Hallo zusammen,
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1) Laufgüte? Käme mir seltsam vor. Der "natürliche Wagen" hat zwei Achsen, bei dreien muss die mittlere ja zusätzlich noch in den Kurven "mitgeruckelt" werden...
Ja, Laufgüte. Um die Jahrhundertwende (zum 20. Jahrhundert) wurde die Verwendung von Zweiachsern in Schnellzügen verboten. (In Klammern gesagt: deshalb ist der zweiachsige Packwagen, den Märklin gern den Württemberger Schnellzügen beistellen möchte, Unsinn.) Weil aber Vierachser mit Drehgestell recht schwer sind, hat man Dreiachser gebaut - die sparen fast die Hälfte Gewicht pro Sitzplatz ein. Was wichtig war, denn die Lokomotiven waren noch nicht so leistungsfähig.
Sie laufen auch besser als Zweiachser, weil die Achsen nicht starr sind, sondern Lenkachsen: sie stellen sich auf den Gleisbogen ein.
Schnellzüge fuhren übrigens auch damals selten über 90 km/h.
Zwischen den Kriegen stieg die Leistung der Maschinen stark an, so dass das Gewichtsproblem keins mehr war - man baute also jetzt Drehgestellwagen, denn die laufen noch mal besser als Dreiachser. Die dreiachsigen Schnellzugwagen wurden für "niedere Dienste", sprich Personenzugverwendung, umgerüstet.
Die dreiachsigen Umbauwagen entstanden übrigens nicht nur auf Basis von preußischen Abteilwagen, sondern von Wagen aller möglichen Herkunft. Auch ehemalige D-Zug-Wagen. Und die preußischen Abteil-Dreiachser dienten nicht nur dem Nahverkehr, wie KF Schwanck andeutet, sondern auch dem (ggfs beschleunigten) Personenzug über längere Distanzen.
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die geringe zul. Geschwindigkeit von 80 bis 90 km/h
war für die Konstruktionszeit dieser Wagen durchaus nicht gering - die T14.1, die auf vielen Strecken bis in die Sechziger Jahre den Nahverkehr bestritt, fuhr bestenfalls 65km/h und ihre Ablösung, die 86, fuhr auch nur 80. Die pr. P4.2, die durchaus zu Schnellzugehren kam, brachte es auf 90km/h (aber mit wieviel Anhängelast?).
1954 fuhr eine 03 mit Abteilwagen auf der rechten Rheinstrecke.
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3) Schonung der Gleise? Hier würde ich bei zwei Achsen mehr Vorteile erwarten
Siehe oben: ein Lenkachsgestell läuft ruhiger und belastet aus demselben Grund die Gleise weniger. Lange starre Zweiachsfahrgestelle sperren sich im Gleis und sind von daher ungünstig. Deshalb benötigten die Schienenbusse eine Sondergenehmigung für 6m festen Achsstand und waren mit Spurkranzschmierung ausgestattet; die Beiwagen zum VT95 sowie auch die Vorserien-Schienenbusse hatten nur 4,50m Achsstand.
Die Achslast ist zwar für die Umbauwagen kein Problem an sich gewesen, aber je höher die Achslast, um so höher die Belastung für den Fahrweg - siehe Autobahn und LKW.
Der Umbau bedingte übrigens auch Eingriffe in die Struktur des Wagenrahmens; die alten Wagen hatten selten die neue Normlänge und neu vorgesehenen Achsstände. Aber das war immer noch günstiger (damals, als Arbeitskraft noch vergleichsweise preisgünstig war) als neue Wagen von Grund auf zu bauen. Immerhin wurden in fünf Jahren etwa 6500 Wagen ausgeliefert. Dass man keine elektrische Heizung vorsah wie in den vierachsigen Umbauwagen, deutet für mich auch an, dass die Verwendungsdauer der Wagen nur für zehn bis fünfzehn Jahre vorgesehen war. Aber da hat man sich ja auch bei den Roten Brummern mächtig verschätzt.