RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#1 von hajoscho ( gelöscht ) , 09.09.2012 15:29

HJS Garratt



In den 1950er Jahren wurde für die damals noch junge DB der Prototyp einer modernen Dampflokomotive System Garratt von der rheinischen Lokomotivmanufaktur


H. J. S.

mit der Achsfolge 2´ C C ´2 konstruiert und gebaut.

Die Garratt sollte ursprünglich als Zuglok für den neuen Rheingold vorgesehen sein.





Lokführerseite schräg von hinten:





Lokführerseite schräg von vorne:





Techn.-Daten:

2 x Zweizylinderheißdampftriebwerk mit Heusinger Steuerung und insgesamt 3200 PS.
Geschwindigkeit 140 km/h.
Abschaltung der vorderen Zylinder auf langen Strecken ohne Steigungen, um Betriebsstoffe zu sparen.
Die Zylinderabschaltung wurde später vom Automobilbau teilweise übernommen.


Länge über Puffer: 32 Meter.
Durch die Länge passte die Lok nicht auf eine normale Drehscheibe. Dies war auch nicht relevant, da die Lok vorwärts und rückwärts gleich schnell fuhr. Auf längeren Tunnelstrecken wurde die Rückwärtsfahrt - Tender voraus konnte man nicht sagen – vom Lokpersonal wegen der Rauch- und Dampfentwicklung bevorzugt.



Mittelteil mit Kessel und Führerhaus:

Die Lok wurde mit einem modernen Kessel der BR 01.5 Öl ausgerüstet und mit einer Ölfeuerung versehen. Kessel mit Führerhaus wurden damals in der DDR konstruiert und von dort übernommen.
Sämtliche Leitungen – Steuerung, Bremse, Elektrik und Dampf - wurden unter dem Kessel im Brückenrahmen verlegt. Dort wurde auch noch ein Wassersammeltank zur Beschickung des Kessels eingebaut.
Innerhalb des Rahmens wurde ein geheimnisumwitterter Vorladepumpenrepensator eingebaut.
Er sollte den Dampfdruck erhöhen ohne dabei den Kessel wesentlich zu ändern.
Weiter wurden außen an diesem Rahmen die Dampfausgleichbehälter und große Bremszylinder angebracht.
Über Gestänge wurden die Bremsen der beiden Triebgestelle betätigt.
Das Führerhaus wurde ebenfalls von der BR 01.5 übernommen.




Hinterer Tender:

Als Fahrwerk diente das bewährte Zweizylinderheißdampftriebwerk der BR 38 mit drei Treibachsen. Durch den Raddurchmesser von 175 cm konnten Geschwindigkeiten bis 140 km/h erreicht werden.
Tenderinhalt: 13,5 Tonnen Heizöl und 30 cbm Wasser
Das Tendergehäuse wurde analog zu den Entwicklungen im Dampflokomotivbau gebaut.



Vorderer Tender:

hier wurde ebenfalls das Fahrwerk der bewährten BR 38 mit Zweizylinderheißdampf-triebwerk und drei Treibachsen verwendet.
Auf Strecken ohne nennenswerte Steigungen konnte das vordere Triebwerk zur Einsparung von Betriebsstoffen abgeschaltet werden.
Tenderinhalt: 40 cbm Wasser

Ein Exemplar dieser Lok wurde zu Versuchszwecken gebaut. Sie wurde dann aber nicht von der DB übernommen. Über den Verbleib dieser Maschine kann nur gesagt werden, dass sie mit einer saphirblauen Lackierung in den Privatbesitz der HJS Bahn kam und den historischen Rheingold zog.

Diese Geschichte ist natürlich frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit Institutionen, Sachen oder Personen wäre rein zufällig und nicht beabsichtigt.



Umsetzung ins Modell:

Frei nach Loriot gesagt ist eine Modellbahn ohne Garratt möglich, aber sinnlos.
Also musste wieder eine Garratt gebaut werden, nachdem die erste Eigenbau-Garratt






mein Betriebswerk verlassen hatte.



