Moin Dietmar,
Mit der Signalisierung im Königreich Preußen beschäftige ich mich auch schon seit geraumer Zeit.
Mich würde dabei mal interessieren an welches Jahr du dabei gedacht hättest, dieses darzustellen, denn da gab es bezüglich der Signalisierung erhebliche Unterschiede.
Vor 1892 verwendete man mehrarmige Flügelsignale die sich von den vereinfachten Flügelsignalen ab 1892 mit höchstens 3 Flügeln erheblich unterschieden.
Bis 1910 verwendete man am Vorsignal, das nur zwei Stellungen signalisieren konnte weißes Licht für Fahrt frei erwarten und grünes Licht für Halt erwarten.
Das nachfolgende Hauptsignal verwendete rotes Licht für Halt und jeweils ein grünes Licht an jedem Signalflügel wenn dieser gestellt wurde.
Ab 1910 wurden die (bis zu beiden) unteren Flügel mit gelben Lichtscheiben versehen.
Perronsignale sofern noch vorhanden, hatten weiterhin ihre Gültigkeit, sie dienten zur Kommunikation innerhalb der Bahnhöfe. An den beiden Stationsenden standen Abschlußtelegrafen der zu beiden Seiten schwenkbare Flügel Signalisierungen weitergaben und auf Sichtweite zum nächsten Signalposten das Signal weitergaben.
Selbst in Preußen gab es Unterschiede bei der Kommunikation mit Perronsignalen, die Flügelstellungen und die Bedeutung der Signale konnten voneinander abweichen.
Läutewerke waren zwar offiziell nicht vorgeschrieben, sie erhöhten aber unter Umständen die Streckensicherheit.
Beim VDEV = Verein Deutscher Eisenbahn Verwaltungen waren bereits ab 1846 mehr als 40 Eisenbahn Verwaltungen organisiert, darunter 22 preußische Verwaltungen und 12 ausländische Bahnverwaltungen ohne Stimmrecht.
Die Vereinheitlichung der Signaltechnik war in den Jahren um 1868 bis 1892 ein großes Thema und wurde sehr oft diskutiert, die Techniker Versammlung hatte aber nur beratenden Charakter und konnte nur Empfehlungen abgeben.
Bereits ab 1868 wurde festgestellt, daß es nicht mehr wie zwei Signalflügel bedürfe und ein möglicherweise dritter, viel diskutierter Signalflügel bei Einfahrsignalen, als überflüssig erachtet worden, dennoch wurde der dritte Signalflügel in der Signalordnung von 1892 festgeschrieben und offiziel mit eingeführt, die Sinnlosigkeit zeigte dann die Praxis, nachdem man sich versuchte damit zu arrangieren.
Bis es zu dieser Vereinfachung kam war aber noch ein langer Weg, bis 1892 und darüber hinaus verwendete man noch mehrflügelige Ein- und Ausfahrsignale an Haupt- und Nebenstrecken, die mehrere Fahrwege anzeigen konnten.
Im "Organ" des VDEV wurden in den 1870er Jahren mehrflügelige Signale mit bis zu 5 bis 7 Flügeln vorgestellt, welche auf preußisch–hessischen Eisenbahnen im Gebrauch waren.
Das oberste Signal gab den Fahrauftrag an, die in Abständen darunter angebrachten Flügel gaben die nach links und rechts abzweigenden Fahrtrouten bis zur 2. Ordnung (Tertier = 3. Fahrweg) wieder.
Bei Nebenbahnen verzichtete man auf Wege- und Zwischensignale, dort wurden oft nur Ein- und Ausfahrsignale verwendet.
In späterer Zeit wurden aber die Flügel der Gegenrichtung oft abgebaut und durch eigene Signale ersetzt.
Laut Signalordnung sollen Signale rechts vom Gleis oder darüber angebracht werden, die Hauptfahrrichtung ist in aufsteigender Entfernungsmessing zu berücksichtigen.
