Hi.
Gestern war ich also im Harz. Ach, eigentlich nicht wirklich. Ich war zwar im Landkreis Harz, aber nur in den Ausläufern des eigentlichen Gebirges und nicht wirklich in den Bergen. Natürlich habe ich den Brocken gesehen, den sieht man ja immer. Aber was man so landläufig unter "in den Bergen" versteht, trifft es eher nicht so ganz. Aber der Reihe nach.
Die Fahrt selbst war durchwachsen. Es gab Licht und es gab Schatten. Rein Wettertechnisch eher zu viel Licht und zu wenig Schatten (auf Deutsch, es war brutal heiß), rein bahntechnisch war es genau anders herum. Morgens um 6:00 Uhr der Zug nach Bremen war wie immer mit "hoher Auslastung" prognostiziert und dann auch wie immer völlig problemlos. Er war auf die Minute pünktlich, was mir beinahe den ganzen Tag verdorben hat. Denn auf dem Weg zum Park & Ride Parkplatz stand plötzlich (wie gesagt vor 6:00 Morgens) ein LKW quer auf der Straße. Der wollte rückwärts in eine Einfahrt und hat es nicht hin bekommen. Ich war kurz davor, den Kollegen aus seinem Führerhaus zu zerren und den LKW selbst einzuparken. Das wäre auf jeden Fall deutlich schneller gegangen. Ich hab ja einen LKW Führerschein, auch wenn der inzwischen abgelaufen ist. So kam ich auf den aller letzten Drücker auf dem Bahnsteig an, während der Zug schon einrollte. Eine Minute später und er wäre weg gewesen.
Kurz vor Bremen kam dann die Durchsage, das der Zug unplanmäßig in Bremen enden wird, da die Strecke nach Bremerhaven wegen einem umgestürzten Baum, der sowohl die Oberleitung als auch das Gleis beschädigt hat, nicht befahrbar war. An einem Schienen- Ersatzverkehr wurde noch gearbeitet. Zum Glück war ich nicht auf den Weg nach Helgoland sondern in den Harz. Deswegen hat mich das nicht betroffen, da ich ohnehin in Bremen Richtung Hannover umsteigen musste. Ein umgestürzter Baum ist etwas, das ich als "höhere Gewalt" durchgehen lasse, also keine Vorwürfe dafür. Auch wenn ich mich frage, ob man so etwas bei häufigerer Strecken- Inspektion nicht in Voraus entdecken und verhindern könnte. Denn es war kein Sturm oder ähnliches die Ursache, jedenfalls keiner, der in jüngster Zeit dort lang getobt war.
Egal, auch die Fahrt von Bremen nach Hannover war problemlos und pünktlich. Und das obwohl der Zug aus Norddeich kam und die Sommerferien gerade zu Ende gehen. Bis hierhin war alles gut. Doch dann kam "erixx", meine neue "Lieblings- Bahngesellschaft"... Mit einem von erixx eingesetzten RE sollte es von Hannover nach Goslar gehen. Die Strecke ist leider nicht elektrifiziert, weswegen dort die von mir so furchtbar gehassten Lint Triebwagen zum Einsatz kommen. Die Teile gehören langsam wirklich auf den Schrott. Sie sind inzwischen weit über 20 Jahre alt und standen von Anfang an nur in der Kritik. Es gab von Beginn an Kundenbeschwerden zuhauf und die technischen Probleme häuften sich so massiv, das auf vielen Strecken die eigentlich schon ausgemusterten BR 628 Triebzüge reaktiviert wurden, mit denen die Fahrgäste deutlich besser zufrieden waren. Dazu haben sie billigste Technik verbaut und sind echte Luftverpester. Zumindest stinkt es furchtbar, wenn man neben so einen Zug lang geht. Die Motoren schütteln sich extrem und sind deswegen nicht ruhig zu bekommen. Durch die eher "sparsame" Bauweise (um es freundlich auszudrücken) kam es immer wieder zu massiven technischen Störungen bis hin zu Totalverlusten durch Brände auf Grund von unzureichend gesicherter Verkabelung. Der einzige Grund für den Erfolg trotz all der von Anfang an bekannten und nie behobenen Mängel kann nur der Preis der Züge sein, den ich aber nicht kenne. Irgendeine andere Erklärung dafür kann es eigentlich nicht geben. Die Teile sind einfach nur das Letzte. Aber das Alleine war natürlich nicht das große