Hallo liebe Stummis!
Ich möchte euch ein Konzept für ein - meiner bescheidenen Meinung nach - realistisches Rangierspiel vorstellen: Das 2-4-7 Layout. Die Zahlen stehen für:
- 2 Weichen
- 4 Ladestellen
- 7 Waggons
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Auf der anderen Seite der Weiche(n) befindet sich das Ziehgleis. Es bietet platz für 3 Waggons und die Lokomotive. Doch zurück zur Gleisharfe. Sehen wir uns die einzelnen Ladestellen an:
Am rechten Ende des unteren Gleises befindet sich Ladestelle 4, wie alle anderen Ladestellen auch, ist sie für einen einzelnen Waggon ausgelegt. Somit bleiben zwei Wagenlängen Platz, um hier während des Rangierens bis zu zwei Waggons kurzfristig abzustellen.
Das mittlere Gleis ist je nach Konzept, entweder das durchgehende Hauptgleis oder einfach nur das Aufstell- und Sortiergleis. Hier gibt es keine Ladestellen.
Das obere Gleis hat drei Ladestellen. Zuerst einmal Ladestelle 3. Diese wird mit einem einzelnen Waggon bedient. Direkt dahinter befindet sich das Lagerhaus, das über zwei Ladestellen verfügt. Eine für den Wareneingang, eine für den Warenausgang. Das besondere am Lagerhaus ist, dass hier Waggons nicht nur zugestellt oder abgeholt werden, es gibt auch noch einen speziellen Vorgang: der entladene Waggon vom Wareneingang soll zur Beladung an den Warenausgang rangiert werden.
Das Setup
Zuerst wird an jede Ladestelle ein passender Waggon gestellt. An die beiden Ladestellen vom Lagerhaus kommen natürlich Boxcars / gedeckte Güterwagen, bei denen lässt sich am plausibelsten erklären, dass hier der entladene Waggon gleich wieder, ohne Reinigung mit einer anderen Ware wieder beladen wird. Für die beiden anderen Ladestellen kann der Waggontyp frei gewählt werden, ich empfehle aber, für diese beiden Ladestellen einen eigenen Waggontyp zu wählen, z.B. Kühlwagen und offene Wagen wie ein Ean(n)os, damit man dann im Rangierspiel leichter den Überblick bewahrt, welche Waggon wohin gehört. Für die weiteren Erklärungen gehe ich von folgenden drei Waggontypen aus: Gedeckter Güterwagen / Boxcar, Staubgutsilowagen / Airslide Hopper und Kesselwagen / Tanker. Ich werde die englischen Begriffe nutzen, da diese kürzer sind.
Am Ziehgleis wird der ankommende Güterzug platziert: eine Lok schiebt drei Waggons. Einen von jedem Typ. Wenn noch kein Rollmaterial auf der Anlage steht, dann kann die Reihenfolge der Waggons mit einem Würfel bestimmt werden:
1 | Tanker | Hopper | Boxcar |
2 | Tanker | Boxcar | Hopper |
3 | Hopper | Tanker | Boxcar |
4 | Hopper | Boxcar | Tanker |
5 | Boxcar | Tanker | Hopper |
6 | Boxcar | Hopper | Tanker |
Steht der im letzten Spiel abgefahrene Zug noch auf der Anlage, wird einfach dieser in der nächsten Session als ankommender Zug recyclet. Dadurch ergibt sich ein ewiges Rangierspiel, bei dem nach einer Session kein weiteres Setup mehr notwendig ist, um die nächste zu beginnen.
Das eigentliche Rangierspiel
Nun wird mit drei Würfeln ermittelt, was an diesem Industrieanschluss zu tun ist. Für jede Ladestelle kann dies sein: der schon vorhandene Waggon bleibt noch eine Weile hier oder der Waggon wird abgeholt und stattdessen wird ein Waggon vom gleichen Typ an dieser Ladestelle abgestellt. Beim Lagerhaus Inbound gibt es noch die zusätzliche Möglichkeit, dass der dortige Waggon bereits entladen ist, aber anstatt abtransportiert soll er beim Lagerhaus Outbound platziert werden, um mit Fertigprodukten beladen zu werden.
