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Messung der Lok-Zugkräfte - Aufbau einer einfachen Apparatur
Hallo,
aus gegebenen Anlass hat mich die tatsächliche, horizontale Zugkraft einer meiner Loks interessiert.
Genau genommen geht es um die gerade neu gekaufte Fleischmann BR 202 (721012), die mit einigen Mängeln bei mir an kam, wie ich schon mal in einem anderen Thema dazu berichtet hatte. Ich finde diese Lok aber sehr schön und hatte keine Lust auf mehrmaliges hin- und herschicken, um dann festzustellen, dass sie doch nicht richtig läuft, wie bei meiner BRAWA schon erlebt. Also soll sie komplett neu aufgebaut werden, wobei ich die Achsen mit den Haftreifen gegen welche ohne tauschen will. Die neuen Achsen liegen hier schon parat, bloß wollte ich genau wissen, welchen Einfluss dieser Austausch nachher haben wird.
Also musste ich mir ein paar Gedanken machen, wie ich auf relativ einfache Weise, annähernd genau und reproduzierbar, die Zugkräfte meiner Loks messen kann. Den Kauf einer kalibrierten Präzisions-Federwaage hatte ich schnell verworfen, bekomme ich in der Bucht eine schöne Lok für.
Es sollte alles möglichst aus meinem Fundus sein:
Ein langes, gerades und horizontales Test-Gleis
Eine Umlenkung mit vernachlässigbaren Reibungskräften
Eine Aufnahme für Gewichte mit vernachlässigbarem Eigengewicht
Relativ genaue Gewichte von 1g und 2g
Die ersten drei Punkte ließen sich relativ schnell klären:
Schon vor ein paar Jahren hatte ich mir ein Testgleis auf einer ausgemusterten, massiven Fußleiste gebaut, die hinten eine Einfräsung in Gleisbreite hatte. An die Leiste kam eine Micro-Stecker-Buchse und dazu eine lange Anschlußlitze mit kleinen Krokodilklemmen am anderen Ende, so dass ich das Gleis an den Bahnstom, das Programmiergleis, oder an einen analogen Trafo anschließen kann. An den Enden je ein Sperrholzplättchen aufgeleimt, kann ich die Leiste einfach mit Klemmen an die Regale über meinem Basteltisch klemmen und habe die zu testenden Loks direkt auf Augenhöhe vor mir:
Ein Überblick über die einfache Messapparatur. Von der Kupplung der Lok läuft ein dünner Nähfaden über eine Waggonachse nach unten zu den Gewichten:
Die Umlenkung sollte sehr leichtgängig und fast reibungsfrei sein. Hier bin ich bei einem uralten und schon ausgeschlachteten Roco Güterwaggon fündig geworden. Dessen Achsen saßen in gebogenen Blechen, die im Unterboden eingesetzt waren. Daran kann man das Spiel der Achse leicht einstellen und sie läuft sehr frei. Der Achshalter hatte schon ein Loch, in dem man ein 3 mm Gewinde schneiden konnte. Ein paar kleine Sperrholzteilchen, Leim und eine 3 mm Nylonschraube reichten, um die Umlenkung zu komplettieren. Für den freien Lauf des Fadens nach unten wurde ein 12 mm Loch in die Leiste gebohrt und eine passende Metallhülse eingesetzt. Soll ja wenigstens etwas ordentlich aussehen
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Das variable Zuggewicht, an dem die Loks sich abmühen müssen:
Meine "Gewichte" werden auf einen dünnen Federstahl aufgefädelt, dessen Eigenwicht vernachlässigt werden kann, liegt irgendwo im untersten Bereich von 0,x Gramm:
Nun zu den "Gewichten", die ausschlaggebend für eine glaubwürdige Messung sind:
Bewaffnet mit einer digitalen Küchenwaage mit 1g Teilung, habe ich mich in meine Werkstatt auf die Suche begeben. Zuvor wurde die Waage auf ihre Genauigkeit untersucht, ob sie überhaupt brauchbar ist. Dazu eignen sich, wenn man gerade keine geeichten oder kalibrierten Gewichte zur Hand hat, unsere Euro-Münzen. Ein 2 Euro-Stück wiegt 8,5 g, ein 1 Euro-Stück 7,5 g. Zulässige Abweichungen sollen unter 0,1 g liegen. Mit verschiedener Anzahl von Münzen immer wieder den gesamten Messbereich durch messen, den man verwenden will. Meine Waage hatte den Test bestanden.
Fündig geworden bin ich dann bei verzinkten Muttern: M5 = 1g und M6 = 2g. Natürlich darf man die nicht einzeln wiegen, sondern in verschiedenen Packs a' 10, 20, 30, 40, 50 Stück. Diese Pakete sollten in der Summe stimmen. Die einzelnen Muttern werden dann noch im Bereich von +/- 0,x g vom statistischen Mittel abweichen, was aber nach meiner Erfahrung nicht zu einem größeren Fehler führen dürfte, da es statistisch sehr unwahrscheinlich ist, dass man gerade nur Muttern mit einer - Abweichung oder nur welche mit einer + Abweichung verwendet. Ohne nun eine umfangreiche Fehlerberechnung durchgeführt zu haben, schätze ich die Genauigkeit meiner Messungen auf +/- 1g. Auch, weil ich die Messungen mehrfach mit unterschiedlichen Muttern wiederholt habe.
Und nun meine Ergebnisse:
- Die 151 hat mich nicht überrascht, obwohl ich sie sehr stark erleichtert hatte. Original würde sie mit weitem Abstand führen.
- Der Unterschied der absolut baugleichen CSD T478 und CD 750 Cargo sind frappand. Ist es die Farbe?
- Die BR 52 hat mich etwas enttäuscht. Mit 90g Lokgewicht und 4 Haftreifen, hätte ich ihr mehr zugetraut, trotz Tender.
- Die V200.1, mit 102g gut im Futter, reißt nicht all zu viel.
- Die BR 285 Press, eine große Lok, aber wenig Chassis, zu leicht und nur im Mittelfeld, hatte ich mehr erwartet.
- Enttäuschend die BR 23. Schlußlicht. Nun ja, der Tender wiegt gerade mal 35g und muss noch die schwere Lok schieben.
Gruß Dietmar