Problem. Der Zug stand abfahrbereit am Bahnsteig, mit rappelnden Motoren. Doch er fuhr nicht los. Nach ca 10 Minuten kam dann eine Durchsage, das die Abfahrt des Zuges sich verspätete, weil der Lokführer noch nicht da ist. Er hatte noch "Rangierarbeiten" zu erledigen und war deswegen zu spät. Wirklich? Euer Ernst? Ihr lasst einen voll besetzten Personenzug in brütender Hitze einfach eine gefühlte Ewigkeit warten, weil es wichtiger ist, irgend eine Rangierfahrt zu machen? Geht's noch??? Zumindest muss man erixx bescheinigen, das sie nicht irgendwelchen fadenscheinige Ausflüchte vorgeschoben haben und trotz des enormen "Blamage- Faktors" die Wahrheit gesagt haben. Und es kam, wie es kommen muss. Ist so ein Zug erst mal deutlich zu spät, verspätet er sich immer mehr. Nach nominell 28 Minuten Fahrzeit hatte der Zug schon über 30 Minuten Verspätung... Bis nach Goslar hatte sich das auf fast 40 Minuten aufsummiert. Meinen Anschlusszug nach Halberstadt habe ich so natürlich nicht mehr bekommen. Eigentlich hatte ich etwa 90 Minuten Aufenthalt in Quedlinburg eingeplant, um mir den Ort etwas anzuschauen, bevor es dann mit der Harzer Schmalspurbahn auf die letzte Etappe nach Gernrode geben sollte. Ich war schon mehrfach im Harz und bin auch schon häufiger mit der Harzquerbahn gefahren. Tatsächlich sogar die komplette Strecke von Wernigerode bis Nordhausen und wieder zurück. Die Selketalbahn, Gernrode oder Quedlinburg kannte ich hingegen noch nicht. Deswegen habe ich mir genau dieses Ziel für diese Fahrt ausgesucht.
Meine Laune war natürlich im Keller. Goslar selbst ist schön und immer eine Reise wert. Leider war mein Zwangsaufenthalt durch die massive Verspätung auf nur gut 30 Minuten begrenzt. Aber einen kurzen Spaziergang in die Altstadt zu Wochenmarkt habe ich mir dennoch nicht nehmen lassen. Danach war meine Laune schon wieder etwas besser.
Zurück von meinem Stadtbummel habe ich mich auf dem Bahnsteig ganz ans Ende begeben, um auf den Zug nach Magdeburg über Halberstadt zu warten. Denn nur dort gab es noch einen freien Platz auf einer Bank. Auch die Strecke von Goslar nach Magdeburg ist nicht elektrifiziert, weswegen ich mir da nichts Gutes erhofft hatte. Als der Zug Steuerwagen voraus ankam konnte ich meinen Augen kaum trauen. Der Steuerwagen sah tatsächlich so ähnlich aus wie einer der bereits erwähnten BR 628 Triebwagen. Ich bin ganz hinten eingestiegen und war erst mal erschlagen von dem Raumangebot. Die Sitze sind locker 20 cm breiter als selbst in den Doppelstock- Wagen. Trotzdem sind auch die Durchgänge zwischen den Sitzen deutlich breiter. Wo haben die damals nur den vielen Platz her gezaubert? Das Lichtraumprofil hat sich seit damals ja nicht geändert. Dasselbe Platzangebot müsste eigentlich auch heute noch zur Verfügung stehen, tut es aber nicht mal ansatzweise.
Als der Zug dann losfuhr, war praktisch nichts zu hören. Es gab auch keine Vibrationen. Nein, das kann kein alter Diesel- Triebwagen sein, unmöglich. Und in der Tat war es kein Triebwagen, kein BR 628. Tatsächlich war es ein Steuerwagen, in dem ich saß, ein "Silberling". Genau wie die übrigen Wagen des Zuges, dazu mit einer BR 218 bespannt. Eine Garnitur, die so auch schon vor über 50 Jahren im Einsatz gewesen sein könnte, wenn auch nicht auf dieser DR- Strecke. Ein echter Museumszug, einfach so... Die Fahrt mit diesem Museumszug war ein Traum. Die 218 hat richtig Bums. Drei "Silberlinge" sind für eine 218 gar nichts. Die Wagen, zumindest der, in dem ich saß, hatten eine erstaunliche Laufkultur. Klar, es gab keine Klima- Anlage, aber dafür offene Fenster, was mir viel besser gefallen hat. Der Fahrtwind erfrischt einfach ganz anders als die sterile, kühle aber trotzdem stickige Luft aus einer Klima- Anlage.