3W6 | Silo | Tanks | Lage inbound | Lager outbound |
---|---|---|---|---|
3 | Tauschen | - | - | - |
4 | - | - | Tauschen | - |
5 | Tauschen | Tauschen | - | - |
6 | - | Tauschen | - | Tauschen |
7 | Tauschen | - | - | Tauschen |
8 | Tauschen | - | Zustellen / Lager outbound | Abholen |
9 | Tauschen | Tauschen | - | Tauschen |
10 | Tauschen | Tauschen | Zustellen / Lager outbound * | Abholen |
11 | Tauschen | Tauschen | Zustellen / Lager outbound * | Abholen |
12 | Tauschen | Tauschen | Tauschen | - |
13 | - | Tauschen | Zustellen / Lager outbound * | Abholen |
14 | Tauschen | - | Tauschen | - |
15 | - | - | Zustellen / Lager outbound * | Abholen |
16 | - | Tauschen | Tauschen | - |
17 | - | - | - | Tauschen |
18 | - | Tauschen | - | - |
* der passende mitgebrachte Waggon wird an diese Ladestelle zugestellt, der dort wartende Waggon wird an der Ladestelle Lager outbound platziert.
Die Tabelle ist so konzipiert, dass die rangierintensivsten Aufgaben am häufigsten ermittelt werden. Aber auch das Tauschen einzelner Waggons an den leicht zugänglichen Ladestellen 3 und 4 kann schon einige Minuten in Anspruch nehmen, vor allem wenn man noch eine Reihenfolge der Waggons für die Abfahrt festlegt. Insgesamt gibt es 15 verschiedene Aufgabenliste, kombiniert mit den 6 verschiedenen Möglichkeiten, wie der ankommende Zug zusammengestellt ist, sind das 90 unterschiedliche Kombination. Wem das nicht reicht, der würfelt auch die Reihenfolge der Waggons für den abfahrenden Zug aus, dann kommen wir auf 540 Kombinationen.
Mögliche Varianten
1-2-4 Layout
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Dies ist die minimalistische Version des 2-4-7 Layouts. Die Zahlen stehen hier für:
- 1 Weiche
- 2 Ladestellen
- 4 Waggons
W6 | Ladestelle 1 | Ladestelle 2 | Wagenreihenfolge |
---|---|---|---|
1 | - | Tauschen | Boxcar - Tanker |
2 | Tauschen | - | Boxcar - Tanker |
3 | Tauschen | Tauschen | Boxcar - Tanker |
4 | - | Tauschen | Tanker - Boxcar |
5 | Tauschen | - | Tanker - Boxcar |
6 | Tauschen | Tauschen | Tanker - Boxcar |
Diese Konfiguration macht fast genauso viel Spaß wie das 2-4-7 Layout, bietet aber schon deutlich weniger Kombinationen (12, mit Berücksichtigung von Wagenreihenfolge bei ankommendem und abfahrendem Zug).
Der Betriebsablauf des 1-2-4 Layouts kann natürlich auch auf dem 2-4-7 Layout nachgestellt werden, zum Beispiel als Anfängerlevel für Kinder oder nicht modellbahnaffine Gäste. Das dritte Gleis denkt man sich entweder weg oder blockiert es mit Waggons.
Das 2-2-4+P Layout
Beim 2-2-4+P Layout wird die dreigleisige Harfe des 2-4-7 Layouts gebaut, aber der Betrieb des 1-2-4 Layouts mit nur zwei Ladestellen dargestellt. Das dritte Gleis erhält nun einen Bahnsteig und wird für Rangierfahrten gesperrt. Man könnte sich das so vorstellen: eine Nebenbahn endet eigentlich in Neustadt, aber die Gleise gehen noch ein paar Kilometer weiter bis zu diesem Industrienanschluss. Zu den Schichtwechseln des Betriebs werden aber die Personenzüge zu diesem Bahnhof Neustadt (Fabrik) weitergeführt. Praktisch für die Angestellten des Betriebs und der dafür genutzte Triebwagen (Schienenbus, DB 628, ÖBB 5047/5147 oder Desiro) stehen nicht im eigentlichen Bahnhof im Weg, bis sie wieder die Rückreise antreten.
