht auch keine Güterverladung (mehr) usw. Es war weniger das DB-Vorbild als vielmehr die Begeisterung des Großvaters für MoBa. Drehscheiben, Oberleitungen u.ä. kannte ich nur aus Märklin-Prospekten ...


Grüße von Sven, dem Family-MoBahner

John 3:16! --- Denn der Mensch lebt nicht von MoBa allein


 
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RE: Fehlender Nachwuchs

#186 von Frank 72 , 14.03.2021 12:46

Zitat

...
Mit bleibenden Eindrücke, kann die heutige Bahn nicht mehr aufwarten (soll aber nicht heißen das die Bahn uninteressanter wäre).
Und das wird wohl auch ein Grund mit sein, das sich so wenige Jugendliche dafür interessieren und es auch umsetzen, was sehr bedauerlich ist.


Ein paar Punkte in deinem Beitrag könnten evtl. bei einigen eine Rolle spielen. Aber nach deiner Logik dürfte ich mich auch nicht für Eisenbahn interessieren. Denn das meiste, das du da aufgeführt hast, habe ich auch nicht mehr kennengelernt. Bin ja erst 48.

Zitat von im Beitrag Fehlender Nachwuchs

ich habe 2013, als ich freiwillig aus einer Leitungsposition in einen anderen Job in die zweite Reihe wechselte als erstes mein Handy entsorgt. ... Ein Smartphone gab es damals noch nicht, ich habe folglich nie eines besessen und der Umgang mit apps und dergleichen ist mir völlig unbekannt.


2013? Hattest du vielleicht noch keines. Ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits mein zweites oder drittes. Also gegeben hat es die da schon.


Gruß Frank


 
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RE: Fehlender Nachwuchs

#187 von Railwolf , 18.03.2021 10:26

Hallo,

wann das Smartphone rauskam (der Begriff wurde von ericsson 1999 benutzt, aber das Gerät hat fast nix mit unseren Wischfonen von heute zu tun), ist doch wurscht. Meins ist allerdings auch eher ein Taschen-Tablet mit Telefonfunktion für Notfälle, zumal hier im Dorf das Netz echt grottig ist. Die Nummer kennen aber nur 30 Leute ungefähr.

Ich glaube, wir Super-Modellbahner machen es dem Nachwuchs schwer, indem wir dem potentiellen Nachwuchs immer wieder demonstrieren, wieviel Schweiß die Götter vor die Freude gesetzt haben (angeblich).

Zitat von im Beitrag Fehlender Nachwuchs

wie ich in meinen Kinderträumen früher mit der MoBa: Hinsitzen und fahren lassen. Der Anlagen-Aufbau war mir zu nervig, die Technik sowieso usw. Das hat mich damals absoult nicht interessiert und nervt mich teilweise auch heute noch. Wenn ich Schienen zusammenstecke, muss das doch tun und nicht rumzicken ... was es dann aber in der Realität oft genug tut.



Da liegt der Has im Pfeffer. Und jetzt kommen wir noch dazu und sagen, du mußt aber eine schöne Landschaft bauen und darfst nicht mehr Gleise als Landschaft haben, du mußt epochenrein fahren und eine 101 darf keinen Güterwagen ziehen, und, und, und. Wir wollen Modelle, die perfekter sind als das Vorbild, und die uns (!) dann wieder zu teuer sind - um so mehr dem Nachwuchs oder dessen Sponsoren. Wir lassen keinen Raum mehr für Phantasie.
Ich weiß ja nicht, wie das bei euch war, aber meine erste Anlage stand unterm Bett. Da war ich jünger als meine Jüngste jetzt. Die wurde halb herausgezogen, vorn war also Bahnhof und hinten Tunnel, Strecke, weite Welt. Ich hab meine Lok Runden drehen lassen. Abfahrt in Brügge. Nächster Halt: Hagen. Nächster Halt: Wuppertal. Nächster Halt: Köln. Nächster Halt: Bonn. Und so weiter. Wen interessiert das, daß die Züge im Kreis fahren? Kinder jedenfalls nicht. Darüber echauffieren sich nur Erwachsene mit einem Hang zur Überheblichkeit.
Lassen wir die kleine Bahn wieder zum Spielzeug werden? Dann gibt es auch Nachwuchs. Wenn sie vollends zur Domäne von Hundertfünfzigprozentigen wird, die die Maschenweite der Lokuskette im Salonwagen nachmessen und kritisieren, und daß der Spülkasten keine funktionierende Mechanik hat - ja dann ist allerdings der Zug abgefahren.

Wohlgemerkt: wer sowas machen will, soll es tun. Ich stehe mit gezogenem Hut und offenem Mund vor der Akribik von Karl und seiner Anlage. Aber das ist nicht jedermanns Ding, und hören wir doch endlich auf, den anderen immer vorschreiben zu wollen, wie "richtige Modellbahn" zu sein hat!
Und wir Kleinspurigen sollten das können. Die Gartenbahner können's ja auch!


Mit vielen Grüßen

Wolf 🐺


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RE: Fehlender Nachwuchs

#188 von Family-MoBahner , 18.03.2021 14:16

Lieber Wolf, liebe Stummis,
Ich möchte so gerne zustimmen, erst recht, da ich kein Supereisenbahner bin, analog fahre, keine Nieten zähle, nicht auf Epochen achte u.a.
Aber wenn ich meine Kinder betrachte, haben wir "Alten" (darf ich mich mit 47 zu den Alten zählen?) noch in einer anderen Hinsicht eine Bevormundungshaltung nämlich wie "Phantasie" zu funktionieren hat.

Zitat
Wen interessiert das, daß die Züge im Kreis fahren? Kinder jedenfalls nicht. Darüber echauffieren sich nur Erwachsene mit einem Hang zur Überheblichkeit.