Die Einsätze der 1970er BR 218 mit 1960er Jahre Nahverkehrswagen hatte einige "Trainspotter" angelockt. Man konnte sie an der Strecke stehen und fotografieren sehen. In der App stand einfach nur "Ersatzzug". Wenn die Ersatzzüge immer so sind, dann bitte nur noch Ersatzzüge, danke.
Als ich ob dieser unerwarteten und freudigen Überraschung richtig gut gelaunt in Halberstadt ankam, konnte ich sehen, das mein Zug nicht der einzige "Museumszug" an diesem Tag und auf dieser Strecke war. Auf einem Nebengleis wartete eine Ersatz- Garnitur, ebenfalls drei Silberlinge und eine 218 einsatzbereit. Der Gegenzug aus Magdeburg stand am anderen Bahnsteig, auch mit dem gleichen Fahrzeug- Ensemble.
Der Umstieg in einen modernen Triebwagen (kein Lint, deutlich neuer und besser) um die letzte Etappe bevor es auf die Meterspur der HSB ging, zurückzulegen fiel mir wirklich schwer. Der Triebwagen war deutlich moderner und er hat auch längst nicht so stark vibriert wie es ein Lint normalerweise tut. Aber die Bestuhlung ist genau so besch... eiden und zwangsjackenmäßig eng wie gehabt. Der Motor in diesem Zug (der genaue Typ ist mir nicht bekannt) ist erheblich leiser, als im Lint, keine Frage. Zum "Ausgleich" ist aber der Faltenbalg zwischen den Zugteilen extrem heftig am Quietschen gewesen. Von daher eine genau so laute und unangenehme Fahrt wie vorher die Strecke von Hannover nach Goslar, nur eben bei weitem nicht so lang. Speziell nach der ausgesprochen erfreulichen Fahrt in den historischen Fahrzeugen vorher war das echt ein Downgrade. Zum Glück sind es nur drei Stationen, dann endet die Strecke auf Grund einer Großbaustelle im Quedlinburger Bahnhof. Der Zug pendelt immer zwischen Halberstadt und Quedlinburg hin und her, pro Weg gut 20 Minuten. Da ich sowieso nach Quedlinburg wollte, war das für mich kein Problem. Der schlimme Zustand des Bahnsteigs auf Grund der Bauarbeiten und die provisorische Treppe, auf der man sich ordentlich Holzsplitter in die Hände jagen konnte, aber schon. Statt den Zug auf Gleis 2 ankommen zu lassen, musste man sich richtig quälen um Gleis 1, das eigentlich überhaupt nicht benutzbar ist, zu erreichen. Ein anderer Zug war weit und breit nicht zu sehen, für den Gleis 2 hätte freigehalten werden müssen. Sonst wird wegen jeder Kleinigkeit der Bahnsteig gewechselt. Aber wegen einer Großbaustelle ist das nicht drin? Bitte nicht falsch verstehen. Ich bin sehr dafür, Bahnanlagen zu sanieren und zu modernisieren. Aber wenn man die Behinderung der Fahrgäste dabei reduzieren kann, dann soll man das verdammt noch mal auch machen.
Da ich kaum noch Zeit hatte, konnte ich mir Quedlinburg nicht wirklich ansehen. Das, was man in der Nähe des (vermutlich, auf Grund der Bauarbeiten kaum zu erkennen) ganz hübschen Bahnhofs so sehen konnte, erinnerte mich aber eher an ein VEB Kombinat aus den 1980er Jahren als an eine schöne Stadt im Harz. Es lag ein Geruch nach Dampflok in der Luft, der aber gar nicht von einer Dampflok sondern aus den Industriebetrieben neben dem Bahnhof stammte...
Auch der Schmalspur- Teil das Quedlinburger Bahnhofs ist eher sparsam. Es gibt eine Ausweiche zum Umsetzen der Lok und einen Wasserkran. Mehr Dampflok- Romantik findet man hier nicht vor.
