#16 von
Bobbel
, 09.05.2018 16:48
Zitat
Hallo,
... ... ...
... in vielen anderen Städten wurde die Straßenbahn in den 60-70-80er Jahren ausgemustert
und heute heult man ihr hinterher...
Peter
Genau, so auch bei uns hier in Reutlingen. Die Straßenbahn wurde regelrecht "ausgehungert".
Fuhren bis fast zum Schluß (19. Oktober 1974) die Triebwagen aus der Anfangszeit von
1912 bzw. 1916, sowie der Baujahre 1928 und 1929.
Nach dem Krieg wurden insgesamt nur drei T2-Triebwagen Nr. 56-58 (1955 + 57) nach dem
Vorbild der SSB und 1964 drei Zweirichtungs-Zweiseiten-GT4 Nr. 59-61 neu beschafft, dazu
insgesamt sieben passende Beiwagen.
Von den Stuttgarter Straßenbahnen wurden 1961 der TW35 (Bj. 1929) und 1966 die beiden
Triebwagen Nr. 62-63 (Bj. 1950) und mehrere altbrauchbare Beiwagen gebraucht beschafft.
Alles andere waren Vorkriegswagen, die Nr. 21-27 (Bj. 1912/16), die 28, 29, 30/1, 30/2-32
(= Umbau zu ATW, gebraucht aus der Schweiz [Strab Luzern] beschafft), TW34 (Bj. 1910!)
und 35 (gebraucht aus Stuttgart) gekauft und die original Reutlinger TW 51-54 und der
größere TW55 (alle Bj. 1928/29). Alle Fahrzeuge besaßen einen Aufbau größenteils aus Holz
und einer Blechbeplankung. Sämtliche Altbauwagen wurden in den eigenen Werkstätten
mehrmals umgebaut und modernisiert.
Die älteren Fahrzeuge durften später im allgemeinen Betrieb (wegen der Holzaufbauten) nur
noch tagsüber und mit einer Sondergenehmigung des RP Tübingen eingesetzt werden...!
Im Regelbetrieb wurden bis zum Schluß nur noch die Triebwagen Nr. 35, 62 und 63 jeweils
mit zwei Beiwagen eingesetzt. Die Triebwagen 29, 53 und 55 dienten als Reservefahrzeuge.
Außer der 1,1 km langen Stichstrecke nach Hagen der Linie 4, welche am 12. Sept. 1964 ein-
weiht wurde, wurden nach dem Krieg kaum Veränderungen / Verbesserungen am Netz vor-
genommen.
Im Gegenteil:
Reutlingen als autofreundliche Stadt entledigte sich bereits in den 1950er Jahren der sog.
Bahnhofsschleife. Straßenbahnzüge aus Pfullingen mußten nun umständlich am Hauptbahn-
hof umgesetzt werden, während sie vorher im Kreis zurück über den Listplatz zum Karlsplatz
und /oder in die Wilhelmstraße fuhren.
Zudem wurde versäumt das Streckennetz, welches in weiten Teilen neben der Straße auf
einem separaten Bahndamm angelegt war, zweigleisig auszubauen und den Erfordernissen
anzupassen.
Im Jahre 1967/68 wurde dann noch der sogenannte Nordring erbaut. Neben einer
Abstell- und Umsetzanlage sollte diese Bau-/Erweiterungsmaßnahme verbesserte Zugläufe
und Fahrzeitverkürzungen auf den Linien 1, 3 und 4 mit sich bringen.
"Leider" wurde eine wichtige Weichenverbindung "vergessen" und somit ging der Nordring
praktisch nie richtig in Betrieb und wurde am 30. Mai 1970 mit den Linien 3 und 4 stillgelegt.
Mit Baubeginn des Nordrings wurde ab September 1967 der Streckenast nach Betzingen (Teil
der Linie 1) "vorübergehend" stillgelegt und nie mehr in Betrieb genommen...!
