Hallo allerseits,
ich bin Stefan, 37 Jahre alt und Industriedesigner. Ich habe mehrere Jahre
als Konstrukteur im Automobilbereich gearbeitet bevor diese Arbeiten aus Kostengründen
in Schwellenländer ausgelagert wurden.
Nun wurschtelt man sich so durch – aber das Konstruieren ist immer noch eine Leidenschaft von mir.
Vor einigen Jahren habe ich beim Ausmisten meines Elternhauses die LGB-Gartenbahn und die
Märklin-Modelleisenbahn aus meiner Jugend wiederentdeckt und bin seither wieder mit viel Herzblut dabei.
(für meine Frau manchmal etwas zu viel...)
Damals als Kind fehlte mir das Geld und auf jede Neuanschaffung vom Händler musste lange gespart werden.
Heute gibt es zusätzlich noch ebay und insbesondere die älteren (Vitrinen-)Modelle sind oft schon für wenig Geld verfügbar...
Mittlerweile hat sich bei mir ein derart großer Fuhrpark angesammelt, dass ich nun zwangsläufig
aus Platzmangel diverse Modelle verkaufen möchte. Als Privatperson wäre das sicher unkompliziert,
solange man nur hin und wieder einzelne Modelle verkauft. Es sind aber bereits zu viele dafür und die
meisten Modelle habe ich selbst digitalisiert - teils auch schon mit ESU-Loksounddecodern. Hinzu kommt,
dass ich als leidenschaftlicher Konstrukteur auch selbst Teile entwerfe und mittels 3D-Drucker und Lasercut produziere.
Die Fahrzeuge werden damit teils erheblich aufgewertet.
Per Definition darf ich solche Umbauten aber schon nicht mehr als Privatperson bei ebay verkaufen.
Mir bereitet diese Arbeit sehr viel Freude und sie ist für mich zu einem wichtigen Ausgleich zum
leider oft tristen Büroalltag geworden. Also will ich dafür ein eigenes Gewerbe anmelden.
Für die selbst konstruierten Teile sehe ich da weniger Probleme (mit Ausnahme der vielen
obligatorischen unternehmerischen Pflichten), da sie, als Bausatz vertrieben, nicht der
CE-Kennzeichnungspflicht (Kein Spielzeug, ab 14 Jahre) unterliegen.
Auch bzgl. des Urheberrechts bestehen keine Hindernisse, da ich die Teile selbst auf Basis eigener Ideen
entwickele und produziere. (...später mehr)
Für aufgewertete Fahrzeuge der Fa. Märklin sehe ich jedoch gleich mehrere Fallstricke,
deretwegen ich um euren Rat bitten möchte.
Vorweg: auf gar keinen Fall will ich meine Familie und unsere finanzielle Existenz durch ungesundes
Halbwissen oder unbedarfte Handlungen gefährden! Ich bin weder Elektriker, noch Jurist.
Ich versuche stets meine zweifellos vorhandenen Wissenslücken zu füllen und bin immer offen für Neues!
Alles was ich bei der Digitalisierung tue, mache ich nach bestem Wissen und Gewissen.
Dieses Forum hat sich für mich bisher als wahre Goldgrube erwiesen, da hier viel Expertise zu finden ist.
Daher wende ich mich an euch um meine Bedenken zu teilen und/oder bestenfalls vielleicht sogar
auch zu entkräften.
1.) CE-Kennzeichnungspflicht von digitalisierten Lokomotiven
Betrifft alle Digitalumbauten mit HLA, Maxon-, Softdrive-Motoren
Decoder: ESU Lokpilot und ESU Loksound
Vorgesehene Entstörkondensatoren und Drosseln sind verbaut
alle Lötstellen sauber mit Schrumpfschlauch isoliert
kurze, gleichmäßige Leitungslängen
Nach einem Digitalumbau ist man per se Hersteller!? Ist so ein Umbau als „wesentlich“ zu betrachten?
Gibt es eine Möglichkeit die CE-Kennzeichnung der verbauten Komponenten auf den eigenen Umbau
zu übertragen oder muss man selbst den Nachweis erbringen?
Genügt ein teilweiser Nachweis (also nur für die eigenen Arbeiten) oder müssen alle Komponenten
den Prozess im Verbund durchlaufen? (logisch)
→ damit wäre dieser Teil des Geschäftsmodells in finanzieller Hinsicht bei weitem nicht mehr tragbar
Sind EMV-Tests für alle Baureihen separat durchzuführen oder genügt ein exemplarischer Nachweis für alle
Umbauten mit dem Decoder/-Motortypen, oder ist ein Nachweis gar für jedes Exemplar durchzuführen?
2.) Markenrecht: Sowohl durch einen Digitalumbau, als auch durch zusätzliche Teile werden Änderungen
an einem Markenprodukt vorgenommen. Da es sich in meinem Fall ausschließlich um Modelle handelt
die seitens Märklin nicht mehr produziert werden und teilweise schon an die 60 Jahre alt sind (Art. Nr. 3021)
bestehen weder Garantie-, noch patentrechtliche Einschränkungen.
Eine Modifikation eines Markenartikels kann aber dennoch unterbunden werden, sofern der Hersteller hierbei
eine Beeinträchtigung seiner Markenrechtlichen Hoheitsrechte geltend macht (§24 MarkenG, Abs.2).
[Vgl. gesetze-im-internet.de/markeng/__24.html]
- Wie ist eure Einschätzung im Falle Märklin dazu?
- Kann man so etwas wie eine Herstellerlizenz bei Märklin erhalten?
- Sofern man die modifizierten Artikel unter einer eigenen Marke vertreibt, wäre das i.O. ?
Die Produktidentität wäre jedoch in jedem Fall immer noch dem Original zuzuordnen.
Märklin bleibt halt Märklin...
3.) Fa. ESU: Bei Verwendung von ESU-Loksound Projekten geht man bekannterweise eine Lizenzvereinbarung ein.
Diese untersagt eindeutig den Verkauf, sowie die öffentliche Wiedergabe (Youtube), sofern man nicht im Besitz einer
ausdrücklichen Erlaubnis (kostenpflichtige? Lizenz) der Firma ESU ist.
Da man viele Youtube-Videos findet, in denen MoBa-Freunde privat und/oder gewerblich ihre Sound-Umbauten präsentieren,
gibt es doch sicher auch hier Erfahrungen dazu.
Weiß jemand ob ESU solche Lizenzen vergibt und was die ggf. kosten?
Die CE-Kennzeichnungspflicht sehe ich als höchst kritisch an, da im Falle einer konsequenten Auslegung sämtliche
kommerziell vertriebenen Digitalumbauten illegal wären, sofern man nicht Unsummen für den Nachweis der Konformität
ausgibt oder selbst in einem EMV-Labor tätig ist.
Wie steht es diesbzgl. mit der Dienstleistung des Umbaus? Unterliegen jene Werke ebenfalls der CE-Kennzeichnungspflicht
oder ist das bereits eine Grauzone oder gar legal?
Die Fragen und weitere treiben mich schon länger um und bisher haben meine Recherchen nur noch weitere Fragen aufgeworfen.
Sicherheit geht vor. Daher werde ich letztlich um einen rechtlichen Beistand wohl nicht herumkommen.
Ich danke euch vielmals vorab für eure Rückmeldungen und hoffe auf viele neue Erkenntnisse!
Viele liebe Grüße aus Braunschweig,
Stefan