Über einen Zug, der im Kreis fährt, echauffieren sich eben (leider?) nicht nur überhebliche Erwachsene. Das reichte meinen Kids nicht mal bei der Brio-Holzeisenbahn, wo Kids ja oft noch anderes Spielzeug dazu packen und mischen usw.
Auch die Phantasie hat sich heute geändert zumindest bei meinen 4 eigenen Kids und den ca. 50-100, die ich jährlich so in der Schule unterrichte (es sind so wenig, weil ich ja kein staatlicher Lehrer bin). Mir reichten Anfang der 80er noch ein Stock (irgendein Ast von einem Baum) und ein paar Disteln, um mich ein paar Nachmittage lang zu beschäftgen. Da war ich der gute Ritter in strahlender Rüstung (Cordhose und Niki-Pulli) mit dem Schwert (Stock), der die bösen Feinde (Disteln) bekämpfte und sie (natürlich) siegreich schlug. Diese Art von Phantasie (von wegen ein Kreis und der Bahnhof ist dann jedes Mal ein anderer) scheint mir auch eher ein Relikt der Vorzeit zu sein. Und genau diese Art der Phantaise bei der nächsten Generation einzufordern, ist vielleicht nicht so ganz viel anders, als wenn man Ihnen sagt "ne 101 darf aber keinen Güterzug ..." Natürlich gibt es immer noch auch solche Kinder, aber die sind in meinen Begegnungen die absulte Ausnahme.
Nicht falsch verstehen: Auch die heutigen Kids haben Phantasie und das vieeeel! Aber die ist heute bei vielen Kids einfach anders und wir auch von anderen Dingen ausgelöst (kaum noch ein Kind liest Karl May oder schaut sich Colt Sievers im TV an). V.a. aber ist m.E. der Anspruch der Kids an Dinge gestiegen, die ihrer Phantasie entspringen oder sie beflügeln sollen. Und da ist ein Kreis mit einem Zug meiner Erfahrung nach kaum mehr ein Brüller der läger hält als 30 Minuten. Das war aber schon bei vielen meiner Jahrgänger so. Ich hatte einige Kumpels, die eine Startpackung hatten, die aber in Keller oder Bühne vergammelten.

Zitat
Lassen wir die kleine Bahn wieder zum Spielzeug werden?


In diesem Punkt würde ich so gerne sagen "ja, unbedingt", aber irgendwie sind die Versuche das Spielzeughafte mit "my world" usw. einzuholen, ohne die seriösen Opas mit der dicken Brieftasche vom Hobby zu vergraulen, nett, aber ich weiß nicht so recht, ob sie wirklich den erhofften Erfolg bringen. Und jedes Mittelding wie Primex, Club oder "Start" war bisher auch nicht der richtige Treffer.

Vielleicht aber müsste man tasächlich die Eigenständigkeit der Spielzeugseite mehr herausarbeiten und v.a. auch Trends nicht verpassen oder verhunzen. Ich denke an den Hogwarts-Express, auf den meine Kinder so eine Lust hatten, mir in den Ohren lagen, als er aber schon wieder aus dem Programm war. Also wir dann auf iner Börse einen gesehen haben, wurde er gekauft. Ja! Aber auf auf dem Normalradius des M-Gleises konnte man den gar nicht richtig fahren lassen (entgleiste dauernd). Ach ja, und wir hatten ja noh zwei Weichen eingebaut ... Ein echtes Desaster! Aber welches Kind will schon einen Standzug? Und wenn man dann die Plastikwagen noch ordendtlich anpackte oder die mal runterfielen ... O Schande! nd meine Kinder waren schon gebrieft, dass man bei Technik ein wenig vorsichter sein sollte. Ach, und blaue Trafos - ging auch nicht! UDie Freude war also schnell vorbei.
Und auch bei "Thomas und seinen Frenden" war das nicht viel anders. Darauf hatten die Kids auch echt Lust Gut, Percy läuft auch auf M-Gleis, aber Thomas selbst haut es mit seinen drei Achsen und dem hohen Schwerpunkt dauernd aus M-Weichen und Normalradiuskurven. Die Wagen? Wieder Plastik und empfindlich. Wär ja okay, aber nicht bei dem Preis. Bei 20 € Börsenpreis ist so ein Wagen nur noch bedingt Spielzeug! Bei Plastikdingen dieser Qualität sind es bei Spielsachen um die 5.- € unterwegs! Und blauer Trafo? Geht wieder gar nicht.
Dann wird aber auch keine Familie auf dem Flohmarkt so ein ding kaufen, obwohl Opa noch Schienen und Trafos hat. Also braucht es wieder Trafo und Gleise, also wieder ein "neues", relativ teures Spielzeugset. Wieder eine Chance vertan.
Etwas besser genutzt hat den Hype um Thomas m.E. Hornby, wo es viel Fahrzeuge und Material und Zubehör dazu gibt. Aber wie viele Eltern in Deutschland haben das je gesehen? Aber bei Hornby hat man auch bei Verpackung und Aufmachung anderer Produkte eher das Gefühl, dass die Spielzeug verkaufen wollen ...
Bei Märklin, selbst bei Piko usw. hat man das Gefühl nicht, manchmal nicht mal wirklich bei my world. Das hängt villeicht auch an der Produktplatzierung sowohl in Katalogen als auch in Läden oder im Internet. Da müsste my world bei playmobil und Kinder-Lego (ich meine keine Starwars Todessterne u.ä.) angesiedelt sein (am besten noch besser kombinierbar - ich weiß noch wie mein Fischer-Technik-Zug, den ich mal gewann, auf Fleischmann oder Roco Schienen lief und auch mit deren Trafo) und vermarktet werden, gerne noch bei den 1:87 Metallfahrzeugen von Siku oder Majorette, bei Brio und Carrera. Das bräuchte eine komplett eigene Webseite und Vermarktung, um als Spielzeug erkannt zu werden, z.B. auch eine Platzierung in großen Spielzeugketten wie RoFu (wo es ja keinen Modellbau gibt). Stattdessen taucht es immer am Rand oder "unter" der Rubrik "Modelleisenbahn" auf und signalisiert: Das ist eigentlich kein richtiges Spielzeug, sondern nur die Vorstufe (Baflallprodukt? Köder?) zur "richtigen" MoBa und die ist was für begüterte, ältere Herren (und ein paar wenige Damen), die bei Loriot zur Untermiete wohnen.


