Hallo.
Vorweg, es geht um einen Tagesausflug, den ich gestern mit öffentlichen Verkehrsmitteln unter ausschließlicher Nutzung des 9€ Tickets gemacht habe. Eigentlich wollte ich, wie viele andere auch nach Sylt. Doch das schlechte Wetter hat mich dazu veranlasst, mein Ziel kurzfristig zu ändern. Statt an die Nordsee ging es eben an die Ostsee, genauer nach Kühlungsborn. Da war das Wetter einfach viel besser, fast 10° mehr Temperatur und trocken mit gelegentlichem Sonnenschein. Auf Sylt war es saukalt und hat den ganzen Tag geregnet, oft als unangenehmer Nieselregen. Dazu ein kräftiger Wind. Da fiel die Entscheidung nicht sonderlich schwer. Ist beim 9€ Ticket ja alles kein Problem. Das gilt ja überall in Deutschland. Als "Bonus" ist der letzte Abschnitt der Strecke mit der Mecklenburger Bäderbahn, kurz Molli genannt. Die Züge dort fahren auf schmaler Spur und werden mit Dampfloks bespannt. Trotzdem ist das keine Museumsbahn sondern ein regulärer Nahverkehrsbetrieb und deswegen ganz normal mit dem 9€ Ticket zu benutzen. Dort ist z.B. die neueste Dampflok Deutschlands im Einsatz, ein Neubau aus dem Jahr 2008, also 50 Jahre nachdem die letzte Dampflok der DB gebaut wurde...
Bin, wie man merkt, heile wieder zurück von dem Abenteuertrip "9€ Ticket Fernreise". Bilder und Videos gibt es später, muss ich erst aufarbeiten.
Die Fahrt gestern mit ihren vielen Umstiegen war durchaus abenteuerlich. Im Allgemeinen waren die Züge wohl etwas voller als ohne 9€ Ticket. Ich wäre ohne 9€ Ticket gestern ja auch nicht unterwegs gewesen. Start und Ziel war in Diepholz im südwestlichen Niedersachsen an der "Rollbahn", der Strecke von Hamburg ins Ruhrgebiet. Ist zwar nicht der nächste Bahnhof von meiner Wohnung aus, aber dafür mit guter Anbindung nach Bremen und Osnabrück. Wenn ich schon mit dem Auto zur Bahn fahren muss, kommt es auf ein paar Km mehr oder weniger auch nicht mehr an.
Der RE nach Bremen war leer, was um 6:oo Uhr morgens nicht verwundert. Der Metronom nach Hamburg war auch nur normal gefüllt. Erst ab Buchholz (Nordheide) wurde es richtig voll. Kein Wunder, den mein Zug kam gegen 8:00 Uhr morgens an einem normalen Werktag in Hamburg an. Von Hamburg nach Lübeck ging es vom Passagieraufkommen her wieder normal. Da hatte ich nur leider einen DoSto Wagen mit defekter Lärmunterdrückung erwischt. Das Ding war tierisch laut, kein Vergleich mit den sonstigen DoStos, in denen ich gestern noch gesessen habe (waren diverse). Überhaupt ist der technische Zustand der Fahrzeuge generell nicht all zu pralle. In mehreren Wagen waren die Toiletten ausgefallen, oft mehrere pro Zug. So wurde der Gang zur Toilette alleine schon zu einem Abenteuer. Ausgefallene Displays, Lampen und Lautsprecher waren da eher noch Kleinigkeiten.
