Hallo,
ich habe einige Jahre bei SBB-Cargo gearbeitet (Organisation Zuckerrüben West). Eine Doppel-Re6/6 ist nicht unmöglich. Grund für Mehrfachtraktion gibt es verschiedene. Als erstes wird ein Loktyp gewählt, der die Anhängelast ziehen kann. Am Gotthard ist das maximal eine Re10, d.h. Re4/4+Re6/6. Neben der Anhängelast spielt die maximale Kupplungsbelastung eine Rolle. Diese ist unmittelbar nach den Triebfahrzeugen die höchste. Es hilft dann nichts, wenn 5000 t Güterwagenlast mit 7 Loks gezogen werden soll. Von der Kraft ginge so etwas, aber die Kupplung wird dann reissen oder sich verformen. Daher gibt es eine maximale Zughakenlast. Diese hängt wiederum von der Steigung ab. Je steiler, desto kleiner ist diese. Dasselbe gilt für die Anhängelast, d.h. die Güterwagen. Bei den SBB-Cargo-Oelzügen ist die Standartkomposition eine Re6/6 und 20 beladene Zisternenwagen oder 2x20 leere Zisternenwagen. Damit erspart man sich mühsames berechnen und kuppeln und entkuppeln und berechnen der Gleislängen zum Abstellen und überholen während der Fahrt. Man will nicht bei jedem Transport die Welt neu erfinden. Wie kommt es aber, dass in Realität dennoch mehr Loks an Zügen sind? Das sind meist Loks, die man überführen will. Bsp. Gotthard. Von Nord nach Süd sind die Züge schwerer als umgekehrt. Das ist wegen der Warenströme. Somit braucht es von Nord nach Süd mehr Traktion, d.h. mehr Loks. Da Trassen auf der Gotthardlinie sehr rar sind, fährt man nicht einfach einen Lokzug retour nach Norden, sondern spannt diese vor den Zug. Somit hat es dann schon eine zweite Lok oder mehr. Mehrfachtraktion geht technisch problemlos bis 4 Loks, sind es mehrere, dann kann es zu Störungen kommen, weil die Loks, dann nicht mehr sauber einheitlich gleich arbeiten. Bei "meinen" Rübenzügen hatte ich Ende der Woche, wenn die Loks Richtung Depot fuhren ebenfalls mehrere - mitunter 4 Loks zusammengehängt. In meinem Fall waren das meistens Lokzüge zwischen der Zuckerfabrik und dem Lokdepot. Somit kann man 4 Loks mitnehmen mit nur einem Lokführer.
Für unseren Modellbahnbetrieb kann man also relativ viele Loks an einen Zug stellen und das immer mit dem Ueberführen von Lokmasse erklären. Die Loks werden als Vorspannloks (arbeitende Loks) an den Zug gehängt, damit nicht 80-120 Tonnen Lokgewicht die Anhängelast minimiert. Ist ein Zug mit einer Lok ausgelastet und würde man eine Lok an den Zugschluss (ohne Lokführer, sonst ist es wieder eine arbeitende Lok) stellen, so müsste man die Anhängelast verringern, d.h. weniger Tonnen zahlende Fracht mitnehmen, was nicht wirtschaftlich ist. Dennoch kann man Loks ohne Lokführer am Zugsende sehen. Das macht man, wenn im voraus klar ist, dass die Anhängelast klein ist (Leerwagen, kleine Züge). Bevorzugt wird jedoch die Vorspannlok, weil das technisch einfacher ist an den Zug zu stellen. Eine Lok als Anhängelast ist eine geschleppte Lok. Diese muss man erst in den Schleppzustand bringen, was mehr Zeit braucht, als eine Vorspannlok beizustellen und mit Mehrfachtraktion zu fahren. Wird eine Lok an den Schluss gestellt, so hat das meistens betriebliche Gründe. So kann das Wegrangieren der Lok am Schluss einfacher sein, als wenn die Lok vorne am Zug weggenommen werden muss und weggefahren werden.
Fazit: es gibt fast alles. Hoffe, damit einigen zu dienen.
Grüsse Stefan