Grüße von Sven, dem Family-MoBahner

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RE: Fehlender Nachwuchs

#189 von Railwolf , 18.03.2021 15:47

Lieber Sven,

alters- und dienstgradmäßig dürften wir uns ungefähr entsprechen; nur hab ich vielleicht eine größere Spreizung beim Alter des Nachwuchses. Und ich war nie flammender Ritter, sondern immer schon eher Bruder Tuck... aber ja: uns konnte auch ein toter Baum zum Hubschrauber werden, mit allen Hebeln, die es brauchte. Oder zum Boot. Oder...

Und es stimmt schon: Kinder von heute sind nicht die Kinder von damals. Jedenfalls nicht die in der Stadt.
Gerade in dem Schulsystem hier werden die Kinder leider arg "geführt", was sie denken dürfen und sollen. Das führt dazu, daß in der Abiturientenklasse die Schüler vor einigen Jahren ihren Lehrer fragten, der ihnen ein Gedicht vorgestellt hatte: "Und jetzt sagen Sie uns bitte, ob das schön ist." Der arme Mann war in Tränen aufgelöst, als er mir das erzählte. Und Schule ist von acht bis fünf, für einige auch noch länger in der Betreuung. Da bleibt kein Platz für Phantasie.
Dazu kommt, daß die Kinder von heute, anders als wir, viel mehr mit Bildern beschossen werden. Lesen? "Ich bin ja schon froh, daß meine Tochter wenigstens Comics liest, das ist mal was aus Papier und kein Bildschirm." 11 Jahre. Aber eben auch wie fast alle in ihrer Klasse mit dem notfalls telefonfähigen Taschentablet ausgestattet.
Ich kann mir nicht helfen; ich habe die Befürchtung, daß das politisch gewollt ist. Menschen ohne Phantasie sind lenkbar. Menschen ohne Phantasie können sich nicht vorstellen, was aus diesem oder jenem erwachsen kann. Menschen ohne Phantasie können die Verbindung nicht herstellen zwischen dem Päckchen Zündhölzer, das sie verschenken, und den Bränden in der Stadt.
Nein, Phantasie kann man nicht einfordern. Es wäre aber dringend nötig, sie zu wecken und zu stimulieren. Und gleichzeitig nicht so verbohrt schon den Kleinsten Wissen, Wissen, Wissen vermitteln zu wollen. Ich glaube, wir hatten eine Chance, die weder die vor uns noch die nach uns hatten bzw. haben: eine freie Kindheit.

Ich bin vor einem halben Jahr aufs Dorf gezogen, <400EW und noch mehrere Vollerwerbslandwirte. Hier wissen die Kinder im Dorf, was eine Kuh ist! Und die Kinder können draußen spielen, wenn sie aus der Schule kommen. Auch wenn mein Eheweib da etwas ängstlich ist - Stadtkind eben... - weil ja die schweren Traktoren durch die Straßen fahren. Aber es ist noch nie was passiert, und wird auch so schnell nicht. Und diese Kinder hier, die haben ein weißes Streitroß mit Pedalen, die haben ein Schwert aus einem Stock, und aus einem alten Reinigungs-Kleiderbügel wird ein Diadem oder eine Krone gebogen, kein Problem. Wenn die wüßten, wie gesegnet sie sind! Aber sie haben natürlich auch noch Eltern, die mal Dinge umfunktionieren und behelfsweise einsetzen, eine Dachlatte als Haubenstütze beispielsweise. Oder ein Fensterladen mit Draht zusammengehalten.

Ja, also... um aufs Thema zurückzukommen, weiter nördlich sagt man, "jeder Jeck ist anders". Und das stimmt. Ich wollte auch kein Plaidoyer dafür halten, Kindern Rundkurse für die Eisenbahn vorzuschreiben. Aber es ist eben auch nicht so, daß Kinder unbedingt alles sehen wie Erwachsene. Das wollte ich sagen. Wenn deine Kinder eine PtP-Konfiguration wollen - ist doch super. Moderne Gleissysteme ermöglichen es, das mal so und mal anders aufzubauen. Und anders als das M-Gleis der Nostalgiker verkratzt C-Gleis auch den Dielenboden nicht und verträgt erstaunliche Gleislängen, bevor der Spannungsabfall sich unangenehm bemerkbar macht.
Unser Fehler ist, allgemein gesagt, daß wir ihnen nicht nur das Material zur Verfügung stellen, sondern auch gleich sagen, was sie damit machen sollen. Wie die Schule. Aber Schule ist per se langweilig! Es ging mir eben darum, nicht unsere Vorstellungen von Modellbahn gleich auf sie zu projizieren. Weißt schon, "Was machen die Kinder? - Oh, der Anwalt ist im Kindergarten, und die Ärztin geht schon in die erste Klasse." Als Eltern oder Großeltern (das könnte bei mir noch in diesem Jahrzehnt anstehen) können wir sie teilnehmen lassen an unserem Hobby. Vielleicht gefällt es ihnen. Vielleicht auch nicht. Meine Töchter lieben es, mit Oma im Gemüsegarten Bohnen zu zupfen und zu ernten, und auch, sie nachher in der Küche zu putzen. Aber essen würden sie sie ums Verrecken nicht. Aber: "wir machen dann im Frühjahr einen Gemüsegarten, ja? Damit Opa was zu tun hat, wenn er kommt." Und ich denk nur: so, so.
Wenn wir natürlich auch ständig auf dem Bildschirm herumdapsen oder hineinstarren, ja wie werfen wir es ihnen dann vor? Sie tun doch nur, was sie von uns sehen. Wie in der Werbung für Verkehrssicherheit, die hier im TV lief, wo das Kind zum Hasen sagt: "ich muß grad das Handy weglegen, da vorn steht die Polizei." Und die Mutter macht ein dummes Gesicht.