Wirklich schlimm mit der Überfüllung wurde es dann ab Lübeck. Die RB von Lübeck nach Stettin (sind fast 400 Km) fährt durch diverse größere Städte und sogar über eine Landesgrenze hinweg bis nach Polen. Es wird dabei die gesamte ehemalige DDR durchquert. Und was macht das Bundesland Mecklenburg- Vorpommern, das diese Leistung bestellt hat? Die setzen auf dieser Strecke nur einen ganz kurzen Triebwagen ein, unglaublich. Der ist schon an "normalen" Tagen immer restlos überfüllt. Leider wusste ich das vorher nicht und so musste ich mich die knappe Stunde bis Bad Kleinen furchtbar einquetschen lassen. Diese Strecke fahre ich definitiv nie wieder mit dem Zug. Auf dem Rückweg bin ich dann auch anders gefahren. Die Züge von Bad Kleinen nach Wismar und von Wismar nach Bad Doberan waren dann wieder problemlos zu nutzen. Auch Molli war nicht überfüllt, obwohl man ja mit dem 9€ Ticket mitfahren kann. Die Ausfahrt aus Bad Doberan mitten durch die Fußgängerzone ist wirklich spektakulär. Jeder Eisenbahnfan (aber auch jeder andere) muss das unbedingt mal erlebt haben, finde ich. Als Vorgeschmack ein Link zu Wikimedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Molli_in_Bad_Doberan.ogv
Auf dem Rückweg bin ich dann von Bad Doberan mit der Regionalbahn nach Rostock gefahren. Dier Zug war ziemlich voll, aber noch auszuhalten. Dafür hatte er aber ordentlich Verspätung. In Rostock habe ich den Regional Express nach Hamburg genommen. Knapp 3 Stunden ohne Umsteigen, erstaunlich. Von Rostock bis Schwerin war der Zug normal voll. Aber in Schwerin sind so viele Leute zugestiegen, das hätte für einen kompletten eigenen RE gereicht. Danach platzte der Zug aus allen Nähten. Und kein einziger der Fahrgäste ist vor Hamburg ausgestiegen, es kamen an den Zwischenhalten nur immer noch mehr Leute dazu. Der Rest der Fahrt war dann wieder normal. Der Metronom von Hamburg nach Bermen war gut gefüllt, aber nicht zu voll. Und der RE von Bremen zurück war wieder recht leer, was abermals der Uhrzeit (23:00 Uhr) zuzuschreiben ist. Leider gab es sowohl in Hamburg als auch in Bremen ziemlich lange Aufenthalte. (mehr als 90 Minuten insgesamt). Bei besserer Taktung hätte ich also locker eine Stunde eher zu Hause sein können. Die Abfahrt war auf die Minute pünktlich, die Ankunft um knapp 10 Minuten zu spät. Nach ca 14 Stunden Fahrzeit und unzähligen Umstiegen gar kein so schlechter Wert, denke ich. Unterwegs gab es teilweise auch deutlichere Verspätungen, die sich beim Umsteigen aber alle wieder nivelliert haben.
Generell kann man sagen, je kleiner die Zugkategorie desto voller, zumindest im Moment. Das zeigt aber auch, das die Leute in der Fläche die Bahn nutzen, wenn es denn geht. Sonst wären die Züge, die an jeder Milchkanne anhalten nicht so überproportional ausgelastet. Konnte man schön in Hamburg auf dem Rückweg sehen. Ich hätte statt dem Metronom, der als Regionalexpress mit 4 Zwischenstopps nach Bremen gefahren ist, auch den Metronom, der als Regionalbahn fährt und unzählige Haltestellen unterwegs bedient, erreicht. Hätte ich auch gemacht, aber die RB war so extrem voll, das die Leute in den Zug reingedrückt werden mussten. Umfallen während der Fahrt, völlig unmöglich. Zustände wie in der Tokioer U-Bahn... Nur 25 Minuten später ist dann der RE gefahren, mit dem ich dann nach Bremen gefahren bin. Wenn ich die RB genommen hätte, hätte ich den Anschluss in Bremen wohl auch nicht bekommen und wäre so nicht eine Minute eher aber viel "zerquetschter" zu Hause angekommen. Der RE hat die RB nämlich fast eingeholt. Die IC und ICE glänzten gestern übrigens nur durch die üblichen massiven Verspätungen und durch gähnende Leere, zumindest nach dem, was ich so beim Warten an den diversen Bahnhöfen mitbekommen habe. Als Konsequenz daraus müssten gerade die Regionalbahnen aufgestockt und längere Züge eingesetzt werden. Kombiniert mit besserer Taktung und generell viel günstigeren und übersichtlichen Preisen würden die Öffis in Zukunft sicher eine wesentlich gewichtigere Rolle als jetzt spielen können...
Für mich kann ich das Experiment "Langer Tagesausflug mit dem 9€ Ticket" alles in allem als gelungen ansehen. Ohne das 9€ Ticket wäre ich vielleicht nie nach Kühlungsborn (ist wirklich schön da, lohnt sich auf jeden Fall auch ohne Molli) gekommen und hätte nie die Fahrt mit Molli erlebt. Trotzdem würde ich das nicht gerade jeden Tag machen wollen. Denn als ich gestern Abend um 23:30 Uhr wieder zu Hause war, war ich aber wirklich platt. So sehr, das ich nicht mal gleich ins Bett gehen konnte, obwohl ich "hundemüde" war.
Gäbe es das 9€ Ticket langfristig, würde ich dafür sogar ein Abo abschließen. Denn auch wenn ich es im Alltag durch nicht existierenden ÖPNV vor der Haustür nicht nutzen könnte, ist die Möglichkeit jederzeit und quasi umsonst den ÖPNV nutzen zu können, einfach großartig. Da würde ich sogar ein paar Monate im Jahr das Ticket gerne bezahlen, selbst wenn ich es im entsprechenden Monat gar nicht genutzt habe. Aus diesem Grund werde ich mir das 9€ Ticket auch im Juli und August kaufen, keine Frage.