Eine kurze Sicht auf die Entwicklung der elektrischen S-Bahn, illustriert durch Modelle.
Nach den Schnellbahnversuchen auf der Militärbahn Marienfelde - Zossen bekam die Union-Electricitäts-Gesellschaft UEG die Genehmigung, ab Juli 1903 die Strecke vom Potsdamer Vorortbahnhof nach Groß Lichterfelde Ost mit 550 Volt Gleichspannung zu betreiben. Verwendet wurde eine von oben bestrichene Stromschiene, analog den Kleinprofilstrecken der Hoch- und Untergrundbahn in Berlin. Die Fahrzeuge entsprachen wagenbaulich den bekannten Abteilwagen preußischer Bauart, die Triebwagen hatten die Achsfolge Bo'2', waren anfangs reinklassig und nur steuerstromseitig gekuppelt.
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Der Versuchsbetrieb war überaus erfolgreich und zuverlässig und dürfte bei der Entscheidung für einen gleichstrombetriebenen S-Bahnbetrieb in Berlin Einfluß gehabt haben.
Es verkehrten anfangs Triebwagenpärchen, später Doppelpärchen und bei Bedarf wurden normale preußische Dreiachser als Beiwagen eingestellt. Bereits im ersten Weltkrieg stieg der Verkehr so an, daß ein gemischter Betrieb durch Einlegen von Dampfzügen eingeführt werden mußte. Von diesem Mischbetrieb kam die Versuchstrecke auch nach Kriegsende nicht wieder weg. Angesichts der bevorstehenden Umstellung der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen auf das heute bekannte System wurde die Beschaffung neuer Triebwagen abgelehnt.
Die Fahrzeuge wurden nach der Betriebsteinstellung im Jahre 1929 umgebaut. Einige Wagen wurden zu Steuer- und Beiwagen für den elektrischen Betrieb in Schlesien umgebaut und den späteren ET 88 beigegeben.
Von August 1903 bis 1905 fand ein Versuchbetrieb auf der Strecke Spindlersfeld – Johannistal statt, dessen Betriebreife zur Elektrifizierung der Hamburger S-Bahn ab 1907 führte. Gebaut wurden kurzgekuppelte Doppelttriebwagen der Achsfolge 2'1 (AEG) bzw. Trieb- und Steuerwagen (Siemens). Die Triebwagen lehnten sich wagenbaulich an die damals üblichen Oberlicht-Abteilwagen an. Die erste Bauserie von 1907 erkennt man an den eng beieinanderliegen Dachstromabnehmern.
Als die Fahrgastzahlen anstiegen, wurde 1909/1910 die zweite Serie aufgelegt, sie entsprach äußerlich wagenbaulich weitgehend der ersten, auffällige Unterschiede sind die Dachausrüstung sowie die größeren Fenster.
Nach mehreren Umbauten wurden die eigentlich nur für eine 5- bis 7-jährige Nutzdauer gebauten Fahrzeuge zum Teil schon in den 20ern ausgemustert, die umgebauten Triebwagen aber länger genutzt und einige Fahrzeuge erlebten noch die Einstellung des Wechselstrombetriebes 1955.
Der erfolgreiche Betrieb veranlaßte die Preußisch-Hessischen Staatseisenbahnen 1912, die Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen in Berlin mit Wechselstrom zu elektrifizieren. Im Gegensatz zu Hamburg wollte die ED Berlin die mehreren hundert dreiachsigen Abteilwagen nicht ersetzen sondern weiterverwenden. Die SSW boten zwei Varianten an, einmal Triebwagen nach Hamburger Vorbild mit dazwischen gekuppelten Stadtbahnwagen und vierachsige Triebwagen mit dazwischen eingestellten Doppelpärchen. Die AEG konterte mit einem Konzept, bei dem die bisherige Dampflok durch ein geeignetes elektrisches Triebgestell ersetzt werden sollte, der Führerstand sollte in den umgebauten Abteilwagen sein. Diese Konzept gefiel der ED Berlin besser, versuchsweise wurden zwei Antriegsgestelle aus der Serie der späteren E 71 entnommen und umgebaut. Auch die Wagen wurden angepaßt, es gab Führerstandswagen mit Dachstromabnehmern und reine Steuerwagen, alle auf Basis der dreiachsigen Abteilwagen.
Später wurde ein verstärktes Triebgestell EB 3 geliefert, welches einen eigenen Stromabnehmer trug.
Der SSW-Vorschlag wurde auch umgesetzt. Die an Hamburg erinnernden Triebwagen wurden ohne elektrische Ausrüstung geliefert und lauftechnisch erprobt,
als Triebwagen mit elektrischer Ausrüstung wurden zunächst zwei der geplanten Vierachser geliefert, obwohl die ED eindeutig die Triebgestelle bevorzugte.
Kriegsbedingt kam einiges anders als geplant. Die Triebgestell-Züge kamen 1916 nach Einstellung der Versuchsfahrten in Mitteldeutschland nach Schlesien und waren im Gebirge überfordert. Die vierachsigen Triebwagen wurden durch kriegsbedingte Verzögerungen bedingt erst 1920 geliefert.
Schon 1921 wurde die Elektrifizierung in Berlin mit Wechselstrom verworfen. Ursache für dieses Umdenken waren einerseits die guten Erfahrungen mit der seitlichen Stromschiene in Lichterfelde aber auch die Erfolge bei der Hoch- und Untergrundbahn. Wichtigstes Argument war aber der hoffnungslos abgewirtschaftete Wagenpark. Außerdem waren selbsttätig schließende Schiebetüren technisch nun möglich, was eine Verbreiterung der Wagenkästen möglich machte. Dier ersten Bauarten der Berliner S-Bahn, die Bauart Oranienburg, hatte noch Triebwagen mit zweiachsigen Zwischenwagen und erinnert damit an das SSW-Konzept. Die Bauart Stadbahn dann war der große Wurf und das Prinzip gilt bis heute. Hier gibt es Modelle z.B. von Lima, Primex und Woytnik.
Doch was geschah mit den Versuchsfahrzeugen? Aus den Triebgestellen EB 1 und EB 2 baute man die E 71 28, das EB 3 wurde als Tauschgestell vorgehalten. Die vierachsigen Triebwagen und verblieben in Schlesien, 1941 wurden sie in ET 88 01 bis 04 umgenummert. Die angepaßten C3 und B3 wurden in den 20er und 30er Jahren wieder in den normalen Reisezugwagen überstellt, zu Beiwagen des ET 87 umgebaut, oder ausgemustert. Aus den angearbeiten Triebgestellen EB 4ff wurden die E 42.1 und E 42.2 gebaut.
Die dreiachsigen „Triebwagen“ der SSW wurden zu zwei Steuerwagen umgebaut, Reste eines der 2'1-Wagen stand vor 20 Jahren als Bahndienstwagen in Schlesien.
http://www.elektrolok.de/xU/u44.htm
Andreas
Tante Edit:
Material UEG.Triebwagen Liliput uralt, Hamburger S-Bahn ebenfalls mit Teilen von Roco, Triebgestelle aus Teile der E 71 von Roco, Bei- Und Steuerwagen von Märklin, ET 88 ebenfalls aus Märklin-Wagenkästen, Fahwerk ist Eigenbau mit Teilen von Gützold, die E 42.2 hat Triebgestelle der E 71 von Roco.