Daß es natürlich ein ganz schweres Ding ist, einen Esel zu tränken, der nicht durstig ist, ist ein weiteres Thema. Und wenn schon in den Familien keine Verbindung vorhanden ist, wie will man dann die Kinder locken. Aber das sehen wir auch im "richtigen" Leben, weitab der Modellbahn. Da ist Nachwuchsförderung (und ich lese Förderung da schon im bergmännischen Sinn!) ein ganz schwieriges Thema. Aber wem sag ich das.


Mit vielen Grüßen

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RE: Fehlender Nachwuchs

#190 von Analogbahner , 18.03.2021 16:08

Die Beiträge hier werden immer länger. Es scheint doch ein weites Feld zu sein (wer kennt noch "Effi Briest" aus der Schule?) und treibt einige um...
Zu dem Phänomen, dass Clubs oder Modellbahngemeinschaften kaum (oder weniger als anderswo) Nachwuchssorgen haben: hier wird ja vorgelebt. Modellbahn ist präsent. Der Junior mag kein Interesse zeigen, aber immerhin hat er die Wahl. "Nö, was Papa macht, interessiert mich nicht" ist eine ganz andere Entscheidung als: "Modellbahn? Was ist das?" Dennoch schrumpft der Mitgliedsanteil, weil es zu 99% ehrenamtliche Tätigkeit ist, die leider nicht mehr so gewertschätzt wird. Wer sich die Zeit im Moba-Club um die Ohren schlägt, ist "schön doof". Als ob Playstation, Farbbeutelschießen, Tennis, Ballett oder Skaten irgendwie sinnvoller wären. Am Ende können wir nichts mitnehmen - und schlimmer, es bleibt auch nichts als das, was man im Leben gelebt hat.


Gruß Analogbahner


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RE: Fehlender Nachwuchs

#191 von caseyjones , 18.03.2021 16:17

Hallo,

ich denke, die Modellbahn hat sich von den Kindern "weg-entwickelt". Insofern ist die sog. Fachpresse (für Nietenzähler) ausgesprochen kontraproduktiv für unser Hobby.

Was weiter vorn schon geschrieben war, ist auch meine Ansicht: die guten, wertigen Märklin-Modelle von 1980 bis 2005 (Heuschrecken-Übernahme) sind mir die liebsten: detailliert, gute Technik, aber nicht überkandidelt. Ein abgebrochener Lampenbügel ärgert, einer der nicht da ist (oder überdimensioniert) ärgert weniger. Das ist die Kunst der Produktgestaltung, hier den richtigen Mittelweg zu finden. Alles in 1:87 nachbilden bis auf "halbe zehntel" Millimeter ist keine Kunst - das kann eigentlich jeder, das kostet nur Geld. Und an die Kunden weiterreichen kann man die hohen Kosten langsam nicht mehr - die Preise sind am Ende!

Das Gedöns mit zwanzig Digitalfunktionen?? Hupe, Glocke, Direktsteuerung, Telex-Kupplung - und meinetwegen Betriebsgeräusch - das reicht doch! Das sollte man allerdings schon haben, das überfordert niemanden.

Die Enkelkinder sind begeistert auf meiner Fahr-& Spielanlage dabei und drehen am Regler (Control 80f), drücken Knöppchen (Keyboard oder Memory) und überlegen, welcher Zug wohin fahren soll. Und wie man's macht, damit nix crasht - das ist das Allerwichtigste!

Mit einem Zug im Kreis fahren, langsam oder schnell, ist uninteressant. Action und Nachdenken sind angesagt. Auch beim Bauen: bei MyWorld am Fußboden werden sie mit der verzwickten Gleisgeometrie vertraut. Und Mehrzugbetrieb geht dort auch, mit den "Funk-Pistolen" (Fahrgeräten). Weil alles am Fußboden stattfindet, kann man dort auch Bauklötze und Autos ins Spiel einbeziehen, Bahnhöfe bauen, usw usw. - Kinderspiel eben! Der "Schritt-zum-Ernst" kommt, wenn die MyWorld Fahrzeuge auf meiner Digitalanlage in den Betrieb gemischt werden, oder gar, wenn die Kleinen selbst den "großen Zug" durchs Gleisgewirr steuern dürfen. Da passen sie auf wie die Schießhunde, können sich der Faszination der Modellbahn ebenso wenig entziehen wie wir Profis. !

Uli


 
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RE: Fehlender Nachwuchs

#192 von Family-MoBahner , 18.03.2021 17:00

Lieber Uli,

toll, wie Du die Erfahrungen mit Deinen Enkeln schilderst. Super!

Was mich triggert, ist der Begriff "wie wir Profis". Beim Spielen sind Kinder selbst schon Profis auch ohne Beisein oder Anleitung durch Erwachsene (Du hättest mal sehen sollen wie meine Kinder vor einigen Jahren Schach spielten). Aber das ist ja der Sinn vom Spielen, sich die eigene Welt mit eigener Phantasie erschließen. Sie sind vielleicht keine Modellbau-Profis im Sinne von Leuten, die mit Lupe und Pinzette Preislerein bemalen oder Bahnbetriebswerke nachbilden, aber eben auf ihre Weise. Deshalb müsste m.E. my world in andere Zusammenhänge gebracht werden, als ganz eigenes Genre der Modelleisenbahnwelt, wenn nicht grad der Opa oder die Eltern schon MoBahner sind.

Und wenn dann Profi auf Profi trifft (jeder aus seiner Welt) und das so gut gelingt, wie bei Dir, dann ist das sensationell und super. Und dann wird aus dem Kinderspiel-Profi vielleicht auch irgendwann ein erwachsener Modellbau-Profi ("Schritt-zum-Ernst" (Uli), wobei schon die Frage ist, wie "ernst" man das "Spielen" oder Erschaffen von Phantasiewelten nehmen sollte. Solange man nicht dafür bezahlt wird, Modellbahnen zu bauen, bleibt es immer Hobby oder Spiel, halt auf Art eines Erwachsenen. Dass auch Erwachsene spielen, hat umgangssprachlich zwar ein "G´schmäckle, aber an sich ist es für den homo ludens ganz natürlich. Auch die meisten Sportarten sind eine Art des Spiels).