Übrigens: ein Fünfjähriger hätte beim Blick auf den Gleisplan sofort erkannt, daß am
Karlsplatz eine wichtige Weichenverbindung, ohne die der Betrieb nur schwerlich möglich ist,
"vergessen" wurde...! Nur die Verkehrsplaner, allen voran ein berühmter Professor der TH
Stuttgart, haben diesen kapitalen Fehler nicht bemerkt (nicht bemerken wollen!).
Grundlage für die Stillegung war ein Verkehrsgutachten, welches die Stadt Reutlingen bei o.g.
Wissenschaftler anfertigen ließ. In diesem Gutachten empfahl er eine sündhaft teure U-Straßen-
bahn (zu dieser Zeit kaum denkbar) oder die Stillegung der Bahn.
Gegen Ende der 1960er Jahre (in Reutlingen ab Sept. 1967 in drei Schritten) konnte man sich
nicht schnell genug der angeblich so altmodischen Straßenbahn entledigen und bereits wenige
Jahre nach der Einstellung sprach man hier von einer modernen Regional-Stadtbahn.
Doch diese Stadtbahn lebt bisher - obwohl fast jede Woche in der Zeitung davon zu lesen ist -
bisher nur in den Phantasien der "Volksvertreter", konkrete Dinge gibt es trotz positiver Signale
aus Stuttgart und Berlin bisher nicht, und der Landrat vermag bisher nur mit "glühenden Worten"
(= Lippenbekenntnisse) von der künftigen Stadtbahn zu erzählen...!
In Reutlingen streitet man sich schon jahrelang über die Linienführung quer durch die Stadt.
In Tübingen wird plötzlich von einer Gegnergruppe, welche z.T. im Rathaus beheimatet ist, be-
hauptet die Neckarbrücke wäre ungeeignet, weil zu schwach für den Straßen-/Stadtbahnbetrieb
und die Straßen in Tübingen wären (plötzlich) für eine Linie zu den Uni-Kliniken Berg und den
Uni-Fakultäten auf dem Schnarrenberg zu schmal, zu eng und deshalb ungeeignet. Interessant
ist, daß sich zwischenzeitlich auch der Tübinger Grünen-OB von einer Linie durch die Stadt und
auf den Schnarrenberg distanzierte...!
Und wiederum andere träumen von autonom fahrenden Elektrobussen usw.
Genau aus diesen Gründen wird die Stadtbahn - zu mindest in unserer Gegend - (vorläufig) eine
Utopie bleiben...!
Leider...!
OFF TOPIC ENDE...!
Bitte entschuldigt meine Themaverfehlung...
... aber nach dem Beitrag von Peter mußte alles was sich angestaut hatte alles raus und
endlich mal geschrieben werden...!
Zurück zum Thema...:
Meine Straßenbahn (nach Vorbild der ehem. Reutlinger Straßenbahn) wird derzeit von zwei
GT4 (Uenver + Halling) befahren. Als weitere Triebwagen stehen ein T2 (Hummel), ein Her-
brand, versch. Beiwagen und der ATW Nr. 27, ebenfalls ein alter, von mir umgebauter Her-
brand-Triebwagen, alle von GOG-Tram, zur Verfügung, sind jedoch auf der ca. 5 m langen
Pendelstrecke selten im Einsatz.
Die Fahrzeuge haben eine Spurweite von 12 mm (H0m) und fahren auf BEMO-Gleis.
Das Gleis wurde in den Straßenbereich eingelassen und die Zwischenräume (besonders der
Ausweichen) aufwendig mit BraWa Pflasterstraßen-Nachbildungen (heute leider nicht mehr
erhältlich) aufgefüllt. Die Fahrzeuge fahren analog mit Gleichstrom.
Grüßle aus HONAU.
Klaus
Edit: diverse Verbesserungen und Korrekturen, Rechtschreibfehler beseitigt
Spur H0, System Märklin, ECoS 4.2.12, ECoS-Boost, C-Gleis, BraWa-, GFN-, Liliput-, Märklin-, PIKO-, Roco-Loks + Wagen. GFN Profi-Kupplung. Epoche IIIb/IVa. Seit Jahren auf "schlanke" C-Gleis-DKW, EKW, asymmetr. DWW, Gleisstücke 7,5° zu R3-R9, sowie fiktive R8 + R10 wartend...!