Hallo ihr alle!
Lang ist's her mit dem letzten Post; einiges ist seither geschehen, wenn auch modellbautechnisch nicht ganz so viel wie erhofft...
Dennoch lässt hier nun schon etwas neues präsentieren.
Meine Schwester und ich haben in der Zwischenzeit weiter am Modul "Brücke" gewerkelt; hier ging es vorrangig um die Komplettierung der Gartenanlage. Der erste Garten ist jetzt inklusive Laube und Waschbetonterrasse *igitt* fertiggestellt. (Nur blöderweise habe ich grad' kein Foto davon; liefere ich nach...)
Des weiteren - und das macht den Löwenanteil der Arbeit der letzten Wochen aus - habe ich mit der Realisierung des Modul "Klosters" angefangen - da natürlich mit dem Kloster selbst. Und womit beginnt der Klosterbau? Natürlich mit der Kirche!
Ich habe das Kloster ansich ja schon etwas früher vorgestellt, an der Grundidee hat sich nicht viel geändert. Die Kirche ist eine romanische Chorturmbasilika mit gotischem Chor und backsteinernem Glockengeschoss mit kupferner Doppelspitze bekrönt. Nur hatte ich die Kirche wie das komplette Kloster ja auch von innen geplant und auch die den Regeln der Physik strotzenden Orgel erdacht. Das Innere soll nun also auch bitteschön zu sehen sein!
Meine erste Idee war, die gesamte Nordseite des Kirchenschiffes an der Anlagenkante zu schneiden, nur hätte ich dann auch den auf dem Chor stehenden Turm der länge nach schneiden müssen, was bedeutet hätte, dass ich einen Teil der Turmspitze auch mit weglassen hätte müssen. Das hätte man nun aber von vorne (Osten) gesehen, der Blick nach Westen auf die Choranlage und den Turm durch die Klosterstraße (siehe Visualisierung weiter vorn) wäre so unvollständig bzw. unplausibel gewesen...
So habe ich mich entschieden, den Schnitt etwas weiter nördlich zu setzen und nur das Nordquerschiff anzuschneiden. Die Nordwände des Chores und des nördlichen Seitenschiffes bleiben so unversehrt.
So ist es aber nur durch die kleine Öffnung im Querschiff kaum möglich, den schönen Raum des Langhauses wahrnehmen zu können, sodass ich mir eine Geschichte ausgedacht habe, um eine Dachöffnung im Längsschiff zu rechtfertigen. Genaugenommen schlage ich sogar eine zweite Fliege mit nachfolgender Klappe, denn so habe ich mich auch gleich noch den ohne 3D-Drucker fast unmöglich herzustellenden Gewölben entledigt:
* Im Originalzustand war die Feld- und Backsteinbasilika mit einer einfachen romanischen Holzdecke ausgestattet, die höchstwahrscheinlich wenigstens teilweise bemalt war. Jedoch wurde diese - wahrscheinlich nach einem Stadtbrand - im Zuge der gotischen Umgestaltung der Kirche (auf die auch der verlängerte polygonale Chor sowie der Turmaufsatz zurückgeht) - durch eine gotische Kreuzgratgewölbe-decke ersetzt. Im Langhaus sind zudem im Abstand von zwei romanischen Pfeilern backsteinerne Dienste mit figural ausgearbeiteten Halbkapitälchen vorgesetzt. Im Querschiff fehlen diese, sodass die Vermutung nahe liegt, dass die Einwölbung in zwei wesentlichen Bauetappen vorgenommen wurde. Auch nutzte man die Gelegenheit, diese Seite der Kirche analog zum Chor aufzubrechen und dadurch aufzuhellen; es wurde ein gotisches Maßwerkfenster eingepasst, wohingegen das romanische Westportal verschlossen wurde.