Was ich auch toll finde, ist, dass Deine Enkel offenbar einen großen Respekt haben vor dem, mit was sie da umgehen. Dass es so richtig crasht ist für viele Kids, die ich kenne, dagegen gerade der Reiz! Und dafür sind auch die my world Produkte letztlich zu empfindlich. Viele Kids haben den Bezug dazu verloren, dass Dinge auch Geld kosten, das erarbeitet sind muss. Sie sind es gwöhnt, dass das Handy, das runterfällt, einfach von Papa ersetzt wird usw., am Besten gestern. Toll, wenn das bei Euch anders ist.


Grüße von Sven, dem Family-MoBahner

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RE: Fehlender Nachwuchs

#193 von Analogbahner , 18.03.2021 17:16

Kinder gehen mit dem, was sie gerne machen, durchaus pfleglich um. Es gibt aber auch Spielzeug, das zum „Crashen“ gedacht ist - und die Kinder daraufhin anzuleiten, dass die Modellbahn NICHT dazugehört, ist der richtige Schritt. Da Spielsachen auf starke Beanspruchung ausgelegt sind (einen Lego-Stein kaputtzukriegen, ist nicht so einfach - dann schon eher die fummeligen Technik-Bausteine...) sind Kinder daran gewöhnt, dass Fallenlassen nicht so schlimm ist. Das Bewusstsein, was empfindlich ist und was nicht, muss erlernt werden - so wurden durchaus auch mal Tiere zu Tode geliebt...


Gruß Analogbahner


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RE: Fehlender Nachwuchs

#194 von einheitslok44 , 18.03.2021 19:26

Hallo,
a propos "Crash-Spielzeug": Man gehe mal in einen der Spielzeug-Ketten Läden und finde dort etwas außer Crash-Spielzeug für etwas größere Kinder : Alles aus Plastik und aus China - Monster und Drachen in jeglicher Farbe und in abstrusen Kampf-Raumschiffen - und so weiter und so fort und umgekehrt!. ... Gut, diese Läden sind eher für die Unterschicht gedacht und das breite Angebot von Ballerspielen passt ebenfalls dazu und das was aus dem Netz gezogen wird. Eine Modellbahn wäre viel zu langweilig, denn da ist ja keine "Action" dabei - an sinnvollem Spielzeug ist da kaum etwas zu finden. Wer sich näher informieren will, lese die Bücher des Neurologen Prof. Manfred Spitzer !
Ganz anders bei den eher bürgerlichen Klientel: Deren Adressen sind vedes, Spielzeugring & Co., -natürlich auch hier immer mehr amazon - und es wird noch qualitatives Traditionsspielzeug erworben wie Steiff-Tiere, Brio-Holzeisenbahn und so weiter. Leiter haben sich die Modellbahnerzeuger von dieser Klientel auch zurückgezogen, dank der schon oben zitierten Nietenzähler und der übertreibenden Fachpresse . Das Sortiment wurde für den traditionellen Spielwarenhandel immer weniger attraktiv. Und mit dem "Digitalgedönse und Soundgequäkse " kann man eher wohlhabende Opas verzücken - meist sind es die Augen über 50jähriger, die damit zum Leuchten gebracht werden - mich erinnert das immer an den laufenden "Batterie-Hund " aus China oder den entsprechenden Weihnachtsmann.... Und total schwer hat es eben heutzutage die Eisenbahn per se, da sie aus dem Alltagsbewusstsein der Jugend verschwunden ist -eben nicht mehr "der Rede wert" , langweilig.


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RE: Fehlender Nachwuchs

#195 von Lukas Lokführer , 18.03.2021 22:19

Hallo zusammen,

Naja, das bewusste sein, für die Dinge, in unserem Fall die Modellbahn, ist sehr wohl vorhanden, vor allem dann, wenn man es sich selbst erarbeitet hat...

LG

Lukas

PS: Kann ich jeden Schüler/in nur sehr empfehlen, mal aus seiner eigenen Ecke herauskommen und endlich zu lernen, dass das Leben nicht nur Schule und Eltern besteht, welche sich bei jeder noch so kleinen Sache vor die Kinder werfen und sie beschützen...

Wenn man weiß, dass man für Produkt XYZ am Wochenende um sechs aufgestanden ist um zur Skischule (vor Corona) zu kommen, der hat auch eine gewisse Wertschätzung für seine gekauften Produkte...

Unsere Oberstufenberater beklagen sich zunehmend darüber, dass bei Problemen, sei es mit Lehrern oder etwas anderen, die Elter und nicht die Schüler sich melden ...


„Ich will Milch die länger haltbar ist, als die Kuh aus der sie kommt“ (Die Anstalt vom 26.4.2016)

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Angela Merkel 2010 - und wo stehen wir heute?


 
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RE: Fehlender Nachwuchs

#196 von caseyjones , 19.03.2021 12:28

Ja,
auch Kinder können ein Gefühl für die Wertigkeit von Dingen entwickeln. Dafür, daß alles irgendwann Geld gekostet hat, das nicht "vom Himml" fällt (auch nicht bei Oma oder Opa). Und wenn es etwas kaputt ist, ist es erstmal weg - das sollte man vermeiden. Vieles kann man aber reparieren. Und billiges Schrott-Spielzeug schätzen sie weniger alseinen schönen Kasten, in dem alles nett einsortiert ist - und wieder zurückgelegt werden kann, wo man Ordnung halten kann.