Diese Variante eignet sich daher für all jene, die nicht ganz auf Personenverkehr verzichten wollen. Und auch wenn das dritte Gleis so gestaltet ist, dass es nicht für den Güterverkehr gedacht ist, kann man ja trotzdem mal den Betrieb des 2-4-7 Layouts nachspielen. Für diese Variante würde ich aber sehr stark empfehlen, noch einen Fiddleyard hinzuzufügen, die die restliche Bahnstrecke simulieren und wo die beiden Züge (Personentriebwagen und Güterzug) auf ihren Einsatz warten. (siehe Abschnitt Erweiterungen)
Inglenook Sidings
Dieses Konzept hab ich entworfen, um meinem größten Problem mit Alan Wrights Inglenook Sidings entgegen zu wirken: dem Vorwurf, der Betrieb auf den Sidings wäre nicht realistisch. Dennoch kann auf der Anlage genookt werden, wenn man die Lust dazu verspürt. Es gibt aber ein kleines Problem dabei: Beim 2-4-7 Layout sind alle drei Gleise der Harfe gleich lang (3 Waggons). Bei den Inglenook Sidings ist aber ein Gleis deutlich länger. Im minimalistischen Inglenook Konzept gibt es ein Gleis mit Platz für 3 Waggons und 2 Gleise mit einer Kapazität von 2 Waggons. Dieses Problem ist aber mit aufsteckbaren Prellböcken schnell gelöst.
Wer lieber die klassischen 5-3-3 Sidings spielen möchte, auch das ist mit dem 2-4-7 Layout möglich. Zumindest wenn man sein Layout für längere Waggons konzipiert hat. In diesem Fall nimmt man zum Nooken einfach kürzere Waggons. Z.B. Vierachser für den 2-4-7 Betrieb und Zweiachser für ein 5-3-3 Inglenook Spiel.
Mögliche Erweiterungen
Das 2-4-7 Layout wurde entwickelt, um auch auf sehr kleinem Platz, z.B. auf einem Sideboard interessanten Betrieb zu ermöglichen. Wer aber mehr Platz hat, der kann das Layout natürlich noch um weitere Betriebsstellen sowie freie Strecke erweitern. Grundsätzlich kann das Layout in beide Richtungen weitergeführt werden, bei der 1-2-4+P Variante würde ich aber die Erweiterung entweder auf der der Gleisharfe abgewandten Seite anbringen oder die Erweiterung vom unteren Gleis aus fortführen, um beim Personenverkehr Sägefahrten zu vermeiden. Die Güterzüge würden dann über das untere Gleis einfahren bis zum Ziehgleis und dann auf dem oberen und mittleren Gleis rangieren.
Was bei einer Erweiterung zu beachten ist: entweder das Ziehgleis oder eines der Harfengleise wird dadurch länger als die drei Wagenlängen. U, die Parameter des Rangierspiels dennoch zu bewahren, wird einfach eine Halt für Rangierfahrten Tafel angebracht oder ein Bahnübergang, für den die Betriebsvorschrift vorsieht, dass er nur zur An- und Abfahrt überquert werden darf, um die querende Straße während des Rangierens nicht unnötig lange zu blockieren.
Mögliche Betriebsstellen an der Erweiterung wären:
- Ein Bahnhof. Hier kann nicht nur Personenverkehr stattfinden, der Güterzug, der den Industrieanschluss bedient kann hier auch umsetzen. Je nachdem an welcher Seite der Rangieranlage sich der Bahnhof befindet, vor oder nach dem Rangieren im Anschluss.
- Ein weiterer Industrienanschluss. Vorzugsweise einer, der eine der Waren des 2-4-7 Betriebs herstellt oder empfängt. In diesem Fall kann der zweite Betrieb sehr einfach in das Ewige Rangierspiel integriert werden.
- Ein Yard / Rangierbahnhof. Hier wird der Zug für den Industriebetrieb zusammengestellt und der zurück kehrende Zug wird hier zerlegt um die einzelnen Waggons für ihre neuen Einsätze zusammenzustellen. Der Yard kann auch Behandlungsanlagen für die Loks (Besandung, Wasserturm, Dieseltankstelle, Lokschuppen) für die Rangierlok bereit stellen.