Dieser bauliche Zustand erhielt sich über mehrere Jahrhunderte, obgleich das Interieur mehrmaligen Wandlungen unterlag. Zunächst einschneidende Veränderung brachte der reformatorische Bildersturm 1522 mit sich; vermutlicher Weise sind im Zuge der Zerstörung des rituellen Mobiliars auch die südliche der beiden Nebenapsiden der Seitenschiffe des romanischen Chorraums abgebrochen worden, die nördliche wurde aufgestockt und zum Wendeltreppenturm umgestaltet. Nach der Auflösung des Klosters wurden die Klausurgebäude als Schule weitergenutzt, die Kirche selbst erfuhr nach einer Renovierung eine Renaissance als zweite protestantische Stadtkirche Carlshagens.
Der Innenraum ist weiterhin des öfteren umgestaltet worden - erwähnenswert ist 1564 der Einbau einer Kanzel - vermutlich im Nordquerschiff - als zentrales Element des protestantischen Gottesdienstes. Das östliche Ziffernblatt der Uhr verrät an dessen Ecken das Jahr der Installation der Turmuhr: "ANNO DOM.(ini) 1611". 1695 sind 200 Goldtaler Einbau einer kleinen Orgel im Südquerschiff in den Kirchenbüchern vermerkt. Zwölf Jahre zuvor wurde die heute zweitälteste und größte Glocke im Turm, "Johannes", gegossen, wie die Glockenzier verrät.
Weitere Umbaumaßnahmen folgten, die Umfangreichste 1896; ein Komplettneubau der Einrichtung inklusive neuer romantisch disponierter Orgel - allerdings im Westen auf einer Holzempore, das gotische Maßwerkfenster verbauend. Der vermutlich in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts errichtete Kanzelaltar machte die Querschiffskanzel überflüssig; dieser Altar wurde bei der Umgestaltung des Raumes 1896 "restaurierend" dem Zeitgeschmack angepasst, das heißt "gotisiert" und mit neogotischen Kunstschnitzereien versehen. Die Umbaumaßnahmen wurden dann 1897 durch die Wiedergangbarmachung der Uhr im Turm und der Weihe einer neuen aber der kleinsten Glocke "Maria" abgeschlossen.
Den ersten Weltkrieg überstand die Kirche ohne nennenswerten Schaden, bis auf die Abgabe der erst 18 Jahre alten Bronzeglocke "Maria".
Wie schon in vergangenen Posts beschrieben wurden 1944 dann auch die beiden anderen Glocken, darunter die mittelalterliche "Jakobus"(1457?) trotz ihrer C-Klassifizierung zur Einschmelzung abtransportiert, glücklicherweise aber nicht mehr eingeschmolzen.
Jedoch ereilte die Kirche im darauffolgenden Jahr ein weniger glimpfliches Schicksal. Aus teilweise ungeklärten Umständen geriet die Kirche in der Nacht zum 15. Dezember 1945 in Brand. Es wird vermutet, dass das Feuer von den in der Kirche Untergebrachten, aus den Ostgebieten Geflohenen ausging; das Kloster wurde von der Stadt als Notunterkunft deklariert. Möglicherweise fing bei einem Versuch, Feuer zu machen das Stroh, dass im Kirchenschiff für die Geflüchteten ausgelegt war, Feuer. Glücklicherweise lies niemand sein Leben.
Der westliche Teil der Kirche inklusive der zweimanualigen Zeule-Orgel brannte völlig aus, aber auch der Altar im Osten litt Schäden. Die gotischen Gewölbe im Lang- und Querhaus stürzten ein; der ebenso eingestürzte Dachstuhl begrub die verbrannte neogotische Einrichtung unter sich.
Jedoch bleib - wie ein Wunder - der Turm und mit ihm der leere, teilweise mittelalterliche Glockenstuhl nahezu unversehrt.
1952 konnten die beiden erhaltenen Glocken der Jakobikirche nach Carlshagen zurückgeführt werden, jedoch wurden sie zunächst nicht wieder im Turm installiert installiert, sondern im Südturm der Stadtkirche zwischengelagert. Die Jakobigemeinde nutzte nach dem zweiten Weltkrieg die Marienkirche mit.