Diese Erkenntnisse fördert man natürlich nicht mit Ballerspielen, und grundsätzlich nicht mit virtuellen Sachen am Bildschirm - da gibt es ja nichts zum Anfassen, es gibt nur was zum Gucken. Eine gewise Motorik ist bei der Modellbahn inmer vonnöten - sei es beim Zusammenstecken der C-Gleise oder der Plastikgleise von MyWorld. Beim Aufgleisen der Fahrzeuge, beim Steckerchen-stecken, überall...

Insofern ist die Kind-gerechte "Eisenbahn" ein wirkilch wertvolles Spielzeug, auch heutzutage noch. Das weiß man wohl auch in Göppingen. Das Problem ist: wie verkaufe ich das den Eltern oder Großeltern? Und welchen Preis [EUR] ist das wert?

Schon ich durfte 1954 nicht "Unfall spielen", Krieg sowieso nicht. Als nach einer Flankenfahrt an falsch gestellter Weiche der neue D-Zugwagen einen langen, breiten Kratzer auf der Seite hatte, war ich untröstlich. Man muß eben aufpassen! - Den Wagen habe ich noch heute - der ist natürlich nicht mehr in "Sammlerqualität", aber ramponiert ist er auch nicht. Zum Kinderspielen ist er immer noch gut und wird pfleglich behandelt, weil er dem Opa gehört und weil er schon so alt ist.

MyWorld gehört den Kindern, da kann ruhig die kleine Schwester (4 Jahre) mal etwas ungeschickt hingreifen. Und spielent un alle zusammen.

Uli


 
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RE: Fehlender Nachwuchs

#197 von Family-MoBahner , 19.03.2021 13:43

Sorry, dass mich der letzte Beitrag von Uli innerlich auf die Palme treibt.

Als Vater weiß ich natürlich, dass es immer die Schuld der "bösen" Eltern ist, wenn die Kids nicht so sind, wie man sich das in unterschiedlichsten Kontexten oder Generationen vorstellt. Meine Mutter (Jahrgang 1956) und meine Großmutter (Jahrgang 1935) geben mir das oft genug zu verstehen. Und als Unterrichtender an Schulen weiß ich, dass viele Eltern oder die Gesellschaft die Schuld verschieben auf die "bösen" oder "faulen" oder "unfähigen" Pädagogen oder das marode Kindergarten- und Schulsystem oder die bösen, virtuellen Medien und Spiele, die Gesellschaft selbst entwickelt hat, nutzt und von deren Verkauf sie sehr gut lebt. Die eignenen Werte und die eigene Kindheit werden idealisiert und für alle als richtig und gut überhöht.

Nicht vergessen dürfen wir, dass "Wertigkeit" von Gegenständen seit Jahrzehnten von den Nachkriegsgenerationen mit Konsum- und Wegwerfgesellschaft systematisch torpediert wurde und es eher die Ausnahme ist, wenn Kinder bei ihren Eltern noch ein Gefühl für Wertigkeit von Dingen oder eine Freude an Ordnung erlernen. Denken wir nur an Kleidung. Die war 1954 auch noch wertig. Viele bei uns auf dem Land hatten ein Sonntags- und ein Werktagshäs. Ein paar neue Schuhe waren was Tolles, ein Schatz, ein Wert. Heute ist Kleidunhg ein Wegwerfartikel aus Fernost, selbst wenn teure deutsche Label an ihnen prangen (ausgenommen vielleicht Exooten wie Trigema). Oder Geschirr. Damals gab es noch das Aussteuergeschirr, das Viele heute noch haben. Doch Ikea und Co. leben davon, dass dauernd neues Geschirr gekauft wird, weil das alte nicht mehr gefällt. Wenn bei dem Geschirr ein Teller runterfällt, ist das nicht schlimm. Bald gehen wir ja iweder hin ... Ich hab im Unterricht mal die Geschichte vom Zappelphilipp mitgenommen. Selbst 10.-Klässler haben das Problem des kaputten Geschirrs und heruntergefallenen Essens nicht mehr verstanden. Unser gesamtes Konsumsystem (an dem der größte Teil unserer Volks- und der Weltwirtschaft häng) baut auf Wegwerfmentalität und Müllberge. Und genau das hat die Nachkriegsgenerationen ja auch so gewollt. Weg von der kleinlandwirtschaftlich geprägten Gesellschaft mit Mehrgenerationenwohnen zur industriealisierten, individualisierten Konsumgesellschaft. Wenn alle, wie ich, ihre 45-Jahre alte Miele-Waschmaschine immer wieder reaparieren würden, weil die noch wirklich "kocht" und damit ohne chemische Keule (wir haben Leute in der Familiy, die gegen viele dieser Inhaltsstoffe allergisch sind) Bakterien und Viren killt, wären unsere Maschinenhersteller schon lange bankrott oder zumindest sehr viel kleiner. Die Beispiele könnte man beliebig erweitern. Selbst Häuser der Groß- und Urgroßeltern, die für die einen extremen (nicht nur materiellen) Wert hatten, werden ohne Wimpernzucken verkauft und abgerissen (was wollen wir mit dem alten Sch...?).

Unsere Kinder, ihr Verhalten und ihre Mentalität (von wegen Ballerspiele, Playstation, Smartphone-Wahn, crash boom bang) sind Teil der Früchte der Geister, die wir riefen und rufen. Dazu gehört auch das Phänomen der Helikoptereltern, der Luxus-Kids usw.

Und Lukas hat - als 17-jähriger! Hut ab, ehrlich! - ein weiteres, daraus resultierendes Problem m.E. super geschildert. Wenn Papa und Mama den ganzen Tag aus dem Haus sind und das Geld aus dem Automaten kommt, verlieren viele Kids auch den Bezug dazu, dass Geld auch "verdient" werden muss und dass hinter Dingen Schweiß und Anstregnung steckt. Viele halten die "Arbeit" der Eltern für eine Spaßveranstaltung bis sie mit Ende 20 dann aus dem Schutzraum von Studium und Ausbildung sekbst merken, dass das nicht so ist. Bei uns auf dem Land, wo Viele noch in Kleinlandwirtschaften mithelfen müssen oder im Wald o.ä., wo Viele auch noch Ferienjobs machen u.ä. (was immer schwiweriger wird auch für die Firmen bei immer weniger "einfachen" Tätigkeiten und immer höheren Auflagen an Mitarbeiterschutz usw.), ist das vielleicht ein wenig abgemildert. Aber bei einer Mehrheit der Kids, die ich treffe, fehlt dieser Bezug zu Geld und Werten oft fast fällig (O, mein I-Phone ist runtergefallen und das Display kaputt. Kein Problem Daddy kauft mir ein Neues!)

