Also zum Thema führerlose Züge sei gesagt: Das wird so schnell nicht passieren, denn im Unterschied zu U-Bahn oder Metronetzen ist das Netz der Bahn viel komplexer und frei zugänglich. Es gibt bei der Bahn also äußere Umstände, die man nicht planen kann und dementsprechend auch nicht per Computer überwachen kann. Außerdem wäre bei einem Zug ohne Lokführer die Fahrt schon bei der kleinsten technischen Störung zu ende, sei es eine Tür, die nicht schließt, eine fehlende Gleisfreimeldung oder dergleichen.
Wer jetzt wegen des Streiks nach führerlosen Zügen schreit ist in meinen Augen einfach ein egoistischer Wutbürger. Ein Konzern, der 2,1 Milliarden Euro GEWINN ausweißt, kann es sich auch leisten die Mitarbeiter, die das Geld verdienen (und dass sind nicht die Vorstände, die sich aus nicht nachvollziehbaren Gründen einen Bonus von 900.000€ pro Nase gönnen) auch gut bezahlt werden und passable Arbeitszeiten haben. Zum einen will der Konzern das Zugpersonal nicht fair entlohnen und zum anderen braucht die Bahn jede Menge Lokführer, Zugbegleiter, Zugführer und dergleichen. Wie verrückt ist dass bitte?!
In Hamburg streiken Kita-Mitarbeiter jetzt unbefristet, dass ist eine kleine Randnotiz in der Zeitung und dass obwohl dadurch auch viele Familien Einschränkungen hinnehmen müssen und beim Lokführer wird gleich der Mob zum kochen gebracht. Warum?! Es scheint in diesem Land irgendwie "in" zu sein, die Leute die JEDER MITBÜRGER irgendwann im Leben zwingend braucht mies zu behandeln und zu bezahlen. Seien es Alten- oder Krankenpfleger, Krankenschwestern, Erzieher in den Kita´s, Feuerwehrleute, Polizisten, Mitarbeiter der Stadtwerke, Busfahrer oder Lokführer. Wir verkommen zu einem Billiglohnland mit einer riesigen Kluft zwischen arm und reich und sind sogar noch stolz drauf.
Im europäischen Vergleich sind deutsche Lokführer nur im hinteren Mittelfeld was die Bezahlung angeht, in den allermeisten westlichen Ländern verdienen Lokführer deutlich mehr. Teilweise fast das doppelte! Bei der rumänischen Waldbahn verdienen sie natürlich weniger, aber damit sollte sich ein Industrieland wie Deutschland nicht vergleichen.
Vielleicht regen sich auch alle auf, weil es seit längerem mal wieder ein Streik ist, der was bewirkt und die Leute trifft. Da sieht man mal was 10 Jahre "Mutti-Merkel" aus diesem Land gemacht hat, alles ist "hübsch" und "schön" und alle haben sich lieb. Konflikte werden einfach ignoriert oder nicht angegangen, dass färbt auch auf die Bevölkerung ab, wenn man 10 Jahre lang damit eingelullt wird.
Ich selbst bin Lokführer bei der Bahn, bin auch zufrieden mit meiner Arbeit, bin nicht in der GDL und streike auch nicht. Habe aber vollstes Verständnis für die Kollegen, die es tun und ich bin ja auch für mehr Geld oder mal eine Gewinnbeteiligung für alle Mitarbeiter der Bahn und nicht nur für die obersten Kreise.
Ich reibe mir einfach nur verwundert die Augen, wenn ich sehe, was in diesem Land so alles schief läuft oder welche mediale Bauernopfer hier durchs Dorf getrieben werden, wenn Menschen wie andere auch eine bessere Bezahlung für ihre wertschöpfende, verantwortungsvolle und komplexe Arbeit fordern. Es ist einfach traurig, zu sehen wie den Leuten die Solidarität abhanden kommt sobald man selbst mal für ein paar Tage aus dem alltäglichen Trott gerissen wird, weil ein profitabler, internationaler Konzern seine Mitarbeiter nicht angemessen bezahlen will.
Und zu dem was Frau Nahles vor hat sei nur folgendes gesagt: "Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!"
Das eine Partei, die aus der Arbeiterbewegung heraus entstanden ist jetzt das Streikrecht unter dem Deckmantel einer Tarifeinheit beschneidet, ist beschämend für dieses ganze Land. Warum steht das nicht in den Medien oder bringt die Leute auf die Straße?
Nachdenkliche Grüße aus Hamburg