[quote="Erich Müller" post_id=1844687 time=1529442048 user_id=26147]
Mir scheint, die Verbindung vom Vorbild zum Modell wird weithin überbewertet. Modelleisenbahn ist ein Spielzeug, mit dem man sich eine eigene Welt erschaffen kann. Dabei kann das Vorbild einen Einfluss haben, das ist aber absolut nicht notwendig. Die Playmobil-Serie "Raumfahrt" aus den 80ern hatte ja auch kein Vorbild, sondern nahm eher einige Dinge vorweg... Und Cowboys hat wohl niemand von uns in echt gesehen, aber Cowboy gespielt haben wir trotzdem, ebenso wie Räuber und Gendarm, obwohl es in Deutschland seit Generationen schon keine Schandaamen mehr gibt...
Fazit: Ich weiß, dass ich nichts weiß - und weiter kommen wir hier eh nicht. Ist eine typische Somnerlochdiskussion.
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Dem kann ich so nicht zustimmen.
Wobei wir übereinstimmen ist, dass die aktuelle Bahn wenig als Vorbild für die Modellbahn taugt, weil für die Jugend wenig interessant, das war mal ganz anders...
Interesse bei der Jugend zu wecken geht heute, wie in den Achziger Jahren auch, hauptsächlich über die Medien und das tatsächlich Erlebte (eigene ErFAHRungen), bei Deinen Beispielen, fällt das Erlebte selbstverständlich weg, bleiben die Medien (man darf aber auch die "Durchdringung" der Gesellschaft nicht ausser acht lassen; was buchstäblich in aller Munde ist, findet auch den Weg auf den Schulhof): die Achziger waren nach den Sechzigern das Raumfahrt-Jahrzehnt: Space-shuttle (die Anfänge), Space-Lab und Science-fiction-Filme en masse in Kino und Fernsehen, natürlich ist da auch die Spielzeug-Industrie aufgesprungen... Karl-May und Hollywood-Western halten das Cowboy-Thema bis heute lebendig, Krimis (Gut vs. Böse) interessieren Kinder immer (wer hat seinen Kindern / Enkeln nicht den Räuber Hotzenplotz vorgelesen... "Emil und die Detektive" entstammt streng genommen der Ep II )
...und die Bahn...???
...die kommt heute in den Medien eigentlich nur noch in der Rubrik "Pleiten, Pech und Pannen" vor: Verspätungen, kaputte Klimaanlagen, Lärm, teure Bahnhöfe (Stuttgart 21), Unfälle, Streckensperrungen etc. ...
Und sie hat sich von den Menschen buchstäblich entfernt: Die Neubaustrecken führen entweder durch menschenleere Gebiete, durch Tunnel oder sind mit Lärmschutzwänden abgeschirmt...
Bleibt die persönliche ErFAHRung: die Hochgeschwindigkeit (vielleicht das Einzige, mit dem die Bahn heute punkten kann) ist kaum bemerkbar, Landschaft ist kaum wahrnehmbar (s.o.). Der Komfort-Gewinn der Bahn ist gleichzeitig Abenteuer-Verlust für Kinder (kein Rattern, kein Schlingern, kein Dröhnen, kein zu öffnendes Fenster mehr, was ich als Kind am Eisenbahnfahren geliebt - und später gehasst habe). Das "Fliegen auf Höhe Null" strahlt eben keine Faszination aus wie die echten Flugzeuge... trotzdem hängen, glaube ich, heute viel weniger Flugzeuge in deutschen Kinderzimmern als vor 30 Jahren, ich kann mich noch an das Donnern der Phantom-Jagdflugzeuge erinnern, die in den Achzigern jede Woche über unser Haus flogen und Tiefflug-Übungen im Odenwald abhielten, dementsprechend hatte ich auch einige Revell-Bausätze daheim...
Die von mir oben erwähnte gesellschaftliche Durchdringung spielt eine wesentliche Rolle, denke ich: Die Bahn ist eine Selbstverständlichkeit geworden, ein Verkehrsmittel, so beliebig wie der Stadtbus. Es ist kein Reise-Medium mehr, die Bahnfahrt somit kein Ereignis mehr sondern nur Mittel zum Zweck (Transport von A nach B) und ohne Faszination.
In den Achzigern bin ich mit meiner Familie oft mit dem Zug verreist, z.B. in den Ski-Urlaub nach Zell am See oder nach Sölden (bis Ötztal-Bahnhof und dann mit dem Postbus) oder im Liegewagen über Nacht nach Italien, das waren Ereignisse. Heutzutage besitzen die ICE's nicht einmal mehr Gepäck-Fächer, die es im ICE 1 noch bei den Großraum-Wagen gab, mittlerweile beim Umbau entfallen sind...
Aber auch direkt bei der MoBa gab es eine stärkere "gesellschaftliche Durchdringung", weil eben mehr Menschen "infiziert" waren, bei uns in der Schule kursierten noch Modellbahn-Kataloge, hauptsächlich allerdings die von Faller/Vollmer/Kibri, die konnten nämlich alle gebrauchen, ansonsten gab es ja schon damals zwei Lager: die Fleischmann-Bahner waren stark vertreten an unserer Schule...
Als am Ende der Ep-III-Geborener habe ich die Dampflok-Zeit nicht mehr bewußt mitbekommen. Im Rhein-Main-Gebiet war damals schon alles elektrifiziert, an Dampfbetrieb auf der Odenwaldbahn kann ich mich nicht erinnern. Infiziert wurde ich dennoch durch den Besuch des Museums-BW DA-Kranichstein und des Verkehrsmuseums Nürnberg sowie des Dt. Museums in München mit meinem Vater...Dort wurde Technik und Kraft - wie hier schon beschrieben - tatsächlich erleb- und auch erFAHRbar...
Wenn wir uns also aktiv um Nachwuchs für unser Hobby kümmern wollen, müssen wir die Bahn wieder zum "Event" machen: PlanDampf, Dampflok-Festivals, Schauanlagen (Das MiWuLa ist in meinen Augen bessere Werbung für die Modellbahn als die DB-Ag, insofern gebe ich Dir doch noch recht Erich ), Museums-Züge, Zug- bzw. Lok-Museen gilt es zu unterstützen und und unsere Kinder, Enkel, Nichten/Neffen, Nachbars-Kinder, Schul-Kameraden zu begeistern...
Gruß
uLi