RE: Vitrains FS E.326 - einige Bemerkungen & Umbau auf AC

#1 von etr , 01.01.2012 16:47

Die sympathische italienische Firma Vitrains hat ein neues Juvel auf die Modellschienen gestellt: die urige E.326 der FS. Laut Rohrer ("Eisenbahnen in Italien", Orell Füssli, Zürich 1985) handelt es sich um die erste Gleichstrom-Schnellzuglok der FS; sie wurde in nur 12 Exemplaren gebaut. Im Einsatz stand sie bis anfangs der 1980er Jahre. An Ende ihrer Karriere hatte sie von Bologna aus Lokalzüge geführt.


Das Vitrains-Modell, leider keine allzu gute Fotografie

Optisch gleicht die Lok der ersten Serie der E.428 (die es von Rivarossi gibt), hat aber nur 3 statt 4 Paar grosse Räder und ist kürzer. Die charakterischen Vorbauten mit einen Laufachsen-Drehgestell sind beiden Typen gemeinsam.


Loknase mit filigranen Gittern, die beim Vorbild ein Besteigen der Nase bei nicht abgeschalteter Fahrleitung verhindern sollten

Das Vitrains-Modell ist sehr fein detailliert (ich habe allerdings keine Nieten nachgezählt ...) und macht optisch einen tollen Eindruck. Die Anzahl der Zurüstteile ist nicht mehr so gross wie auch schon, manche sind jedoch recht schwierig zu montieren, da die Bohrungen oft zu eng sind. Die Griffstangen sind aus Metall.

Das Modell hat 2 Achsen über Schneckenwellen angetrieben. Haftreifen sind nicht vorhanden, die Zugkraft scheint mir aber dank des grossen Gewichts für den vorbildgerechten Einsatz auszureichen. Die Lok läuft seidenweich, allerdings für Vitrains-Verhältnisse etwas gar schnell. Kann man natürlich mit einem Dekoder anpassen. Der Minimalradius wird offiziell mit 438 mm angegeben.

Mechanisch ist die Lok auf der Höhe der Zeit. Die Laufachs-Drehgestelle sind sehr gut beweglich und gefedert. Sehr gut funktionierende Kurzkupplungskulissen sind vorhanden.

DC-Modellbahner, welche einen Dekoder einbauen wollen, erfahren in meinen folgenden Ausführungen zum AC-Umbau, wie man das Gehäuse entfernt. Das ist recht knifflig, dank einem (in der Gebrauchsanleitung fehlenden) Trick für Geübte jedoch ganz ordentlich zu bewältigen.

Der Umbau auf AC ist noch einigermassen anspruchsvoll, funktioniert aber tadellos. Auf Märklin C-Gleis mit schlanken Weichen geht es mit unverändertem Radabstand. Wer höhere Ansprüche hat, sollte sich zunächst (auf jeden Fall vor der Schleifermontage!) um einen angepassten Radabstand der drei grossen Triebachsen kümmern. Dazu muss man wohl die beiden Schrauben an den Enden des Getriebebodens lösen (habe ich aber nicht gemacht). An den Laufachsen-Drehgestellen kann man den Eingriff auch nach dem Umbau noch vornehmen. Die Räder sitzen aber sehr fest auf den Achsen - auf die Schnelle brauchte ich das nicht wie bei anderen Loks "von Hand" zu Stande.

Das Öffnen der Lok ist recht heikel und leider in der Betriebsanleitung nur unzulänglich erklärt. Man entfernt zunächst an den Vorbauten sorgfältig die Deckel (geht gut) und schraubt die darunter versteckten Schrauben heraus. Unten am Rahmen sind zwei weitere Schrauben zu lösen. Sie sind zunächst schlecht zugänglich. Es lohnt sich, den entsprechenden (eingesteckten) Besandungskasten sorgfältig mit einem Schraubenzieher nach aussen zu drücken (was die Anleitung verschweigt). Dann sind die mittleren Gehäseschrauben gut zu drehen (nur soweit, bis sich das Gehäuse scheinbar frei nach oben abheben lässt).

Dann folgt die grosse Unterlassungssünde der Betriebsanleitung. Die mittleren Schraubenlöcher bieten nämlich extrem viel Widerstand, wenn sie an der hoch liegenden Platine vorbei sollten. Man rastet zwischen den Pantografen die Abdeckhaube aus und kann dann das Gehäuse an den richtigen Stellen von innen her mit einem Schraubenzieher sehr weit spreizen. Ohne Kenntnis davon bzw. bei Spreizen nicht an den gezielten Positionen müsste man sehr viel Gewalt anwenden. Die Gefahr eines Gehäusebruchs liegt dann in der Luft. Mit der Hilfe von "oben" geht es aber recht gut.