Wir können davon träumen, dass sich das alles wieder ändert und in Einzelfällen gelingt es auch, dass Kinder anders erzogen werden oder anders sind. Aber im Wesentlichen wird es bei der Frage, woher wir MoBa-Nachwuchs bekommen, doch darauf ankommen, dass man als Hersteller oder Coummunity auf die Kids so reagieren muss, wie sie sind, nicht wie wir sie gerne hätten! Warum z.B. nicht auch (zusätzlich) Spezialloks für die Crash-Kids, z.B. ohne viel empflindliches Technik Tamtam mit Gehäusen ohne viel Detailtreue dafür aber aus stabillem Metall oder Hartgummi o.ä. die man auch crashen oder Schanzen lassen kann (wieso funktionieren denn die Auto-Warzen von HotWheels)? Ich hab einen Verdacht: Weil das die Seele von uns Alten (wie gesagt, ich weiß nicht, ob ich mich da mit 47 dazu zählen darf) verletzten würde, von uns, die "wissen, wie es richtig geht!"


Grüße von Sven, dem Family-MoBahner

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RE: Fehlender Nachwuchs

#198 von maybreeze , 19.03.2021 16:25

Servus,

lese mit großem Interesse eure Überlegungen und Ausführungen. Ja, wir machen uns Sorgen um den Modellbahn-Nachwuchs, nicht ganz uneigennützig, weil wir ja zu unserer Schachtelsammlung noch einige Stücke hinzufügen wollen, Fahrzeuge, von denen wir immer schon geträumt haben, Fahrzeuge, deren technische Ausführung uns fasziniert. Wohl 90% verschwinden nach Betrachtung und Erfüllung der Begierde, dieses Fahrzeug "unbedingt haben zu müssen", in einem finsteren Schrankfach, einige weitere Prozente zeigen sich in Vitrinen (und werden von Besuchern mehr belächelt als bestaunt und hinterfragt), und die restlichen Prozentpunkte erfüllen das, wofür sie geschaffen wurden: Auf Anlagen zu fahren!

Jetzt stutze ich, denn gerade die Berichte in den Foren zeigen, dass die teuer erstandenen "Fahrzeuge" besser "Stehzeuge" sein sollten, denn selbst kritische Ersatzteile sind praktisch nicht erhältlich und damit ein Fahrbetrieb daher nicht sehr opportun, will man sein Fahrzeug komplett erhalten und nicht nach ein paar Fahrstunden als Schrottfahrzeug abstellen.

Da trauert man natürlich den Fahrzeugen seiner Jugend nach, für die ich praktisch bis in jüngste Zeit Ersatzteile bekommen habe. Ich rede von KLEINBAHN Produkten, aber da ist es mittlerweile auch Geschichte.

Zwar hatte mein großer Bruder eine Modelleisenbahn, erst Spur 0 (DITMAR), dann KLEINBAHN - aber er war schon als Bub eher luft-orientiert: Flugmodellbauer. Unser Vater konnte eigentlich mit unserem Spielzeug nichts anfangen - er selbst hatte wohl selbst wenig in seiner Kindheit (WK I) und war daher mehr sport-orientiert. So war mir die Modelleisenbahn in die Wiege gelegt - schon allein deswegen, weil in der Nähe des Wohnortes der Großmutter eine Filiale von KLEINBAHN war, an deren Auslagenscheiben man sich die Nase platt drücken konnte. Von Vorteil war, dass mein Bruder für die Flugzeugmodelle ziemlich viel mit Sägen, Feilen, Raspeln, Schleifen, Bohren, Kleben, Lackieren beschäftigt war und ich die Techniken beim Zuschauen mitbekommen habe. Unsere Mutter war sehr großzügig, durften doch die Bastelarbeiten am Eßtisch in der Küche bewerkstelligt werden! Wo gibt es das heute noch? Laubsägen und Schleifen mitten in der Wohnung! Die Großväter mit der Werkstatt hinter der Schrebergartenhütte sind in ihrer Anzahl auch überschaubar geworden, einerseits weil's im Familienverband keinen Schrebergarten mehr gibt, andererseits ist selbst wenn ein Garten vorhanden ist der Großvater eher Weltenbummler denn Laubenpieper.

Warum ich das schreibe? Jeder von uns hat eine besondere Geschichte mit dem Zugang zur Modellbahn, es mussten doch ein paar Voraussetzungen gegeben sein. Und wir Oldies hatten mit der Modellbahn mehr oder weniger das einzige Spielzeug, bei dem man selbst die Fahrgeschwindigkeit bestimmen konnte. Aufzieh-Fahrzeuge sausten ja bis zum Ende der Federspannung herum - und dann war's. Die Modellbahn konnte man regeln (auch wenn es letztlich auch nur Stopp oder Vollgas gab. Und die Fahrzeuge hielten auch Weitsprung-Wettbewerbe aus, Steilkurven-Akrobatik und andere abenteuerliche, mit heutigen Modellen nicht mehr machbare/leistbare "Spompanadeln". Nebst Bauklötzen, Brettspielen und Büchern gab es nicht sehr viel Ablenkung, das Fernsehen hatte gerade mal 2 Programme - Fury, Flipper und Lassie waren die Stars, ein oder zweimal in der Woche. Durch die Kanäle zu zappen, auf einem Handgerät mehr Spiele zu haben als man sich je träumen ließ, das alles gab es nicht. Daher wurde die Modellbahn auch mit mehr Akribie betrieben, man freute sich auf den neuen Jahreskatalog (und konnte auf die gezeigten Modelle auch ansparen, weil es sie dann durch Jahre käuflich gab).

