Unser "Tegernseer" wies ja bereits darauf hin, dass es Ende der 60er Jahre bei der Deutschen Bundesbahn einen zweiten Anlauf zur Beschaffung einer Großdiesellokomotive in der Leistungsklasse der V320 bzw. sogar deutlich darüber gab. Nähere Ausführungen hierzu sind im EK-Band "Mythos V320" zu finden, und als Appetizer kann ich den "Blick ins Heft" wirklich nur empfehlen.
Dort ist auch die Grafik der im Thread schon erwähnten ML 5000 CC von Krauss-Maffei zu finden. Und abermals war die Versuchung, eine "artist impression" dieses Boliden, der nie war, zu schaffen, einfach zu groß. Dieser Riesen-Diesel hätte nicht nur die V320 leistungsmäßig um mehr als 1000PS überboten, er wäre auch in völlig anderem Gewande dahergekommen:
Von Erdkröte - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=15597728
In der Seitenansicht fallen auf den ersten Blick im Unterschied zur Henschel-Lok die fehlenden Drehgestellaussparungen auf. Stattdessen besitzt die Münchner Maschine einen durchgehenden Rahmen, dessen Unterkante mit der der Pufferbohlen abschließt. Die Trittroste an den Fahrzeugenden, die dem Personal den Zugang zu den Führerstandsscheiben und den Leuchten ermöglichen, sind an der Oberkante des massiven, durchgängigen Rahmens angebracht; die unteren Signallampen darunter. Analog zur V160-Familie, den Einheitselektrolokomotiven oder der E310/ E410 dürfen wir Doppellampen vermuten, so habe ich es auch in meiner Illustration dargestellt. Der untere Teil der Front ist nach vorne geneigt, jedoch nicht so stark wie bei der V320. Der Knick in der Seitenwand ist bis vorne durchgezogen, fluchtet in einer Linie mit dem in der Lokfront und neigt sich - im Unterschied zu dem bei der V160-Familie - nicht zu den Lokenden hin nach unten. So entsteht ein völlig anderer Eindruck der noch dadurch unterstrichen wird, dass die Führerstandsfrontscheiben erheblich flacher geneigt sind als bei der Kasselaner Konkurrentin. Fast etwas an die 103 erinnert das unter die Führerstandsfenster gerutschte Spitzenlicht, ebenso wie die Unterteilung des Lokkastens in mehrere unterschiedlich lange, abnehmbare Hauben, wie wir es auch von der 151 oder der 181 her kennen. Hinsichtlich Lackierung und Beschriftung habe ich mich für eine Ausführung als blauer "KM-Demonstrator" entschieden; die V320 001 in der Vorlage ist allerdings derart matt und stumpf, dass, auch digital, einfach nicht mehr Glanz hinzubekommen war.
Eine Schönheit wäre die ML 5000 CC nicht gewesen, mein Gott, wir hätten uns an ihr Gesicht gewöhnt. Gebaut wurde sie nie, weder für die DB noch für den Exportmarkt. Dabei hätte sie noch Potential gehabt: Ausgelegt war sie für zwei Maschinenanlagen mit zwei Motoren wie etwa dem MAN MA 12 V 956. Im Januar 1967 vermochte ein solcher bei 1500 U/min 2500PS Leistung abzugeben; bis Juli 1970 hatten die Ingenieure aus diesem - bei unveränderten Hauptabmessungen - 3000PS "herausgekitzelt". Es wäre also ein Leichtes gewesen, die ML zur 6000 CC "aufzublasen"...
Dazu kam es bekanntermaßen nie. Üblicherweise enden Artikel über die nie gebauten Großdiesel der Bundesbahn mit der Bemerkung, dass ihre Anschaffung durch die Elektrifizierung der Strecken, auf denen solche Leistungen benötigt worden wären, überflüssig geworden sei. Dem mag ich mich nicht anschließen. Im Emsland wie im Schwarzwald wie auf der Marschbahn oder im Allgäu, wo man sich sogar mit der 210 in Doppeltraktion abgekarpft hat, wären diese Kaventsmänner nicht nur wirtschaftlicher, sondern beim Betriebsdienst wahrscheinlich hochwillkommen gewesen.
Grüße!
Christian