Die recht kurze Fahrt mit der HSB von Quedlinburg nach Gernrode mit dem Dampfzug bot keine Überraschungen, sofern man schon auf anderen Strecken der HSB unterwegs war. Aber nichtsdestotrotz ein schönes Erlebnis. Da alle Türen und Fenster offen standen wehte der Fahrtwind erfrischend durch den Zug. Der Zug war recht leer, trotz der Möglichkeit diese Strecke mit dem 9€ Ticket zu befahren. Abgesehen von der "Cashcow" Brockenbahn sind alle Strecken der HSB im 9€ Ticket enthalten. Auf den Brocken hoch hätte es trotz allem über 50€ gekostet. Sorry, aber für das Geld fahre ich lieber mit der Fähre nach Helgoland. In Gernrode befindet sich der "Hauptbahnhof" der Selketalbahn. Auch ein BW gibt es hier. Also schon ein gutes Stück mehr Dampfzug Romantik... Da die Mittagszeit schon überschritten war und ich auf Grund der unplanmäßigen Verbindungen nicht eher Essen konnte, habe ich mich auf den Weg gemacht und einen Imbiss gesucht. Dabei bin ich leider in die "falsche" Richtung gegangen. Ich landete in einem Industriegebiet statt in einer Altstadt. Zumindest gab es da eine Döner Bude. Der teuerste Hähnchen- Döner, den ich je gegessen habe. Selbst auf Sylt wär ein Döner günstiger gewesen als in Gernrode. Na ok, zwischen Sylt und Gernrode lagen etwa 2 Monate. Bei der aktuellen Mega- Inflation könnte das auf Sylt inzwischen auch noch mal teurer geworden sein.
Nach dem Essen bin ich zurück in die "richtige" Richtung gegangen. Gernrode liegt zwar im Landkreis Harz, aber nicht wirklich im Harz. Hier sind höchstens die äußersten Ausläufer des Harzes zu finden. Trotzdem ging es ordentlich bergauf und bergab. Zwei Tage bevor ich hier war, wurde noch eine Temperatur von 24° vorhergesagt. Tatsächlich waren es aber 32°. Etwas viel um in der prallen Sonne lange Fußmärsche zu machen. Besonders wenn man so schlecht zu Fuß ist wie ich. Deswegen habe ich bei weitem nicht so viel von Gernrode gesehen, wie ich es mir vorgenommen hatte. Etwas schade, denn so bald werde ich da wohl nicht mehr hin kommen. Wenn ich das nächste Mal in den Harz fahre, geht es wieder nach Wernigerode und auf die Harzquerbahn. Da ist einfach viel mehr "Harz" zu sehen als auf den äußersten Abschnitten der Selketalbahn. Speziell, da man auf Grund der schlechten Taktung kaum weiter das Selketal hoch fahren kann, wenn man auf einem 1 Tages Trip unterwegs ist. Ok, wenn man aus Magdeburg anreist, geht das sicherlich. Aber bei der weiten Anreise, die ich habe, ist das einfach zeitlich nicht drin.
Der Rückweg startete nicht wie erwartet mit einem Dampfzug sondern mit einem vierachsigen Triebwagen, entweder 187 011 oder 187 013 (hab die Nummer nicht mehr im Kopf). Diese Triebwagen wurden 1955 gebaut und zeigen, wie der Personen- Nahverkehr auf "unwichtigen" Strecken damals auch aussehen konnte. Das Ding ist laut und polterig, die Fenster ließen sich nicht richtig öffnen. Dadurch war es extrem heiß im Zug. Dazu die unbequemen, nicht gepolsterten Holz- Sitze. Kein Vergleich mit dem "anderen Museumszug" zwischen Magdeburg und Goslar. Für ein Stück Museumsfahrt war das spannend, wenn auch für meine körperliche Verfassung nicht sehr zuträglich. Ich stand kurz vor einem Hitzschlag, hatte einen hochroten Kopf und war mächtig außer Atem. Da kam die Hitze im Zug so gar nicht gelegen. Auch hier sind mir lokbespannte Züge eindeutig lieber als Triebwagen. Allerdings scheinen diese Triebwagen auch besonders unkomfortabel zu sein, denn ich bin auch schon mal mit dem zweiachsigen und wirklich winzigen T1 auf der Harzquerbahn gefahren. Den habe ich bei weitem nicht so "spartanisch" im Gedächtnis wie den 187 011 (oder 013). Ist aber schon eine Weile her, das ich im T1 gesessen habe. Und da war es auch nicht so extrem heiß. Außer mir waren noch zwei weitere Fahrgäste im Zug. In sofern ist der Einsatz eines Triebwagens durchaus nachvollziehbar. Gefallen muss es mir aber trotzdem nicht. Ich wäre natürlich lieber mit dem Dampfzug gefahren.
