RE: Einlaufen von Elektromotoren

#1 von Mittelleiter , 28.07.2012 11:26

Hallo,

ich lese immer wieder, dass Modellflieger und Slotcarfahrer ihre neuen Elektromotoren in Wasser einlaufen lassen, so ca. 10 Minuten lang. Dazu wird entweder destilliertes oder Leitungswasser genommen.
Die Motoren sollen dann wesentlich besser laufen, weniger Kollektorfeuer haben da die Kohlen nass eingeschliffen wurden und Wärme sofort abgeführt wurde, der Wirkungsgrad soll auch besser sein. Nach dem Einlaufen den Motor gut trocknen und die Gleitlager ganz leicht ölen. Zum Einlaufen werden meist Spannungen von ca. 3 Volt aus einem Accu verwendet.
Theoretisch müsste das bei Lokomotivmotoren auch sinnvoll sein, vor allen Dingen wegen des geringeren Kollektorfeuers, denn die Decoder mögen das ja nicht.

Hat damit schon jemand Erfahrung gemacht?

Grüße - Wolfgang


 
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RE: Einlaufen von Elektromotoren

#2 von AK_75 , 28.07.2012 11:51

Erfahrungen damit habe ich keine, aber Leitungswasser enthält genug Mineralien um elektrisch gut leitfähig zu sein.
Das gibt mit Sicherheit einen Kurzschluss, der den Akku zerstören dürfte.

Destilliertes Wasser leitet nicht und könnte von daher funktionieren.
Ob die Aktion überhaupt sinnvoll ist, kann ich nicht beurteilen.


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RE: Einlaufen von Elektromotoren

#3 von berndm , 28.07.2012 12:00

Die Kohlen oder Bürsten, die ich bisher gewechselt habe, waren immer schon an den Kollektor in der Form angepasst.
Daher ist ein Einschleifen der Kohlen sinnlos.

Das einzige was sinnvoll sein kann, ist die Loks, wie das von beispielsweise Roco empfohlen wird, ohne Last einzufahren.

Wasser halte ich generell von den Modellen fern.

Außerdem gibt es ja auch bürstenlose Motoren wie der Märklin SoftdriveSinus. Da gibt es kein Einschleifen.


 
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RE: Einlaufen von Elektromotoren

#4 von Heinzi , 28.07.2012 14:29

Da Elektromodellfliegen quasi mein erstes Hobby ist (war) ist mir die Methode bestens bekannt und wurde von mir auch schon angewendet.

Dazu aber erst ein paar erläuternde Worte:

Die Zeit der Bürstenmotore ist im Elektroflug praktisch vorbei. Im Leistungsberich kommen heute fast ausschliesslich Drehstrommoteren nach dem LRK Prinzip zum Einsatz.
(Die drei Buchstaben L R und K stehen für die Namen der drei "Erfinder".)
Die Funktion dieser Motoren ist ähnlich den Sinusmotoren sind aber mechanisch ganz anders aufgebaut. Im gegensatz zu den Sinusmotoren sind sie mehrpoolig und als Aussenläufermotoren aufgebaut. Die mehrpoligkeit reduziert wie ein mech.Getriebe die Drehzahl und das Aussenläuferprinzip garantiert grosse Drehmemente.
Solche Motoren eigenen sich sich infolge der Bauform eher schlechter für den Einsatz in kleinen Lokomotiven.


Zurück zum normalen Bürstenmotor. Die Elektroflieger betrieben diese Motoren fast ausschliesslich im extremem Leistuns-Überlastbereich. Sowohl Strommässig wie auch Spannungsmässig. Solche Motoren mussten entweder sehr gut gekühlt werden oder die Einschaltzeit durfte nur sehr kurz (im Minutenberich ) sein.
Verantwortlich dafür ist die enorme Hitzeentwicklung eben an den Kollektoren. Für die Hitzeentwicklung ist einerseitz der ohmsche Widerstand der Kohlen und Wicklungsdrähte verantwortlich andererseits aber auch die übermässige Funkenbildung.
Die übermässige Funkenbildung hat(e) neben der Hitzeentwicklung auch Einfluss auf die Lebensdauer der Kohlen (und Kollektor) und (wichtig) auch auf die Funkstörungen.

Zur Funkenbildung ist wichtig zu wissen, dass diese auch von der Lage der "Kohlenachse" zur Achse des Magnetfeldes abhängt. Diese liegt nämlich nicht symetrisch, was bedeutet, dass ein ideal eingestellter Elektro(bürsten)motor immer eine Vorzugsdrehrichtung hat.

Noch kurz ein Wort zum Mass der Überlastung der Motoren im Elektroflugbereich:
Bei meinen Elektrosegler liefen die Motoren für einen 30 minütigen Flug lediglich ca 4 bis 5 Minuten. (Steigflug am anfang des Fluges)
D.h nach 25 Minuten waren die Motoren (trotz Kühlung durch den Fahrtwind) immer noch so heiss, dass sie nich berührt werden konnten ohne sich die Finger zu verbrennen. Nicht selten kam es auch vor dass sich Drähte am Kollektor ausgelötet hatten oder die Plastiklager schmolzen und sich verformten.