Ist kein Platz zwischen zwei Gleisen innerhalb eines Bahnhofs können auch beide Signale für eine Richtung nebeneinander rechts oder in Ausnahmefällen links vom Gleis aufgestellt werden.
Die Schachbrettafel ist erst eine Erfindung späterer Zeit nach 1920.
Für Gleissperren gab es unterschiedliche Signalierungen, gebräuchlich waren weiße X Kreuze oder wie das heutige Sh0 Signal bloß als beleuchtete Laterne mit roten Glasscheiben, zur Signalisierung von einem Entgleisungsschuh der Bauart Büssing.
Als Gleissperren dienten Vorlegebalken, welche in Ablaufrichtung vor senkrecht eingegrabenen Schienenprofilen über beide Schienen gelegt wurden.
Gleissperrsignale wie man sie heute kennt wurden erst um 1923 verbindlich eingeführt.
Leider ist die Informationslage bezüglich älterer Signalbauformen recht dünn. Es lohnt sich aber alte Archive zu durchforsten und Publikationen über technische Neuerungen zu lesen, die zu jener Zeit vorgestellt wurden.
Interessant ist aber noch anzumerken, wo man früher in der 4. Wagenklasse fahren konnte.
Die allgemeine Lehrmeinung besagt, dieses sei auf Nebenstrecken der Fall gewesen und die 2. Wagenklasse sei die höchste Klasse dort, auf Hauptbahnen würden nur Züge mit der 1. bis 3. Klasse verkehren...leider so nicht ganz richtig.
Aus einem Fahrplan von 1890 läßt sich entnehmen, daß auf Nebenstrecken die 2. und 3. Wagenklasse dominierten, je nach Zielort aber auch die 1. Klasse bedient wurde, hingegen die 4. Klasse überhaupt nicht.
Auf den längeren Hauptstrecken hingegen gab es ein- oder zweimal am Tag einen Personenzug mit der 4. Wagenklasse allerdings dann ohne 1. Klasse, die übrigen Züge verkehrten mit der 1. bis 3. Klasse.
Züge mit allen vier Wagenklassen gab es m. E. nur in den deutschen Kolonialgebieten.
Das traf nicht auf jede Region zu, das handhabte jede der 22 preußisch–hessischen Eisenbahnverwaltungen anders.
Es gab durchaus auch regionale Unterschiede.
7 von 22 preußisch–hessischen Eisenbahn Verwaltungen lehnten die komplette Schotterbedeckung ihrer Gleise ab, bei der nur die Schienenköpfe aus dem Schotter ragten.
Für Nebenstrecken typisch sind Gemischte Züge wobei es sich eher um PmG als GmP handelte. GmP verlangen von den Mitreisenden ein nahezu unerläßliches Maß an Geduld ab, bis die Reise fortgesetzt werden kann, wenn mehrere Anschließer von der Lokomotive bedient werden müssen oder ggfs. im Bahnhof noch rangiert werden muß.
Klassenreine Personenzüge waren hierbei aber die Regel, dieses wurde aber nicht immer im Fahrplan vermerkt.
Man ging dann von der 3. Klasse als Standard aus.
In sehr ländlichen Regionen, war es durchaus üblich, daß Personen gegen Zahlung des Tarifs 3. Klasse im Güterzugbegleitwagen mitfahren durften, die mußte sich dann aber am Zugende befinden oder es mußte ein anderer Wagen als Schutzwagen davor gekoppelt werden.
Alte Bilder belegen zwar daß nicht immer der Packwagen als Schutzwagen vorne mitlief, war dies mal nicht der Fall, dann war zu Mindestens der erste Wagen hinter der Lok für Reisende verschlossen.
Im Jahr 1888 kam es bei Pöppendorf auf der Travemünder Eisenbahn der LBE zu einer Kesselexplosion, bei der glücklicherweise nur das Lokpersonal ums Leben kam.
Der Schutzwagen war zwar auch recht demoliert, verhinderte aber Personenschäden des mitreisenden Publikums. Man setzte damals zweiachsige bayerische Tenderlokomotiven ein.