Zuerst mussten die Teile für die Umsetzung in das Modell besorgt werden.

Dies waren im einzelnen:
Zwei Fahrwerke der Dampflokomotive der Baureihe 38
Zwei Tendergehäuse der Baureihe 01.5 (DDR).

Ein Lokkessel mit Führerhaus der Baureihe 01.5
Diverse Kleinteile aus der Bastelkiste.



Antriebsfahrgestell:

Für den Antrieb habe ich die Idee vom Forumskollegen Mike „Eisenbahndiesel“ aufgegriffen und wegen der Lage des Motors die BR 38 (P von Märklin genommen.

Den Antrieb wollte ich in den hinteren Tender unterbringen, da ich davon ausging, dass ein Motor bei der Zugkraft der BR 38 ausreichen würde.

Die ersten Stellproben mit den beschafften Teilen wurde gemacht.

Angefangen habe ich mit dem Antriebsteil (hinterer Tender)




Am Rahmen mussten einige Teile abgesägt und gefräst werden, damit eine Auflage für das Mittelteil entstand. Vorher wurden sämtliche Steuerungsteile, Kuppelstangen und Vorläufer entfernt.
In Höhe der letzten Treibachse wurde der Dreh- und Auflagepunkt für den mittleren Rahmen festgelegt. Ein 2,5 mm Loch wurde gebohrt und 3 mm Gewinde eingeschnitten.
Mit dem vorderen Teil wurde entsprechend verfahren.





So sah das Antriebsfahrgestell nachher aus:






Vorderes Fahrgestell:




Das vordere Fahrgestell mit Umschalter (analog) wurde auf gleiche Art und Weise bearbeitet und sah dann so aus:





Warum analoger Umschalter?
Bei mir läuft noch alles analog und Dekoder vertragen einfach meinen selbst gebauten Handregler mit Thyristoren nicht.
Auch gibt es Probleme mit dem Umschaltimpuls. Dieser kommt bei meiner Anlage aus einer Spannungsverdoppelungsschaltung, damit die Bocksprünge unterbleiben.
Außerdem sind die Trafos unter dem Stellpult untergebracht und der Umschaltimpuls wird durch einen dreipoligen Druckschalter an die Lok weitergegeben. Gleichzeitig wird der Fahrstrom unterbrochen.
Die zur Beleuchtung eingebauten LED werden durch eine Sperrdiode vor dem Umschalt-Strom geschützt.



Brückenrahmen für die Kesselauflage:



Für die Auflage des Kessels habe ich ein Stück U-förmiges Alu-Profil genommen. Dies wurde entsprechend zu gesägt und gefeilt. Für die Auflagen wurden 3 mm Löcher gebohrt und dann auf die Drehgestelle probeweise befestigt.
Die Nachbildungen am Brückenrahmen wie Leitungen, Kessel usw. wurden aus der Restekiste
genommen.

(Im Hintergrund des Bildes wartet schon die zukünftige Arbeit für die Garratt)




Lackierung:


Rahmen und Kleinteile wurden mit dem Pinsel lackiert. Die Tender und Kessel mit Führerhaus wurden mit der Sprühdose (saphirblau seidenmatt) lackiert.


Sollten noch Fragen sein, dann beantworte ich die gerne.


So, das war es für heute.

Schöne Grüße


Hans (nur echt mit dem Kartäuser)


hajoscho

RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#2 von zeichner ( gelöscht ) , 09.09.2012 16:32

Einfach ein klasse Beitrag! Danke dafür.

Schön, wenn noch etwas Fantasie im (Eisenbahn-) Spiel ist...

Hast Du die erste Garratt verkauft?
Die hat mir in der roten Lackierung noch 'nen Tick besser gefallen.
Sind schon ziemliche Monstermaschinen, aber machen sehr viel her!