Man kann sich nun gut vorstellen, dass bei solch extremen Belastungen jedes eingesparte Watt Verlustleistung gut angelegt war.

Dazu gab/gibt es grundsätzlich zwei Methoden.
Je besser die Kohlen auf dem Kollektor aufliegen, je kleiner ist die Funkenbildung. Ein Einlaufen der Elektrobürstenmotore machte daher durchaus sinn. Im Wasser ging das ganze lediglich etwas schneller und einige meinten auch etwas feiner. Da aber die Kohlen nie wirklich spielfrei eingebaut sind, war (ist) es äusserst wichtig, dass die Drehrichtung beim Einlaufen identisch mit der späteren im Flugmodell herschenden Drehrichtung übereinstimmte.

Die zweite Methode, und meist mehr effektivere, war das Verstellen der Bürstenachse passend zur Drehrichtung (und Last).

Im übrigen galt: kühlen, kühlen, kühlen.

Übertragen auf die Modelleisenbahnanwendung lässt sich sagen:
Modelleisenbahnmotoren werden (meist) nicht im Überlastbereich betrieben.
Bei der Modelleisenbahn gibt es (meistens) keine eindeutige (und alleinige) Drehrichtung rep. Fahrtrichtung. Somit machen die beschriebenen Verlustleistungsoptimierenden Massnahmen eigentlich keinen Sinn, zumal diese mehr oder weniger stark Drehrichtungsabhängig sind.
Eine Verbesserung der Fahreigenschaften ist durch ein einlaufen lassen im Wasser gegenüber einem Einfahren auf der Anlage auch kaum zu erwarten. Zumal der Zeitauwand für den Aus- und Einbau ein vielfaches der Einlaufzeit auf der Anlage betragen dürfte, und ganz nebenbei vermutlich auch die Gewährleistung des Herstellers sofort erloschen sein dürfte.


Gruss Heinzi
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RE: Einlaufen von Elektromotoren

#5 von SAH , 28.07.2012 21:00

Guten Abend Wolfgang,

in der Modellbahn gibt es drei verschiedene Motortypen, die unterschiedlich eingefahren werden sollten:
a) bürstenlose Motoren vom Typ Sinus: Einfahren lediglich um ggf. die Schmierstoffe im Getriebe besser zu verteilen.
b) Stromwendermotoren vom Typ Glockenanker: diese sind meistens ab Werk eingefahren und benötigen normalerweise wie die bürstenlosen Motoren kaum ein Einfahren (obwohl ich zwei Gegenbeispiele erfahren ,,durfte").
c) Stromwendermotoren vom ,,normalen" Typ (d.h. mit austauschbaren Bürsten) wie Märklin, Fleischmann alt,....
diese sollten je nach Typ (Scheibenkollektor 15-30 Minuten; Trommelkollektor 30-45 Minuten eingefahren werden bei mittlerer Geschwindigkeit ohne Last jeweil in beide Richtungen. Ggf. sind die Drehbewegungselemente (Läuferwelle, Zahnräder, Schnecken,....) abzuschmieren.

mit freundlichen Grüße,
Stephan-Alexander Heyn


Stephan-Alexander Heyn
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RE: Einlaufen von Elektromotoren

#6 von avronaut ( gelöscht ) , 29.07.2012 12:25

Hallo,

ich habe auch viele Jahre Erfahrung mit Elektromotoren durch Flugmodellbau und schließe mich Heinzis Ausführung an mit folgender Ergänzung:

Das Anpassen der Kohlen ist schon deshalb sinnlos, weil die Kollektoren der alten Motoren zu unpräzise konstruiert/gefertigt sind. Das ist auch der Hauptgrund für den vergleichsweise hohen Kohlenverschleiß.
Von den zunehmend verbauten Industriemotoren kann man eine vielfach längere Lebensdauer erwarten. Wechselbare Kohlen sind deshalb nicht erforderlich, zumal man sich damit meist eine unpräzise Führung der Kohlen einhandelt. Durch die Drehrichtungswechsel nehmen unpräzise geführte Kohlen immer wieder andere Stellungen zum Kollektor ein. Das fördert Verschleiß und Bürstenfeuer.

Nebenbei muss ja nicht nur der Motor einlaufen, sondern auch das Getriebe. Also dürfte das übliche Einlaufen lassen der ganzen Lok am sinnvollsten sein. Wichtig ist bei der Wartung ist vor allen Dingen, dass kein Schmiermittel auf den Kollektor gelangt. Industriemotoren braucht man eigentlich gar nicht zu schmieren und kann sich auf das Lokgetriebe beschränken.

Gruß Uli


avronaut

   


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