Seit kurz nach Kriegsende sammelte die Jakobigemeinde Spenden für den Wiederaufbau der Ruine. 1948 konnte damit eine Notdürftige Sicherung der Westmauern finanziert werden. Zwischen romanischem Chor und der Vierung wurde eine Trennwand eingezogen, um wenigstens den Chor als Andachtsraum zur Verfügung zu haben.
Aber der Westteil der Kirche verfiel in den folgenden zwei Jahrzehnten weiter.
1969 kursierten im Stadtgespräch Pläne für den Abriss der Kirche - die Initialzündung für den Wiederaufbau. Es gründete sich ein Kirchbauverein; die Wiederweihe und Erhaltung der kompletten Kirche als Ziel. Mit der Hilfe vieler Spender und nicht zu verachten zweier westdeutschen Partnergemeinden sowie einer aus der Schweiz konnte die Stabilisierung der Ruine angegangen werden. Auf das Lang- sowie das Querhaus wurde ein neuer Betonringanker aufgegossen. Vorgefertigte Dachstuhlsegmente konnten im Sommer 1984 aufgesetzt werden; am 25. Juli war Richtfest. Es folgte eine einfache Bretterverschalung und darauf zunächst eine Eindeckung mit Dachpappe. Nicht nur aus Kostengründen entschied man sich damals gegen eine Rekonstruktion der Gewölbe: einerseits blieben somit die Schäden als Mahnung sichtbar, andererseits erinnert der nun offene Dachstuhl an die Anfangsjahre der Kirche, als jene noch mit einer einfachen Holzbalkendecke geschlossen war. Nach der Teilrekonstruktion des Fußbodens von 1896 unter Berücksichtigung einiger älterer Grabplatten und Epitaphien konnte die Chor und Langhaus trennende Mauer herausgebrochen werden und die Kirche am 18. November 1984 geweiht.
1993 kehrten in einer spektakulären Aktion auch die beiden alteingesessenen Glocken zurück in den alten Glockenstuhl.
Wegen schrumpfender Kirchenmitgliederzahl fusionierten 1998 die Jakobi- und Mariengemeinde zur Stadtgemeinde St. Marien & Jakobi. Daher finden in der Kirche nur noch 14-tägig Gottesdienste statt. Schon zuvor aber ist die Kirche auch anderweitig genutzt worden, beispielsweise ist sie seit 1996 auch eine Spielstätte des Carlshagener Theatersommers.
Heute ist in den alten Klostermauern das Stadtmuseum untergebracht. Das 1903 neogotisch als Gemeindesaal umgestaltete Dormitorium dient heute sowie als Austragungsort diverser Kunst- und Musik(historischen) Tagungen und oder als Seminarraum.
2008 wurde die lang ersehnte neue Orgel – ein Hybridwerk aus realen und gesampleten Orgelklängen in das Südquerhaus der Kirche eingebaut und somit eine Lücke in der Orgellandschaft des Flämings geschlossen. Während der Orgeltage ist die Kirche also auch eine rege besuchter Veranstaltungsort. **
*Fiktion Anfang **Fiktion Ende
Oh, Gott – dass war es erstmal mit der historischen Legitimierung des offenen Dachstuhls – aber frei nach Goethe „die Geister die ich rief“; ich konnte einfach nicht mehr aufhoren…
Jetzt zeige ich noch ein paar (zwar nicht ganz aktuelle – meine Kamera ist ausgestiegen… Bilder vom Bau der Klosterkirche:
Der Rohbau des Hautschiffes...
... hier schon etwas weiter gediehen, ...
... auch die Ansätze des Chorturms sind schon vorhanden.
Nun hab' ich doch noch ein paar Bilder des jetzigen Arbeitsstanddes aufgenommen, allerdings sind diese mit der Frontkamera meines Laptos, also grottenschlecht... Ich hoffe, beim nächsten Baufortschritt gibts bessere Bilder!
So, das soll es erstmal gewesen sein. Wir hoffen, ihr verzeiht uns unsere längere Abstinenz - aber jetzt soll es kontinuierlich weiter gehen.
Liebe Grüße bis dahin, Carl (& Hagen)