Jede Zeit hat ihr Spielzeug - Modellbahn ist vom Spielzeug zum Hobby mutiert und damit seiner ursprünglichen Funktion beraubt. Viele Versuche der Hersteller, die Modellbahn wieder (Massen-)Spielzeug werden zu lassen, sind gescheitert. Und damit rekrutiert sich der Nachwuchs nicht mehr natürlich, sondern muss durch Vorbild von uns herangezogen werden. Und da muss man zulassen, dass was kaputt gehen kann, dass Kinder manchmal die (neue) digitale Welt schneller verstehen als unsereiner, und dass Geduld notwendig ist, das Kind im Manne kommt dann vielleicht erst mit 40. Kann man aber Menschen in diesem Alter als "Nachwuchs" betrachten?

Ganz außer acht gelassen habe ich die finanzielle Frage - aber die wurde ja eingehend erläutert. In einer Welt "Just-in-time", der schnellen Befriedigung und dem unübersehbaren Angebot an Dingen, mit denen ich meine Zeit "verplempern" kann, ist Modellbahn jene Art der Beschäftigung, die eine teure und deren Werthaltigkeit (Sammlermodelle) längst verflogen ist.

So gesehen bin ich froh, dass ich in meiner Modellbahnerkarriere die Phase "MAH" (muss alles haben) durch die Phase "HSA-BNM" (hab' schon alles - brauch' nichts mehr) ersetzen konnte. Ob mein Herr Enkelsohn dereinst meine Sammlung zu schätzen weiß, weiß ich nicht - mir macht sie jedenfalls noch Freude.


Liebe Grüße aus Wien
Klaus
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Pitt400 hat sich bedankt!
 
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RE: Fehlender Nachwuchs

#199 von Analogbahner , 20.03.2021 17:29

Ich hatte schon mehrfach im Forum erwähnt, dass die Modellbahn einen bestimmten Typ Mensch braucht. Es ist also nicht nur der teure Preis, die Verletzlichkeit der Modelle, der Medienüberkonsum, der Digitalrausch oder sonst was, das die Kinder davon abhält. Sondern der „Bastler“ im Keller wurde weniger, weil der Typ „Bastler“ an sich nicht erwünscht war. Jemand, der sich stundenlang mit einer Sache beschäftigen kann, ohne dass ein Außenstehender irgendeinen Fortschritt oder irgendein Abenteuer zu erkennen vermag. Das „Selbermachen“, das „Beschäftigen mit einer Sache“ ohne Radau und Getöse ist verpönt.

Die Corona-Krise hat den „Extrovertierten“ eine Vollbremse verpasst. Aber den „Introvertierten“ macht es gar nicht so viel aus, weil sie ohnehin nicht fünf Mal in der Woche Essen gehen, ins Kino oder auf waghalsige Extremsportarttouren müssen. Sie sind mit sich viel mehr im Reinen und kommen mit sich selbst und mit dem, was sie tun, aus. Sie müssen nicht zwingend nach New York oder zu den Pyramiden, sie brauchen keine Höhlenkletterei und halten meistens den Mund, wenn andere sich vordrängen.

In den letzten Jahrzehnten wurde systematisch der „Extrovertierte“ gelobhudelt, cool war nur, wer am lautesten tönte und sein Ego ins Rampenlicht stellte. Die „Show“ wurde wichtiger als der Inhalt. Nun sind die Bühnen verwaist, die Arenen leer, die Partys verödet. Der Extrovertierte verzweifelt, der Introvertierte fragt: „ist irgendwas anders als sonst..?“

Ist natürlich überspitzt. Aber Modellbahn und extrovertiert passen nicht zusammen. Das „Uncoole“ einer Modellbahn ergibt sich daraus, dass „nichts passiert“, der Modellbahner anscheinend „nichts erlebt“ und man sein Ego nicht preisen kann. Klar ist das Quatsch. Aber wenn ich mir Kindersendungen und Kinderwerbung anschaue, dann frage ich mich inzwischen, ob man davon nicht Augenkrebs kriegt - es ist so hektisch, bunt, laut und unkonzentriert, dass eine Stunde Modellbahnrangieren dagegen fast wie scheintot erscheint...


Gruß Analogbahner


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RE: Fehlender Nachwuchs

#200 von Bruno-und-Baby , 02.04.2021 10:22

Hallo zusammen ...

Interessante Diskussion. Und sehr viele Aspekte wurden genannt, warum der Nachwuchs fehlt, bzw. warum das Hobby Modelleisenbahn ganz generell in den letzten 20-30 Jahren an Bedeutung verloren hat und warum es immer weniger Leute betreiben.
Aus meiner Sicht sind im Grunde alle genannten Gründe 'richtig' - die Einen mehr und die Anderen weniger.

In dem von Dijan eröffneten zusätzlichen Thread (siehe Beitrag 177) wurden von User powermaxi in Beitrag Nr. 7 die Worte formuliert, die auf den allerwichtigsten Grund hinweisen, warum das Hobby Modelleisenbahn (große) Nachwuchsprobleme hat:

Also ich denke Kinder wollen im Grundsatz das was wir eigentlich auch alle wollen:
Ein Abbild der Realität im Modell


Der Punkt ist schlicht und einfach folgender:
man braucht heutzutage bzw. schon lange nicht mehr eine Modelleisenbahn, um ein Abbild der Realität zu erzeugen. Nein, man schaltet einfach den Fernseher oder den PC ein, um sodann ins Internet zu gehen.
Das ist aus meiner Sicht der alles entscheidende Hauptgrund, warum es Nachwuchsprobleme beim Hobby Modelleisenbahn gibt. Und das wird auch leider so bleiben - da bin ich recht pessimistisch.

Grüße von Jörg


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Jetzt werden die Preiserlein geimpft :)
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