Hallo KVLM,
einige Fragen kann ich beantworten, aber vor allem mit der Reichsbahnzeit kenne ich mich überhaupt nicht aus. Hierzu ist das "Historische Forum" bei DSO zu empfehlen; dort sind Kenner des Altertums aktiv, und der Umgangston ist auch wesentlich zivilisierter als in den restlichen Unterforen.
Zitat von KLVM
Hallo,
mich würde mal interessieren, wie das genau beim Vorbild mit der Versorgung eines Personenzuges aussieht.
Früher war nach meinem Wissen die Dampfzugheizung verbreitet, welche dann durch elektrische Zugheizung abgelöst wurde. Eine V200 und später die 216 hatten offenbar auch gerade deswegen ihre letzten Einsätze vor Güterzügen, weil die verbaute Dampfzugheizung nicht mehr angesagt war und bei den großen Dieselloks nur die 218 mit elektrischer Zugheizung moderne Personenzüge heizen kann (bzw. heute die 245).
Die ersten Diesellokbaureihen hatten noch sehr schmalbrüstige Motoren, deshalb hatte die V200 ja auch 2 davon, und da war nix mit Abzweigen von Leistung für Heizzwecke. Das gelang erst mit der 2500-PS-Maschine der 218, die deswegen die einzige mit El-Heizung ist.
(die Handvoll Versuchs-217er ausdrücklich ausgeklammert)
Am Anfang war man froh, daß die Loks überhaupt aus den Puschen kamen und ihren Zug ziehen konnten. Außerdem gluckerte sowieso Diesel im Tank, mit dem man einen Ölbrenner befeuern konnte. Und zu guter Letzt hatten die Wägelchen für Nebenbahnen aus der guten alten Zeit noch alle Dampfheizung - so fiel die Wahl der Qual nicht schwer.
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-Kann jede Dampflok einen Personenzug mit Dampfheizung erstmal heizen? Und ist das begrenzt? Kann z.B. ein T3- oder BR80-Hobel eine komplette 1920er Rheingold-Garnitur heizen?
Garantiert nicht, denn der Wagenzug verbraucht eine entsprechende Dampfmenge, angegeben in "Kilogramm pro Stunde". Die muß der Kessel erstmal erzeugen können, und das dürfte wohl bei einer Nuckelpinne wie der T3, die bekanntlich noch aus einer ganz anderen Zeit stammt, nicht der Fall sein. Seinerzeit reichte es für Länderbahnwägelchen, mehr nicht.
Natürlich waren die Einheitsloks der 20er-/30er-Jahre sehr wohl für moderne Drehgestellwagen konstruiert, und auch die Nachkriegsdieselloks der Bundesbahn.
Siehe hier: http://v100.de/index.php?nav=1000200&lang=de
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-Und andersrum: Kann jede E-Lok jeden Zug mit elektrischer Heizung versorgen? Bekäme z.B. eine 163 eine moderne Intercity-Garnitur mit Boardrestaurant versorgt? Ob jetzt 101 oder 163, bei beiden liegt ja schließlich genau ein Panthograf an der Oberleitung an und die Leistung müsste "nur" an den Zug weitergegeben werden.
Der Panthograf hat mit der Heizleistung rein überhaupt und absolut gar nix zu tun, der ist in diesem Spiel völlig außen vor. Oben liegen 15000 Volt an, das ist die Primärseite des Trafos, da ist der fließende Strom "niedrig" im Vergleich zur Sekundärseite mit insgesamt einigen Tausend Ampère für die Fahrmotoren.
Der Trafo hat eine extra Anzapfung für 1000 Volt, das ist die feste Spannung der Zugsammelschiene, früher Hauptheizleitung genannt. Diese Anzapfung ist bei den verschiedenen Baureihen auch für verschiedene Heizleistungen ausgelegt, z.B. bei der ex-DR-112/143 = 720 kW. Die Daten klaube ich jetzt nicht alle zusammen, Onkel Guugel ist schließlich Dein Freund.
Hat der Wagenzug mehr Wagen als die Zugsammelschiene versorgen kann, muß im Extremfall irgendwo mittendrin der Stecker gezogen werden. Überlastung ist nicht. Dieser Fall sollte bei planmäßigen Zügen nie eintreten; bei außerplanmäßigen Vorfällen ist es egal, weil dann sowieso alles schiefgeht.
Und die E63 hat übrigens gar keine Steckdose dafür, weil sie als Rangierhobel im Güterbahnhof arbeiten soll und nicht als Tauchsieder.