- Ein Fiddle Yard. Auf diesem - meist nicht ausgestalteten - Bereich können Züge kurzfristig geparkt werden. Gedanklich stellen sie dann die restliche Bahnstrecke dar. Ein Fiddle Yard ist besonders dann interessant, wenn mehr als ein Zug zum Einsatz kommt. Zum Beispiel der Personenzug für das 1-2-4+P Layout oder ein zweiter Güterzug der den zweiten Anschluss bedient.
- Ein Interchange. Hier werden Güterwagen zwischen unterschiedlichen Bahngesellschaften ausgetauscht.
Und wie realistisch ist das Ganze?
Nun, es werden nach logischen Gesichtspunkten Waggons an den einzelnen Ladestellen platziert. Die gedeckten Güterwagen kommen eben immer zum Lagerhaus und die Kesselwagen immer zu den Flüssigtanks.
* Wahrscheinlich viel zu viel Betriebsaufwand für eine so kleine Industrie, die von ihren Rohstoffen immer nur eine Wagenladung geliefert bekommt. Zumindest in späteren Epochen. Aber wärs realistisch, wenn es 4 Wagenladungen wären? Und: die Epoche 6 bringt ja auch in Europa nun kleine, private, regional agierende Eisenbahngesellschaften, wie es sie in den USA immer schon gegeben hat und auch heute noch gibt.
* Im Idealfall wären wohl alle Gleise deutlich länger um den Rangieraufwand minimal zu halten. Es handelt sich bei diesem Layout aber um ein Rangierspiel, das auch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen darf. Und ich sage mal: auch in der echten Welt steht Platz nicht unendlich zur Verfügung. Vielleicht ist das Transportaufkommen des Betriebs in den letzten Jahren gewachsen und irgendwann wird er eine neue Fabrik errichten, die dann auch leichter zu bedienen ist (oder auf LKWs umstellt). Aber bis dahin muss eben mit dem vorhandenen Platz gearbeitet werden.
* Ist eine Anordnung in der Gleisharfe: oben Ladestelle, mittleres Gleis = durchgehende Bahnstrecke unteres Gleis = Ladestelle des gleichen Betriebs realistisch? Ich sag mal ja, wenn die Ladestelle am unteren Gleis erst später dazukam. Aber zur Not gehört die Ladestelle eben zu einem anderen Betrieb.
* Was haltet ihr von dem Vorgang, dass der entladene Waggon zur Beladung zu einem anderen Tor des gleichen Betriebs rangiert wird? Kommt das in Echt vor, oder wäre es effizienter, einfach einen leeren Waggon zusätzlich in beiden Richtungen mitzunehmen?
* Ist es realistisch, dass bei der Rückfahrt eine bestimmte Wagenreihenfolge vorgegeben ist? Oder würde man sich darum erst im nächsten Bahnhof / Yard kümmern?
Erfahrungsbericht
Ich habe aktuell ein solches Layout in H0 auf einem 183cm (6 Fuß) langem Sideboard lose aufgebaut. Ich verwende meist amerikanische Güterwagen mit einer Vorbildlänge von 50 Fuß. Im Modell sind das ca. 18cm, etwa genauso lang sind moderne europäische Güterwagen wie Eanos, vierachsige Kesselwagen oder zweiachsige Schiebewandswagen. Somit kann ich leicht zwischen amerikanischem und europäischem Rollmaterial wechseln. Mir macht das ganze sehr viel Spaß und ich spiele fast jeden Tag mindestens eine Session. Und das schon seit Monaten. Ich überlege auch das Layout als permanente, gestaltete Anlage zu realisieren. Sollte der Platz dann doch mal anders genutzt werden sollen, dann sollte eine 183 x 40cm Anlage auch noch ohne fremde Hilfe in der Abstellkammer verstaut werden können.
Ok, soviel dazu mal von mir. Jetzt seid ihr dran. Mich würde eure Meinung zu diesem Konzept interessieren. Was immer euch dazu einfällt, ich freu mich darüber, aber ganz speziell interessiert mich:
-) Findet ihr das Konzept als Rangierspiel interessant?
-) Für wie vorbildnah haltet ihr das Konzept?
Ich danke schon mal für euer Feedback, euer Chris