RE: Märklin Weinwagen 48754 (Baden) realistisch?

#1 von KBayStsB ( gelöscht ) , 05.01.2011 12:59

Ein frohes, neues Jahr noch allerseits!

Ich habe gerade in der hier im Forum vorgestellten Datenbank http://www.kbaystsb.com unter "Baden->Märklin" einen "Weinwagen" entdeckt, den ich nicht so recht einordnen kann. Mich würde einmal Eure Meinung dazu interessieren, ob es sich hier um ein einigermaßen glaubwürdiges Modell oder um ein reines Phantasieprodukt von Märklin handelt.

Es geht um die Artikelnummer 48754:
Gedeckterwagen
I
Baden
1915
502 632 P
BrH Robert Metzger Insider 1999
1999
Zahlreiche Abbildungen des Wagens findet man in einem bekannten Internetauktionshaus durch Eingabe von "Märklin 48754".

1.) Ist dieser Wagentyp mit der Beschriftung "Baden" verträglich, handelt es sich hier nicht um einen G10 Kassel der DRG/DRB? Gab es schon Güterwagen mit Tonnendach und unten stehendem Bremserhaus in der Länderbahnzeit?
2.) Ist eine Beschriftung "Baden" mit der gleichzeitigen Beschriftung "Koenigl. Preuss. Hofspediteure Triest" zu vereinbaren?
3.) Sind geschlossene Güterwagen aus der Länderbahnzeit bekannt, die derart große Holzfässer im Inneren hatten? Ich gehe davon aus, diese müssten fest montiert sein, da sie nicht durch die Laderaumtüren passen dürften.

Ich bin gespannt auf Eure Einschätzungen!

Viele Grüße,
Steffen


KBayStsB

RE: Märklin Weinwagen 48754 (Baden) realistisch?

#2 von antiquarius ( gelöscht ) , 05.01.2011 16:29

Hallo Steffen,

weil ich im Moment nicht an irgendwelche gedruckten Nachschlagemöglichkeiten komme (bin selbständig & im Büro), kann ich wirklich nur schätzen:

Der Wagen ist m.E. tatsächlich anachronistisch, weil er ein Gr20 Kassel der Reichsbahn ist; tatsächlich gab es aber die sog. "Hohlglaswagen" der Verbandsbauart in der Länderbahnzeit, wohl ursprünglich sächsischer Bauart; die hatten Tonnendach und stehendes Bremserhaus, waren aber viel länger als das Vorbild des Märklin-Modells. Es gab (auch hinsichtlich der Länge) durchaus ähnliche Weinwagen mit solch großén Fässern unterm Tonnendach (hab ich sogar auf Fotos gesehen) - ich kann aber nicht sagen, ob sie aus Länderbahnzeiten stammen oder einer späteren Epoche zugehören. Das Foto, an das ich denke, zeigte eine Szene aus den 50er Jahren. Nach meiner Einschätzung ist das Märklin-Modell weitgehend nicht authentisch, hat aber durchaus mit der historischen Wirklichkeit zu tun. Die "Baden"-Beschriftung allerdings...

Gruß, Jürgen

Jetzt ist es Abend, ich hab nachschauen können und muss mich ein wenig korrigieren: Bei Behrends/Hensel/Wiedau: Güterwagen deutscher Eisenbahnen / Länderbahnen und DRG (EFA 7.1) findet man auf S.139 einen badischen Weinwagen, der von den Proportionen und dem Bremserhaus her dem Märklin-Moell ähnlich ist. Die Seitenwände und die Ausstattung des Tonnendachs sind allerdings sehr anders... der daneben abgebildete Weinwagen, der ein entsprechendes Fahrzeug ohne Umkleidung der Fässer darstellt, ist übrigens das Vorbild des Märklin-Weinwagens 4432 "Oberrhein. Weininteressenten Actien Gesellsch. Rosheim" - das Märklinmodell war in diesem Fall allerdings viel zu lang. Also: Sowas hat es in Länderbahnzeiten gegeben, aber eben anders.


antiquarius

RE: Märklin Weinwagen 48754 (Baden) realistisch?

