Guten Morgen allerseits,
ich finde den Ansatz von Rüdiger sehr interessant und habe mir deshalb beim morgendlichen Kaffee ein paar Gedanken dazu gemacht; ich bin der Meinung, Deinen Fehler gefunden zu haben.
Für Deine Betrachtung sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen: Die Zugkraft und die Summe aller Fahrwiderstände, die der Zugkraft entgegenwirken. Fahrzeugseitig müssen noch die Geschwindigkeit, das Kupplungsspiel und die Federn Beachtung finden, beim Gleis das Vorhandensein von Übergangsbögen und die Halbmesser der anschließenden Gleisbögen.
Die Zugkraft und die Summe der Fahrwiderstände sind zur Vereinfachung nicht variabel. Für meine Betrachtung spielen der Losbrechwiderstand, der Rollwiderstand und vor allem der Bogenwiderstand eine Rolle.
Bei der großen Eisenbahn werden in der Regel Übergangsbögen vorgesehen. Sie kennzeichnen sich durch einen zunehmenden Radius aus, vergleichbar mit einer Klothoide. Der Übergangsbogen sorgt durch den weicheren Kurveneinlauf (die Querbeschleunigung nimmt stetig und nicht ruckartig zu) für höhere Geschwindigkeiten (das sog. Ruckkriterium ist auch maßgeblich für die Entwurfsgeschwindigkeit) und einen höheren Komfort.
Doch kommen wir zum Versuch:
Das Spiel in den Kupplungen ist relevant: Der Zug wird aufgedrückt bei schiebender Lok und gestreckt bei ziehender Lok; die Zugkraft ist in der Regel größer als die Gleitreibung zwischen den den Kupplungen. Bei einer Kupplungsstange wäre der Widerstand unendlich, es gäbe also keine Veränderung der Zuglänge, die durch die Kupplung selbst verursacht wird.
Bis zu einer Übergangsgeschwindigkeit ist die Zugkraft als konstant anzusehen (tatsächlich nimmt sie bis zur Übergangsgeschwindigkeit linear ab und ab dem Übergang nimmt sie exponentiell ab). Das gilt allerdings nicht für die Fahrwiderstände, insbesondere nicht für den Bogenwiderstand, dieser ist abhängig von der Geschwindigkeit und vom Halbmessers des Gleisbogens (auch vom Radstand, allerdings kann man ihn hier vernachlässigen). Was schließen wir daraus? Die resultierende Kraft und damit die Geschwindigkeit ist nicht konstant. Leitet man die Geschwindigkeit ab, so ergibt sich daraus die Beschleunigung und damit der Ruck (nichts anderes als das Delta).
Kommen wir zur Kupplungsdeichsel mit ihrer Feder. Hier betrachten wir den Federweg sowie die Federkraft. Ist das Delta der Zugkraftveränderung größer als die Federkraft, so wird die Feder entweder gestaucht oder gedehnt. Je härter eine Feder ist, desto geringer ist die Neigung des Spiels.
So tritt auch der von Dir beschriebene Effekt ein: Ein Zug fährt in einen Gleisbogen ein, während der Zugteil, der sich bereits im Gleisbogen befindet, einen höheren Widerstand (durch den Bogenwiderstand) erfährt, läuft der hintere Zugteil auf, staucht die Federn und sorgt für den genannten Effekt.
Je größer der Halbmesser des Gleisbogens ist, desto geringer ist der Bogenwiderstand und damit das Delta.
Deine These, dass ein Übergangsbogen für eine Verminderung des Effekts sorgt, teile ich uneingeschränkt, die Begründung hast Du ja nun. Das Delta wird über einen größeren Weg verteilt.
Meine Ausführungen sind nicht besonders technisch versiert gewesen, aber ich hoffe, dass Ihr mich verstanden habt.
Grüße aus dem IRE 19035,
Viet