Bleiben wir doch, weil's so schön ist, noch ein bisschen in der - nicht despektierlich gemeint - "Zone".
Bereits 1970 schrieb Horst J. Obermayer in seinem "Taschenbuch Deutsche Elektrolokomotiven", dass "...bereits zu Beginn der siebziger Jahre..." aus der E11 der DR "...die Schnellfahrlok E11.20 entwickelt werden" solle. Hoppla? Eine Schnellfahrlok der Deutschen Reichsbahn? Das hat mich damals schon gleichermaßen elektrisiert und interessiert, verbunden natürlich mit der Fragestellung: Wie hätte es wohl ausgesehen, dieses neue Paradepferd der DR? Heute, rund 40 Jahre später, wage ich mich einmal mit den Bildbearbeitungsmöglichkeiten von heute - von denen damals nichtmal zu träumen war - an den Versuch einer möglichen Antwort heran.
Die E11.20 ist für mich immer eine geheimnisumwitterte Maschine gewesen und geblieben, sind mir doch gerade einmal zwei Stellen in der Literatur bekannt, in denen sie erwähnt wird - und keine einzige Illustration. Meines Wissens nach sollte sie für eine Höchstgeschwindigkeit von 160km/h ausgelegt werden, und so wage ich zu bezweifeln, dass man sie mit einem aufwändig konstruierten, aerodynamisch optimiertem neuen Lokkasten versehen hätte. Wozu auch? Hatten nicht die CC 7100 und BB9000 der SNCF die 300km/h-Marke gerissen, trotz Lokgehäusen wie Kastenbroten und cw-Luftwiderstandsbeiwerten wie Massivholzschrankwänden? Nein, ich denke, das Gehäuse wäre wohl weitgehend unverändert geblieben.
Bliebe die Frage nach der Farbgebung. Ende der 60er Jahre gab es keine "Produktfarben" für den Schnellverkehr bei der Reichsbahn Ost. Doch Moment - so einfach lässt sich das nicht sagen. Als 1965 der SVT "Görlitz" in diesen Farben auf der Leipziger Messe präsentiert wurde - definierte er mit seinem Erscheinungsbild nicht den hochwertigen Reisezugverkehr der DR; legte er damit nicht auch dessen "Produktfarben" - selbst dieser Begriff scheint mir für die damalige Zeit fremd zu sein - fest? Was lag also näher, als diese Farben auf unsere "E11 2001", den gedachten neuen Schienenstar der DR auf der Leipziger Messe 1968, zu übertragen? Bitte, hier ist sie:
Bild
Zur Erläuterung: Den Lokkasten umschließt das gleiche elegante Rotbraun wie beim 65er-"Görlitz"-Messezug (Fragt mich bloss nicht nach irgendwelchen exakten Farbtönen - da krieg' ich immer Haue von Bart, deswegen versuch ich's gar nicht erst die anzugeben... ). Die Schürzen unterhalb der Pufferbohlen sind in einem eleganten Blaugrau gehalten, der Lokrahmen schwarz. Gegenüber dem Rahmen setzt sich der Lokkasten nach unten mit zwei - einem dickeren und einem dünneren - Zierstreifen ab; gegenüber dem Dach nach oben hin mit einem. Dieses ist - wie die Zierstreifen, der "Blitzstreifen" an der Seite (der ebenfalls vom "Görlitz" übernommen wurde) und die seitlichen Griffstangen - in Elfenbein gehalten. Dort, wo bei der E11 das Nummernschild an der Front zu finden ist, prangt bei unserer "E11 2001" stolz ein kreisrundes DR-Logo. So vielleicht hätte dieser "Edelrenner Ost" also aussehen können; und die Zuggarnituren am Haken unserer E11.20 möge man sich vorstellen lackiert wie die Zwischenwagen des 1965er Messe-"Görlitz".
Wie dem auch sei: So hätte sie aussehen können, die geheimnisumwitterte Schnellfahr-Elektrolok Ost. Nun, es hat nicht sollen sein. Für mich ist dieser Entwurf eine interessante, und doch lediglich möglich Antwort auf unsere Eingangsfragestellung. Und wenn jetzt einer unserer Reichsbahn-Experten eine zeitgenössische Illustration der E11.20 aus dem Hut zaubert, die eine völlig anders aussehende Lokomotive zeigt habe ich nun zumindest einen Grund, mir gepflegt in den H...... zu beißen...!
Grüße!
Christian