Grüßle, Aurel


zeichner

RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#3 von hajoscho ( gelöscht ) , 09.09.2012 16:41

Hallo Aurel,

ja, die erste Garratt wollte unbedingt jemand haben. Also hab ich mir eine neue gebaut.

Grüßle nach Ludwigsburg (Dort habe ich 1966 drei Monate in der Grönerstr? verbracht. Kein Knast, sondern Kaserne)


Hans


hajoscho

RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#4 von Der Ruinenbaumeister , 09.09.2012 21:02

Klasse Arbeit! Die neue Variante gefällt mir noch besser als das alte Modell, da die Drehgestelle weggefallen sind und der Brückenrahmen nun wirklich zwischen den beiden Fahrwerksgruppen hängt. Auch der Kessel der 01.5 ist gut gewählt. Da stimmen die Proportionen.

Ich habe selbst mal eine Garrat aus zwei Fahrgestellen der Baureihe 81 geplant, die dann natürlich eine Nummer kleiner wäre. Jetzt habe ich wieder Lust, sie zu verwirklichen.

Ich denke, jetzt wo Märklin die Motoren vermehrt in den Langkessel und weniger in Stehkessel und Führerhaus einbaut, dürfte die Anzahl der potenziellen Fahrwerksspender größer sein als früher.


Gruß
Clemens

Mein Blog.


 
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RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#5 von Holger_D , 09.09.2012 23:36

Hallo, Hans,

ich finde es großartig, daß Du dieser wohl bedeutendsten Schöpfung des deutschen Lokomotivbaus ein so würdiges Denkmal gesetzt hast!

Das Blau steht der eleganten Maschine fantastisch und meines Erachtens um Welten besser als das spätere, nichtssagende Gelb der frühen Epoche 3 e.

Schade, daß von dieser wunderschönen, leistungsstarken Lok, die sich im Flachland wie im Gebirge bewährte, nur 33 Stück in Serie gebaut wurden! Zugleich einer jener eigenartigen Geschichten, die das Leben schreibt, denn bekanntlich hat die DB die Maschine ja als BR 33 eingruppiert.

Ich weiß gar nicht, was ich mehr bewundern soll - das Vorbild oder Dein so gelungenes Modell?

Jedenfalls verneige ich mich vor Dir und Deiner großen Kunst!

Liebe Grüße

Holger


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RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#6 von schaerra , 10.09.2012 17:13

Hallo Hans,

auch von mir ein dickes Lob. Da hast Du wirklich eine ganz besondere Lok zusammengebaut!


freundliche Grüsse
Helmut Fritz

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RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#7 von eisenbahndiesel , 11.09.2012 09:56

Hallo,

Glückwunsch zu dieser Garratt!!

Freut mich natürlich sehr, wenn Dir meine Umbaubeschreibung auf Basis Baureihe 38 dienlich war.

Meine Garratt, Vorstellung Eisenbahn-Journal Ausgabe Nov. 2009, braucht allerdings viel Öl. Aber dennoch sind diese Garratts immer ein willkommener Blickfang.


Nachdem Du ein Mittelgehäuse der DR-Baureihe 01.5 verwendet hast, würde mich die Bauhöhe der gesamten Lok ab Oberkante Schiene interessieren.


Hinweis für Umbauspezialisten: Nächster Beitrag im Eisenbahn-Journal Ausgabe Okt. 2012


Viele Grüsse, Mike


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RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#8 von Pauline , 11.09.2012 13:02

Hallo, Hans!

Meinen Glückwunsch zum Bau Deiner recht ungewöhnlichen Maschine.
Die Farbe ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber ein Hingucker ist die
Lok in jedem Fall.
Insgesamt ist/sind Dein/e Eigenbau(ten) eine schöne Idee.

Das wär doch was für Christians (bahngarfield) Beitrag ?


Viele Grüße!
Jürgen
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Ich freue mich auf Euren Besuch: http://stummiforum.de/viewtopic.php?f=64&t=63941


 
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RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#9 von hajoscho ( gelöscht ) , 11.09.2012 14:17

Hallo zusammen,

danke für das Lob. Es war wie immer eine Bastelei.

