Hallo,
Angeregt durch einen Beitrag hier im Forum, möchte ich hier meinen Senf zum Thema Fachwerkhäuser abgeben. Schon öfters ist mir aufgefallen, dass die Fachwerkhäuschen der verschiedenen Hersteller die oft überhaupt nicht zueinander passen (was wegen der Vielfalt des Themas auch ok ist), gedankenlos nebeneinander gestellt werden. Auf den Unterschied im Baustil der sich oft nur in Nuancen unterscheidet möchte ich nicht weiter eingehen, es wird wohl kaum einer ein typisch norddeutsches Fachwerkhaus mit ausgemauerten Gefachen und Reeddach neben ein badisch-fränkisches mit verputzten Gefachen stellen (hoffe ich doch). Man sieht jedoch ab und zu in einer ansonsten gut gestalteten ländlichen Szene neben den Bauernhöfen ein typisches Stadthaus, das so in Wirklichkeit kaum in einem Dorf zu finden ist. Zuerst eine Erklärung wo ich auf das Vorbild bezogen den Unterschied zwischen Dorf und Stadt sehe (ohne den Anspruch wissenschaftlicher Korrektheit ). Ich beziehe mich hierbei auf die Zeit vor 1900, weil die meisten FWH in dieser Zeit entstanden sein dürften. Ein Dorf ist eine landwirtschaftlich geprägte offene Siedlung, die Wohnhäuser stehen relativ weit auseinander und sind mit Wirtschaftsgebäuden (Ställe, Scheunen etc.) umgeben. Wegen dem Fehlen einer Ummauerung ist reichlich Platz vorhanden, deshalb wurde bevorzugt in die Breite gebaut, mehr als ein Obergeschoss ist selten und wenn dann meist nur bei repräsentativen Häusern reicher Bewohner. Das erste Bild unten zeig ein typisches Dorf-Haus, die anderen zeigen Stadthäuser.
Ganz anders in der Stadt (und hier schließe ich alle ummauerten Ortschaften ohne Stadtrecht mit ein). Die früher vorhandene Stadtmauer schränkte das Platzangebot stark ein. Die Häuser stehen deshalb sehr nahe beieinander. Wollte ein Hausherr ein größeres Haus, blieb ihm oft nur die Wahl nach oben zu vergrößern, d.H. mehr Stockwerke als beim alten Haus. Um den Platz optimal auszunutzen wurden die Stockwerke nach oben hin oft immer breiter. Natürlich gibt es je nach Region auch auf dem Land vorkragende Obergeschosse, dann aber meist nur nach vorne zur Straße hin und weniger aus Platz- als aus optischen Gründen. Die meisten Modellhäuschen mit vorkragenden Obergeschossen haben aber Stadthäuser zum Vorbild, oft auch noch sehr bekannte wie Z. B. der Marktplatz Miltenberg (Kibri) der Römerberg in Frankfurt (Faller) oder das Dürer Haus in Nürnberg (auch Faller, hier aber wegen dem besonderen mittelalterlichen Baurecht in Nürnberg nicht vorkragend). Steht so ein Haus dann auf einer Modellbahn neben dem Faller Dreiseithof, sieht das meiner Meinung nach nicht gerade vorbildgetreu aus.
Ihr könnt mich jetzt vielleicht zu Recht einen Klugscheißer und Nieten(bzw. Balkenzähler) nennen, aber man ehrlich: woher soll man es wissen wenn es einem nicht erklärt wird. Ich hab früher auch alles aufgestellt was schön “romantisch” aussieht, bis mich dann jemand drauf aufmerksam gemacht hat. Seit dem beschäftige ich mich mehr mit dem Vorbild.
Bevor jetzt alle auf mich eindreschen: Ja, es gibt auch Ausnahmen (vielleicht sogar auch ganze Regionen wo das nicht zutrifft). Den Süddeutschen Raum betreffend (die meisten Bausatzfachwerkhäuschen sind ja aus der Gegend), ist oben gesagtes aber die Regel.
Prost rost:
Martin
http://muellers-bruchbuden.de/meine-anlage/