Ab Quedlinburg folgte das exakt derselbe quietschende Triebwagen vom gleichen nahezu unzugänglichen Bahnsteig wie auf dem Hinweg. Nur war der Zug dieses Mal erheblich voller als auf dem Hinweg, wo es ebenfalls schon arg voll für meinen Geschmack war. In Halberstadt war ich sehr gespannt, ob es wieder der Zug mit der BR 218 werden würde. Er wurde es. Dieses Mal musste ich leider im Wagen mit der 1. Klasse einsteigen. Tatsächlich war der Steuerwagen vom Hinweg komfortabler. Außerdem war es brechend voll. Ich weiß nicht, ob man noch einen weiteren Wagen hätte anhängen können, Nötig ware es meiner Ansicht nach sehr wohl gewesen.
Und dann kam wieder erixx... Dieses Mal war der Lokführer wohl rechtzeitig da. Es waren etwa 30% mehr Menschen, die mitfahren wollten als auf dem Hinweg. Als Ausgleich war der Zug natürlich... kürzer als auf dem Hinweg. Klasse gemacht, wirklich. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen fuhr der Zug wieder ziemlich verspätet ab und sammelte wieder so viel Verspätung unterwegs dazu, das ich wieder meinen Anschluss nicht erreicht habe. Damit hat erixx mich heute schon 2 Stunden meines Lebens gekostet. Rechnung folgt...
Dazu meinte so ein Fuzzi, der mir vorher auf dem Bahnsteig mit seinem Fahrrad schon mal über den Fuß gefahren war, er könne ausgerechnet mich von meinem Not- Klappsitz vertreiben, weil er genau da sein Fahrrad abstellen wollte. Zum Glück hing direkt neben mir eine Tafel, auf der stand, das man in den markierten Bereichen sein Fahrrad abstellen darf, aber nur dann, wenn auch genug Platz vorhanden ist!!! Bei einem restlos überfüllten Zug ist mit Sicherheit nie genug Platz. Ich weiß nicht, wo der Anspruch her kommt, das man ein absolutes Recht auf die Fahrrad- Mitnahme hat. Ganz im Gegenteil, sollte unterwegs ein Rollstuhl oder ein Kinderwagen mit in den Zug müssen, so muss im Zweifel das Fahrrad ausgeladen werden und zurück bleiben (vermutlich wohl incl. Besitzer). Aber das scheinen die allermeisten Radfahrer einfach nicht zu kapieren. Wie gesagt, ich fahre selbst Fahrrad und habe mein Rad auch schon öfter mal im Zug mitgenommen. Aber nie, wenn es so überfüllt wie aktuell war. Das weiß man doch vorher und plant das anders...
Der fast einstündige Aufenthalt in Hannover bot eine unerwartete Abwechslung, aber eine der eher unerfreulichen Art. In dem stickigen und glühend heißen Glaskasten, in dem man auf die Züge warten muss saß auch ein junger Mann, der sich ständig etwas an den Knöchel hielt. Dann kamen ein paar Leute von der DB Security. Da konnte man dann merken, das er sich zum Kühlen ein Speiseeis an den Knöchel gehalten hatte. Kurze Zeit später tauchten auch Sanitäter auf. Der junge Mann war auf der Treppe umgeknickt und hat sich wohl, so die Aussage des Sanitäters, einen Bänderriss zugezogen. Eine äußerst schmerzhafte und unangenehme Sache, die ich leider auch aus eigener Erfahrung kenne. Eigentlich wollte er weiter nach Mainz, musste jetzt aber erst mal in ein Hannoveraner Krankenhaus. Gute Besserung von dieser Stelle.
