Die SBB geht das ganze aber offenkundig wesentlich pragmatischer an. Auch wenn der Aufhänger des Artikels natürlich das allseits gehypte lokführerlose Fahren ist, wird doch sehr deutlich, dass das eigentlich nicht das Ziel der SBB ist.
Vorerst geht es hier offenbar um eine AFB, die auf Basis von zentralen Vorgaben fährt, so dass ein maximaler Durchsatz gewährleistet wird - ein Konzept, wo ich mich eher wundere, warum man erst jetzt anfängt dieses umzusetzen. Mit so einem System könnte man auf stark belasteten Streckenabschnitten in meinen Augen einiges rausholen. Nehmen wir mal nur ein haltzeigendes Signal vor einem Bahnsteig. Zug 1 hält am Bahnsteig, Zug 2 fährt zügig auf das Signal zu und kommt zum Stehen. Wenn Zug 1 jetzt ausgefahren ist, muss Zug 2 erst wieder anfahren und schleicht damit an den Bahnsteig ran. Wenn man jetzt allerdings eine Schätzung hat, wann das Signal vsl. auf Fahrt gehen wird, kann der Zug 2 schon vorher ausgebremst werden, kommt damit im Idealfall gar nicht zum Stehen, und kann damit viel schneller den Bahnsteig anfahren. Dabei muss man aber natürlich auch berücksichtigen dass Zug 2 nicht einen nachfolgenden Zug 3 ausbremst.
Natürlich ist bei diesem Szenario noch die Unwägbarkeit dabei wie lange der Fahrgastwechsel dauert, auf Basis von statistischen Daten (evtl sogar selbstlernendes System) sowie weiteren Messwerten (z.B. von einer Fahrgastzählanlage, die erkennen kann, ob die Leute noch am Aussteigen sind oder schon wieder am Einsteigen, sowie dem Türschließimpuls etc.) kann man da aber vermutlich schon ganz gute Schätzungen machen. Und wenn kein Bahnsteighalt beteiligt ist, sondern es um Überholungen etc. geht, wird das ganze natürlich nochmal einfacher zu optimieren.
Die Testfahrt, die in dem Artikel beschrieben wurde, scheint auch in erster Linie eine ferngesteuerte AFB zu sein.
Ebenfalls finde ich es sehr erfreulich dass die SBB offenbar sehr realisitsch an das ganze rangeht und klar sagt dass man auf Lokführer nicht verzichten kann, diese aber evtl. während der Fahrt (sofern keine Störungen auftreten) langfristig abschnittsweise im Fahrgastraum arbeiten werden.
Das zeigt schon sehr deutlich, dass die SBB hier eine zielgerichtete realistische Strategie hat, im Gegensatz zu dem was die DB da teilweise an Tagträumen verkündet hat - wobei mein Eindurck bei der DB ist, dass man hier den lokführerlosen Betrieb eher als Drohkulisse von Tarifverhandlungen nutzen will.
Eine Bahn ohne Signale - ganz ehrlich, das glaube ich erst wenn ich es sehe. Auf der freien Strecke sowie in reinen Kreuzungs/Überholungsbahnhöfen ist das denkbar, in größeren Bahnhöfen wo Züge abgestellt, rangiert etc. werden kann ich mir das dagegen nicht vorstellen, das wird zu große technische/betriebliche Probleme geben. Und auch auf der freien Strecke würde ich vermuten dass man davon eher wieder abkommen wird - bei Ausfall von GSM-R/ETCS kann man ohne Signale den Betrieb jedenfalls nur komplett einstellen, und falls bei einem Zug das Fahrzeuggerät ausfällt ist das auch ein größeres Problem und in meinen Augen auch ein deutliches Sicherheitsrisiko. Von daher gehe ich persönlich davon aus dass die Zahl der Signale zwar in Zukunft deutlich reduziert sein wird (wie ja auch heute bereits auf Neubaustrecken mit LZB), aber man von dem geplanten kompletten Verzicht wieder abkommen wird.