@ Mike:

Die Höhe über SOK ist 52 mm, eine P8 wäre 50 mm. Als in Wirklichkeit ca. 18 cm höher, obwohl sie sehr hoch aussieht.
Auf jeden Fall fährt sie durch alle Radien und alle Dampfloktunnelportale.

Schöne Grüße

Hans


hajoscho

RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#10 von eisenbahndiesel , 11.09.2012 15:08

Hallo Hans,

mit 52 mm Höhe hast Du das super hinbekommen.

Ich könnte mir Deine Garratt auch im Reichsbahnlook für den Rheingold vorstellen oder auch in der Farbgebung der Baureihe 61 für den Henschel-Wegmann-Zug.

Zur Zeit gestalte ich auch die lackierten Flächen mit einem Dark Wash um, so dass Betriebs- und Schmutzspuren erkennbarer werden. Allerdings nicht so stark wie auf manchen Forenbildern. Bei deiner Garratt würde ich die Fahrgestelle und das rote Tragprofil mit Airbrush etwas abschwärzen. Näheres dazu, wie angesprochen, im kommenden Eisenbahn-Journal. Vielleicht findet Du da eine weitere Anregung?

Bei den Platzverhältnissen müsste eine 2-motorige Digitalversion mit Sound machbar sein. Da ich auch im Wechsel mal die alten analogen Loks fahre, können meine bisherigen 2 Garratts mit dem ESU Lok-Pilot auch analog eingesetzt werden. Die elektronische Decoderumschaltung steuert verlässlich die Fahrtrichtung meiner zweimotorigen G38 und G81.

Viel Spass beim Betriebseinsatz wünscht Dir Mike


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RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#11 von Kehrdiannix , 11.09.2012 19:09

Hallo Hans,

sehr schön sind Deine beiden Maschinen geworden! Wenn auch etwas gewähnungsbedürftig ...
Das Blau steht ihr richtig gut - sicher besser als Schwarz oder Gelb.

Wie machst Du das mit modernen Loks? Schmeißt Du immer die Decoder raus und setzt FUs ein?


Gruß,
David



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RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#12 von hajoscho ( gelöscht ) , 11.09.2012 20:06

Hallo David,

wo es möglich ist, baue ich alte FU`s ein und bin bisher sehr zufrieden damit, aber soviele moderne Loks habe ich auch nicht.

Grüße

Hans


hajoscho

RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#13 von Mobahner ( gelöscht ) , 12.09.2012 17:13

Zitat von hajoscho
Geschwindigkeit 140 km/h.


Hallo hajoscho,

das ist definitiv falsch! Du musst die Konstruktionsunterlagen falsch gelesen haben. Denn dort steht eindeutig:

"Die Geschwindigkeit vorwärts wie rückwärts beträgt allerhöchstens fünfzig Kilometer die Stunde."

Macht ja auch Sinn, da die inneren Kuppelradsätze nicht geführt sind! Bei der P8 übernahm das teilweilse der Tender, deswegen u.a. die höhere Geschwindigkeit rückwärts.


Grüße


Mobahner

RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#14 von hajoscho ( gelöscht ) , 13.09.2012 10:05

Hallo Mobahner,

Zitat:

Diese Geschichte ist natürlich frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit Institutionen, Sachen oder Personen wäre rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Schöne Grüße


Hans


hajoscho

RE: HJS Garratt (Zweite Eigenbau Garratt Lokomotive)

#15 von Mobahner ( gelöscht ) , 13.09.2012 12:08

Hallo Hajoscho,

was ich dir sagen wollte war, dass du einfach nur noch ein kleines Führungsradsätzle hinbauen sollst, dann wirkt's auch glaubwürdig (vgl. hiermit).
(Auch wenn dein Triebfahrzeug frei erfunden ist, mein Zitat ist es ja auch. )


Grüße und weiterhin gutes Gelingen rost:


Mobahner

   


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