RE: Verbeulte Modellautos -- (m)eine Anleitung

#1 von Ermel , 17.02.2013 08:52

Moin!

Nachdem in diesem Thread die Frage aufkam, wie ich meine Unfallwagen baue, hier eine kleine Anleitung am Beispiel dieses bedauernswerten VW-Pritschenwagens:



Zunächst habe ich die Frontmaske großzügig ausgeschnitten, wobei es wichtig ist, daß möglichst keine scharfen Kanten entstehen -- die zeichnen sich später schnell im Blech ab.

Scheinwerfer und Lufteinlaß habe ich stehenlassen, weil ich ein fauler Hund bin und keinen Bock hatte, den Krempel in zerdeppert neu zu bauen. Ist er eben gegen einen dieser tückischen Poller gedonnert, die oft unvermittelt aus dem Boden wachsen

Von einem ähnlichen Fahrzeug habe ich sodann das Reparaturblech in Alufolie abgeformt:

Dabei unbedingt drauf achten, alle Sicken und Kanten möglichst perfekt abzunehmen. Die machen später den realistischen Eindruck aus! Ein Beispiel dafür, was passiert, wenn man da nicht genug drauf achtet, zeigt mein Erstlingswerk aus dem obigen Thread:

Im zerknitterten Kotflügel fehlen die beiden Kanten nahe der Oberseite komplett, weil ich den zu oft hin- und hergebogen habe. Und leider hatte ich auch keinen zweiten Golf 3 zum Abformen eines neuen Kotflügels da -- auch eine Lektion: immer ein zweites unzerdeppertes Auto vorhalten, wenn beim Abformen oder Zerknittern was schiefläuft.

Das Blech habe ich dann angeklebt ...

... und verspachtelt.

Die "Wurst" aus zusammengekrumpelter Alufolie an der Unterkante stellt das sogenannte "Prallelement" dar, das beim Bulli seit '73 hinter der Stoßstange lebt und darauf wartet, im Fall der Fälle möglichst viel Aufprallenergie durch Verformung aufzunehmen und den Rest kontrolliert in den Rahmen abzuleiten, auf daß die Kabine trotz ihrer Lage vor der Vorderachse nicht kollabiere. (Funktioniert übrigens ganz gut.) Neben der Karosse liegt das Spritzteil der vorderen Stoßstange, schon mit Alufolie überzogen und mit nachgepinselter Gummileiste.


Hier ist die Front schon lackiert und die Stoßstange "entformt".


Nach der Montage sieht's schon wieder wie ein VW-Transporter aus.


In das Chassis muß auch noch ne Aussparung, die man natürlich auch vor der Montage des Alukrempels schnitzen darf -- ich hatte sie vergessen, aber immerhin noch vor dem Verbeulen dran gedacht ...

Uuuuund... Action! *vroooom* *BÄNG*


Reicht noch nicht. Das Prallelement ist schon im Fußraum, und die Frontmaske ist noch fast beulenfrei. Also mit dem Schraubenzieher etwas nachgedrückt ...

Schon besser. Der kleine Riß über dem Prallelement gefällt mir besonders ... das ist absolut typisch für solche Schäden. Allenfalls die Stoßstange muß nochmal neu, die ist etwas arg krumpelig geworden.

Wenn man diesen Schaden noch weiter treiben, also das Auto in einen echten Totalschaden verwandeln wollte, müßte man die Türen leicht nach außen knicken (etwa da, wo der Steg der Dreiecksfenster sitzt). Das ginge wohl auch in Plastik. Irgendwann reißt (Verbundglas) oder zerbröselt (Einscheiben-Sicherheitsglas) dann auch die Frontscheibe, Scheinwerfer fliegen raus etc. -- das läßt sich im Prinzip alles noch darstellen.

Spätestens, wenn aber eine Tür aufspringt und das Dach sich verformt, kommt man nicht mehr um einen Nachbau der ganzen Kabine aus Alufolie (mit eingesetzten Türen) herum -- denn die Grundregel bei dieser Methode lautet: Wo beim Vorbild eine Fuge zwischen zwei Blechteilen ist, muß auch im Modell eine sein -- entweder zwischen Alu und Plaste oder zwischen zwei Aluteilen! Denn zwei benachbarte Teile verformen sich nie gleich, d.h. die Fuge wird entweder aufklaffen oder zusammengedrückt werden. Bei letzterem verformt sich da das Blech, überlappt mitunter gar -- jedenfalls ist die Fuge anschließend keine solche mehr und damit nicht mehr als Gravur darstellbar.

Das übliche Verformen von Plastik mit dem Lötkolben oder der Flamme führt natürlich noch viel weniger zu realistischen Schäden. Nicht nur bleiben die Fugen erhalten, sondern es verformen sich die dünnsten Teile und die Kanten am meisten -- das sind bei einem echten Auto aber gerade die stabilsten, Dachsäulen und Schweller und sowas, aber auch Haubenkanten sind stabiler als Haubenmitten; beim Vorbild verbeulen als erstes die großen, glatten Flächen! Abgesehen natürlich davon, daß Blech beim Aufprall weder splittert noch schmilzt

Ansonsten hilft nur Bilderkucken und Üben. "Crashtest-Modelle" gibts ja gebraucht für wenige Euros nachgeschmissen. Aber dran denken: immer nen zweiten als Muster zum Abformen in Reserve haben. Vorbildfotos findet Google ohne Ende. Und dann halt einfach mal machen -- und die Ergebnisse gerne hier zeigen!

Viel Spaß dabei wünscht: Ermel.


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RE: Verbeulte Modellautos -- (m)eine Anleitung

#2 von Topham Hatt , 17.02.2013 10:24

Hallo Ermel,

vielen Dank für deinen eindrucksvollen Bericht. Da machen allein das Lesen und Betrachten schon Spaß


Schöne Grüße
Jürgen


 
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RE: Verbeulte Modellautos -- (m)eine Anleitung

#3 von UlrichRöcher ( gelöscht ) , 18.02.2013 11:15

Hallo,

der Danksagung schließe ich mich an - ich denke schon, dass das noch sehr nützlich für mich sein wird! Ich nehme an, Du nimmst für das Alu ganz normale Haushaltsfolie?!? Gibt es eine Möglichkeit, die ganze Sache nach dem "Verbeulen" weiter auszusteifen, z.B. rückseitig mit flüssigem 2K-Kleber ausgießen?

Viele Grüße und nochmals Glückwunsch für diese geniale Idee
Ulrich

P.S.
Sch..., muss ich mir noch eine zweite "Ente" organisieren


UlrichRöcher

RE: Verbeulte Modellautos -- (m)eine Anleitung

#4 von Ermel , 18.02.2013 12:30

Ja, normale Haushaltsfolie. Wenn das zu labil ist, gehts sicher aber auch mit dickeren Folien aus z.B. Fertiggerichts-Packungen u.ä.

Das mit dem Aussteifen durch Hinterspachteln mit 2K-Kleber hab ich mir auch schon überlegt, aber noch nicht probiert. Wüßte aber nicht, was dagegen spräche.

Liebe Grüße, Ermel.


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