Hallo,
seit einigen Jahren betreibe ich auf meiner 2L-HO-Anlage eine Modellbahn-Oberleitung und habe beste Erfahrungen damit gemacht.
Überrascht bin ich insofern über die vielen kritischen Berichte in diesem Forum und möchte deshalb ein paar Punkte aufgreifen:
Vorweg: zu Beginn an habe ich beim Bau meiner Anlage den echten Fahrleitungsbetrieb angestrebt. Zunächst stand ich ebenfalls vor der Wahl, ob Sommerfeldt, Hobbex oder Viessmann. Entschieden habe ich mich für Sommerfeldt, weil eine Fahrleitung ohnehin viel Arbeit ist und ich am Ende für die viele Mühe möglichst wenig Kompromisse und maximalen Spielspaß haben wollte. Die Viessmann-Mastbefestigung erschien mir nicht sehr stabil, die Fahrdrähte sehen m. E. unrealistisch aus und ich hatte Zweifel, ob bei echtem Fahrbetrieb der elektr. Kontakt von Draht zu Draht auch funktioniert (Löten m.E. nicht möglich). Hobbex fiel raus wegen der Optik.
Zugegeben, Sommerfeldt ist nicht billig, so schlimm war es aber dann doch nicht, denn einen Großteil des Materials konnte ich über Ebay günstig kaufen.
Die Stabilität finde ich wichtig, denn wenn z.B. ein langer ICE/ein IC mit hohem Tempo entgleist und an einen Fahrmast donnert oder sich ein Pantograph einfädelt, so sollte dies keine nennenswerten Beschädigungen hinterlassen. Insofern ist die Gewindestangenbefestigung bei Sommerfeldt durchaus berechtigt. Zudem läuft man bei einer Fahrleitung Gefahr, beim Aufgleisen oder Herunternehmen von Fahrzeugen hängenzubleiben. Auch da ist Stabilität wichtig, damit nicht gleich etwas kaputt geht.
Die Fahrdrahtdicke: da war zu lesen, dass der Fahrdraht; sollte er maßstäblich dünn sein, eigentlich gar nicht auf der Anlage zu sehen sei und man ihn deshalb weglassen könne. Jedem das seine; ich habe aus Stabilitätsgründen sogar die "dicken" 0,7mm Sommerfeldt-Drähte genommen (die 0,5er sind mir zu empfindlich) und finde dies optisch keineswegs störend. Kupfer macht m.E. einen edlen Eindruck, sodass ich die Fahrleitung gerade deshalb schön finde. Immerhin sind neu gespannte Leitungen im Original auch kupferfarben. Sommerfeldt schlägt vor, nach der Montage die Drähte grau anzumalen; das habe ich bewusst sein lassen.
Zum Digitalbetrieb: der Aussage, dass Digitalbetrieb mit Fahrleitung nicht möglich sei, muss ich widersprechen. Nach Fertigstellung meiner Fahrleitung war ich erstmal überrascht, wie gut (und funkenfrei) die Stromübertragung funktioniert. Ein schwerer IC (12 Waggons), von einer analogen BR 103 bergauf beschleunigt, zieht stellenweise bis zu 1A! aus der Fahrleitung (ausschließlich Motorstrom) und selbst bei hohem Tempo muss man schon den Raum abdunkeln um einen Funken zu sehen. Zugegeben machen fabrikneue Stromabnehmer einige Kontaktprobleme, mit ein wenig Öl an jedem Gelenk ist das Thema aber durch. Der Digitalbetrieb macht hier keinen Unterschied und funktioniert bei mir ebenfalls tadellos. Echter Fahrdrahtbetrieb hat den Vorteil, dass sich dort nicht die typischen Rad-/Schiene-Verschmutzungen absetzen können und ist insofern zuverlässiger. Als angenehmer Nebeneffekt lässt sich zudem die Stromaufnahme des Triebfahrzeugs überwachen. Mechanische Schwergängigkeiten, die durch die Digitalregelung nicht auffallen und ggfs zu Schäden an Getriebe/Motor führen, lassen sich damit frühzeitig erkennen (eigene Erfahrung).
Beim Thema Abspannung habe nichts darüber gefunden, wie das axiale Verschieben der Fahrdrähte (insbesondere in Kurven) verhindert werden kann. Nach erfolglosem Rumprobieren habe ich die Abspannung sein lassen und die Drähte verlötet. Das Löten sieht m.E. nicht viel schlechter aus als die Abspannvariante.
Zum Schluss noch ein paar allgemeine Worte zur Oberleitung: meine Anlage ist gewiss nicht klein und doch bin ich aus Platzgründen bei den Radien bis auf 415mm (kleinster) heruntergegangen (lange Dampfloks sollen noch überall hin kommen). Im Kurveninneren müssen die Masten dann schon recht nah beieinander stehen und natürlich versucht man (aus Kosten-& optischen Gründen) das Optimum herauszuholen. Die vorbildgetreuen schmalen Schleifleisten vieler Roco-Panto‘s fädeln dann gerne mal aus und bleiben hängen. Eine Zeitlang habe ich mich damit rumgeärgert; mittlerweile löte ich auf alle schmalen Pantos ein breiteres selbstgemachtes Schleifstück auf (aus Sommerfeldt 0,7mm-Drähten). Das sieht schöner aus, als es sich anhört und verschafft ungetrübten Fahrspaß. Modellbahn ist ohnehin immer mit Kompromissen verbunden und dazu gehören auch solche zugunsten der Funktionalität.
Zugegeben hat die Fahrleitung bei mir hohe Priorität. Ich bin begeisterter E-Lok-Fan und von daher war das ein Muss, wenngleich ich auch zu Beginn der Arbeiten wie ein Ochs vorm Berg stand, weil die Erfahrung fehlte. Die Höhe des eigenen Anspruchs muss jeder für sich entscheiden. Was den Kostenvergleich mit anderen Herstellern angeht, so bin ich der Meinung, mit Sommerfeldt eine gute Wahl getroffen zu haben, weil kaum Kompromisse, Stabilität und maximaler Spielspaß.
Gruß
Heiko