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-Wie war das insbesondere in der Vorkriegszeit? Da gab es ja hauptsächlich Dampfheizung für Personenzüge. D.h. die damaligen Personen -Eloks wie E04, E18/19, E32, E52... müssten dann ja alle einen Dampf-Heizkessel dabei gehabt haben ??
Ein Verweis auf DSO: http://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?17,3768461
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Zur E44 nennt Wikipedia aber eine elektrische Zugheizung an der "Universallok"... Eigentlich recht avantgardistisch, es ist ja eher eine kleine Lok welche sicher von Beginn an auch viel älteres Wagenmaterial ziehen musste. [...]
Universallok bedeutet, daß die Maschine verschiedene Zuggattungen gleich gut befördern kann. Da spielt "klein" zunächst eine untergeordnete Rolle; die 141 nach dem Krieg war schließlich auch kein Riese, sondern wurde absichtlich leicht gebaut, damit sie auf Strecken mit schwächerem Oberbau (=Gleis) fahren konnte.
Und was hat elektrische Heizung mit Avantgardismus zu tun? Wenn man schon eine Ellok baut, dann richtig und nicht mit halbem Hintern. Man plante damals auch schon in die Zukunft, das ist keine Erfindung von heute. Als die Elloks aus den gröbsten Kinderschuhen heraus waren, konnten die Ingenieure schon in den 30ern erkennen, daß der Dampftraktion in absehbarer Zeit die Puste ausgehen würde. Die passenden Wagen fürs Experimentieren gab es dann sicherlich auch noch dazu. Diese Erkenntnisse über el. Heizbetrieb erhielt man ja quasi "gratis" bei der Lokerprobung dazu.
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Die Serien-V200 und E10 wurden beide ab 1956 ausgeliefert. Die V200 hatte Dampfheizung. Da es beides Schnellzugloks sind, wäre es ja logisch, auch die E10 mit einer Dampfheizung auszustatten?
Bitte nicht alle Pillen schlucken , vor allem nicht die knallbunten . E10 und Dampf, ja nee, is' völlig klar. Als die Einheitsbaureihen herauskamen, war das Rennen längst gelaufen. Man ließ zwar die Nostalgiker noch ihre 23er bauen, aber danach war's das gewesen. Und wenn ich weiß, daß es in eingen Jahren keinen Dampf mehr geben wird, investiere ich auch keinen Pfennig mehr in veraltete Technik.
Außerdem kennst Du den Maschinenraum einer 110 nicht, wo soll da drin noch Platz für einen Hagenuk-Kessel mit Öltank sein? Du bist froh, wenn'ste Dich mit eingezogenem Bauch durchhangeln kannst.
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Wie läuft das eigentlich mir der Stromversorgung von Zügen mit Dampfloks? Der örtliche Museumsbahnverein führt immer einen Generatorwagen mit sich. ich habe mal gelesen, dass früher die Wagen Generatoren an den Achsen hatten, d.h. der Generatorwagen kommt wahrscheinlich daher, weil die dreiachsigen Umbauwagen vom Zustand her "zu neu" für die Dampflok sind...
Äpfel und Birnen sind beides Obst, und trotzdem gibt es da gewisse Unterschiede.
"Generatorwagen" haben einen Dieselmotor mit angeflanschtem großen Generator zur Heizstromerzeugung.
Ein Wagen mit "Achsgenerator" hat eine Art "Lichtmaschine", also ein kleiner Generator, der über eine feste Übersetzung an eine Achse gekuppelt ist und mit dieser mitläuft. Das bedeutet, daß dieser Dynamo unterschiedliche Drehzahlen hat, wenn der Zug langsam oder schnell fährt. Da ist schon mal nichts mit einer festen Ausgangsspannung. Und seine Funktion ist auch eine ganz andere: er sorgt für die Batterieladung der 110-Volt-Wagenbatterie. Das alles hat nix mit Heizung zu tun.
Spätere Wagenbauarten erhielten ein Ladegerät, das auch aus der 1000-Volt-Zugsammelschiene versorgt wird. Deshalb konnte der Achsgenerator wegfallen.
Es hat viele verschiedene Wagenbauarten gegeben, dazu kamen noch Modernisierungen und komplette Umbauten. Dabei hatten viele Wagen 2 oder sogar 3 verschiedene Heizsysteme an Bord: die alte Dampfheizung, die neue elektrische Heizung und vor allem die Speisewagen noch eine zusätzliche Ölfeuerung, damit sie auch im Stand ohne Versorgung von einer Lok betriebsfähig waren. Damit war gewährleistet, daß Züge sowohl von Diesel- als auch Elloks befördert werden konnten. Ohne Heizprobleme.
Die Heizungsart steht am Langträger angeschrieben; hier ist die Tabelle aller Varianten.