Die vorletzte Etappe von Hannover nach Bremen bot keine Überraschungen. Vielleicht ist erwähnenswert, das der RE von Hannover über Bremen und Oldenburg nach Norddeich mit 7 Wagen sehr lang war. Zumindest bis Nienburg war er gut gefüllt. Aber spätestens ab da hätte wohl auch ein normal langer Zug gereicht. War mir auf jeden Fall Recht so. Beim Aussteigen standen ein paar Leute vom Zugpersonal direkt neben mir. Auf meine Anmerkung, das damit die vorletzte Etappe des heutigen Tages geschafft sei, fragte man mich, wohin ich dann weiter wollen würde. Als ich "Nach Diepholz" gesagt habe, kam ein "Dann bis gleich" zurück. Ich hatte nämlich mit dem Lokführer geplauscht, der den Zug von Bremen nach Osnabrück, also den letzten Zug meines Tages übernehmen sollte (und tat). Der Zug fährt eigentlich von Gleis 8. Es stand schon lange aber vorher, das er heute von Gleis 7 abfahren würde. Die Nachwirkungen das umgestürzten Baumes vom frühen Morgen waren nämlich immer noch zu spüren. Der RE aus Bremerhaven hatte über 30 Minuten Verspätung, obwohl der Un(m)fall schon viele Stunden her war. Sowas bringt natürlich alles andere auch durcheinander. Etwa 3 Minuten, bevor der Zug eigentlich abfahren sollte, kam dann eine Durchsage, das der Zug dann doch von Gleis 6 fahren würde. Gleis 7 und 8 sind am gleichen Bahnsteig, das ist kein Problem. Aber Gleis 6 bedeutet wieder zur Treppe laufen, dann runter, unter dem Gleis lang und wieder Treppe rauf. Mit 3 Minuten auf der Uhr ist das ganz schön knapp. Allerdings hatte ich keine Panik, da ja der Lokführer direkt neben mir stand. Und ohne den fährt der Zug sicher nirgends hin.
Im Endeffekt hatte sich der Zug dann bis Diepholz 6 Minuten Verspätung eingehandelt. Damit konnte ich nach all dem, was heute so gar nicht geklappt hat, ganz gut leben. Ich war jedenfalls froh, als ich endlich wieder in meinem Auto saß.
Damit sind meine 9€ Ticket Trips so gut wie beendet. Der Abschluss nächste Woche nach Travemünde ist eine Fahrt mit einem konkreten, nicht touristischem Ziel, die ich auch ohne 9€ Ticket machen würde. Dann aber mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Auto.
Als Fazit lässt sich sagen. Das Auto ist im Normalfall viel billiger, viel schneller, viel komfortabler und vor allem viel zuverlässiger als die Bahn. Eigentlich muss man doch blöd sein, sich dieses Chaos bei der Bahn anzutun, wenn man nicht unbedingt muss. Wäre da bloß nicht das schlechte Gewissen wegen der Umwelt, wenn man, obwohl man die Öffis nutzen könnte, trotzdem mit dem Auto fährt. Geschäftliches würde ich aber im Leben nicht mit der Bahn in Angriff nehmen wollen. Die Chance dass das gut geht, ist einfach viel zu klein.
Aber so billig wie es die letzten drei Monate war, konnte man das für die 9€ im Monat durchaus machen. Ohne das 9€ Ticket hätte ich dieses Jahr wohl erst gar keinen Sommerurlaub gemacht, weil auf Grund der Mega- Inflation einfach kein Geld dafür übrig gewesen wäre. So habe ich in diesem Jahr aber unglaublich viel gesehen und erlebt, Gutes und Schlechtes. Das Ticket hat sich für mich auf jeden Fall total gelohnt, keine Frage. Aber jetzt habe ich doch erst mal Genug von der ständigen Bahn- Fahrerei und muss das Erlebte erst mal richtig verarbeiten.
Außerdem hat mich meine Krankengymnastik- Therapeutin so lange bekniet, ich sollte meiner Erlebnisse doch zu einem Buch verarbeiten, bis ich tatsächlich damit angefangen habe, dieses Buch zu schreiben. Das erste Kapitel (Kühlungsborn) habe ich ihr vor einer Woche als Leseprobe gegeben. Sie fand es richtig gut, so gut, das sie es sogar ihrem Mann gegeben hat. Und der war mal Literatur Professor. Auch er fand es gut, hat sie zumindest so erzählt. Das spornt mich natürlich an, dieses Buch dann doch tatsächlich zu schreiben. Nur wie lange das dauert, weiß ich nicht. Das mag wohl auch der Grund dafür sein, das dieser Teil doch sehr ausführlich geworden ist. Fotos gibt es wie üblich später.