Zurüstteil-Intermezzo: Will man die filigranen Scheibenwischer montieren, so ist jetzt der Moment da. Die Vorbauten lassen sich vom übrigen Gehäuse entfernen, was einen relativ guten Zugang zu den Löchern in und neben den Frontfenstern ermöglicht. (Ich hab' das leider verpasst, doch nachher ist man immer klüger ...)

Wenn man nun Zugang zum Inneren der Lok hat, müssen die Platine und die 4 Motor-Befestigungsschrauben entfernt werden. Dies ist nötig, um den Motor kurzfristig herauszunehmen, was erforderlich ist, um das Schleiferkabel ins Lokinnere zu führen. Achtung: Die Gewinde der kleinen Schrauben sind sehr eng. Schraubenschlitze ja nicht abwürgen. Ich habe die Schraubenlöcher für allfällige künftige Interventionen etwas geölt, dann drehen sich die Schrauben nachher viel besser.

Nun kann man sich dem Schleifer zuwenden. Ich empfehle den Liliput-Schleifer 38991, der für AC-Umbauten oft der Retter in der Not ist. Unter dem Rahmen hat es filigranes Bremsgestänge aus Metall, das dem Umbauer zunächst Kopfzerbrechen breitet. Es stört jedoch überhaupt nicht. Am Schleifer wird das Plastikplättchen entfernt und ein Kabel angelötet. Exakt in der Lokmitte füllt man die Vertiefung zwischen Bremsgestänge und Getriebeboden mit Kunststoff-Plättchen aus der Bastelkiste auf (Sekundenkleber!). Wenn sich der Schleifer gut einfedern lässt, ohne dass seine Mitte zu weit herausragt, klebt man ihn mit Sekundenleim am obersten Kunststoffplättchen fest. Er muss gegenüber dem Metall-Gestänge nicht isoliert sein.


Ein Blick unter die Lok: Bremsgestänge und AC-Schleifer

Jetzt wird das Schleifer-Anschlusskabel am Rad vorbei und durch den (vom Motor befreiten) Lokboden geführt. Motor und Platine wieder montieren. Auf einer Längsseite der Platine hat es ganz aussen eine mit rotem Kabel versehene Leiterbahn. Dieses rote Kabel ist auf der Gegenseite an den blauen Anschluss anzulöten, das Scheiferkabel an den frei gewordenen Anschluss. Anschlusskabel der Radschleifer von den Laufachsen-Drehgestellen so umlöten, dass alle diese Kabel an derjenigen Leiterbahn hängen, wo der Schleifer nicht dran ist (Masse = Schienen).


Das Innenleben der Lok. Ich habe zwei Kabel mit Klebband fixiert.

Damit sind die Lötarbeiten beendet. Man entfernt die Brückenstecker der NEM-Schnittstelle und setzt einen Dekoder ein (ich empfehle einen ESU LokPilot). Dieser kann problemlos unter der Platine verstaut werden. Einer ersten Probefahrt steht nun nichts mehr im Wege. Wenn alles o.k. ist, setzt man das Gehäuse sorgfältig wieder auf. Achtung auch diesmal, dass die mittleren Schraubenlöcher durch gezieltes Spreizen des Gehäuses an der Platine vorbei kommen. Die 4 Gehäuseschrauben wieder zudrehen und Klappen sowie Sanderkästen aufsetzen.

Jetzt müssen nur noch die filigranen Zurüstteile angebracht werden, was einige Geduld erfordert. Verabschiedet sich ein Zurüstteil oder wird es beschädigt, erhält man bei Vitrains erfahrungsgemäss einen neuen Zurüstbeutel. EYRO, die Schweizer Vertretung von Vitrains, hat meine Ersatzteilbestellungen auf jeden Fall immer höchst zuverlässig ausgeführt.

Und fertig ist ein uriger Exot der FS auch für den AC-Betrieb. Ich wünsche allen "Nachahmungstätern" gutes Gelingen und beantworte bei Bedarf auch gerne eure Fragen.

Beste Grüsse & alles Gute zum neuen Jahr

ETR


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