#3 von träumix , 07.01.2011 10:57

Hallo Steffen und Jürgen,

zum Ende der Länderbahnzeit, ab etwa 1910, gab es geschlossene Weinfasswagen mit Tonnendach, ähnlich einem G20. Sie hatten einen Achsabstand von 3 - 4,5m und die Grundfarbe weiss mit den Eigentümeraufschriften. Es waren fast alles Privatwagen, eingestellt bei den jeweiligen Länderbahndirektionen.
In diese Wagen waren zwei Fässer längs zur Fahrtrichtung, oder drei quer, fest eingebaut. Sie wurden über das Dach Be- und Endladen. Darum waren sie mit Leitern, Laufstegen und Einfüllluken auf dem Dach, ausgerüstet. Es gab, der Länderbahn entsprechend kein einheitliches Aussehen. So tummelten sich umgebaute Güterwagen, nebst speziell angefertigten geschlossenen Weinfasswagen. Vor allem die neugebauten hatten keine Beladungs- und Endlüftungsklappen. Der kurioseste dürfte ein G10 mit Bremserhaus, Leitern und Tonnendach gewesen sein.
Die Maschinenfabrik Esslingen baute auch einen Weifasswagen in der Größe eines G20. Er unterschied sich zudem von einem G20, durch einfache Bretterverkleidung, zwei Türen mit Scharnieren und einem anderst geformten Dach, . Vermutlich der Wagen, von dem Jürgen eine Abblidung besitzt.
Zum Ende der Länderbahnzeit tauchte der klasische G10 als Weinfasswagen auf, allerdings mit Leitern.

Erst zur Zeit der DRG/DR entfallen die Leitern, Laufstege und Luken. Die Wagen sind nur noch durch ihre Kennzeichnung als Weinfasswagen zu erkennen.

Vor Jahren gab es einen Bananenwagen von Fleischmann, mit dem Aussehen eines G20, noch ohne diagonal Verstrebungen, Belüftungs- und Endladeklappen. Diese Ausführung mit Leitern,usw, würde eher in die Länderbahnzeit passen.

mit grüßen georg


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RE: Märklin Weinwagen 48754 (Baden) realistisch?

#4 von Wouters , 08.01.2011 14:01

Hallo in die Runde,

für alle Weinwageninteressierten empfehle ich das Eisenbahnjournal 4/2005 -7/2005 - da gab es eine sehr interessante vierteilige Serie zum Thema.

In Heft 4/2005 ist auf Seite 49 ein Wagen von Robert Metzger abgebildet, der - sagen wir mal - ähnlich beschriftet ist wie besagtes Modell. Abgesehen davon handelt es sich bei dem Wagen um ein 1913 nach schweizer Vorbild von der Waggonfabrik Rastatt gebautes Modell. Ähnlich wie das Märklinmodell ist der Wagen, ja, aber bei weitem handelt es sich dabei nicht um einen G20.

Den gab es aber beim Vorbild UND im Modell aber sehr wohl als Weinwagen. Die WEKAWE hatte entsprechende Wagen in ihrem Fuhrpark mit eingebauten Fässern und entsprechender Beschriftung (FOTO: EJ 5/2005, Seite 50 und 6/2205, Seite 52). Märklin hat diesen Wagen nachgebildet - er war Teil der Wagenpackung 48801.

Dennoch finde ich - seht mir das nach - den angesprochenen Länderbahnwagen BADEN sehr schön.

Viele Grüße, Frédéric


Wouters  
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RE: Märklin Weinwagen 48754 (Baden) realistisch?

#5 von KBayStsB ( gelöscht ) , 12.01.2011 06:39

Hallo Jürgen, Georg und Frédéric!

Vielen Dank für Eure aufschlussreichen Antworten. Ich habe diese zum Anlass genommen, mir mal so einen nunmehr "nur nicht ganz echten" Weinwagen anzuschaffen und mir die entsprechenden Artikel im Eisenbahnjournal zu besorgen. Das erwähnte Buch von Behrends/Hensel/Wiedau gibt es ja leider nicht mehr.

Jetzt müsste Märklin nur auch mal eine badische Güterzuglok rausbringen ...

Viele Grüße,
Steffen


KBayStsB

   


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