Hui, das wird Meta-Diskussion. Nicht wirklich Anfängerfragen-Thema, aber sei's drum.
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Zitat von Erich Müller" post_id=1765246 time=1513722153 user_id=26147]
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Das Einzige dass ich da vermisse: was soll es eigentlich sein?
Modellbahn, Spielbahn oder beides? ? ?
Kein Wunder. Geh mal in die Abteilung Anlagenplanung, da steht die Frage im Fragebogen - und dann sieh dir mal die Antworten an und die zugehörigen Vorstellungen von der künftigen Anlage.
Die Frage ist müßig.
Nicht zuletzt, weil schon ihre Begriffe aus der Arroganz jener stammen, die sich das Recht herausnehmen, zu bestimmen, was edle und ernste Modellbahn ist und was nur schnöde und dilettantische Spielbahn. Die Begriffe sind nicht wertneutral.
Die Wertneutralität der Begriffe wird nur von der Toleranz der Anwender begrenzt.
[/quote]
Jo klar. In der Theorie natürlich richtig - aber Toleranz ist ein Wert, den manche mühsam erlernen und andere nie auch nur ansatzweise verstehen. Und klappt bestimmt besser in Kanada mit 3,35 Einwohnern pro Quadratkilometer (5/km² in British Columbia!) als in Deutschland mit durchschnittlich 231 EW/km², und in Kanada sicherlich auch besser in den Wäldern als in Toronto oder Montreal.
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Selbst der Begriff "Modell" wird — vorallem im technischen Bereich — ziemlich genau umgrenzt und ist bestimmt etwas genauer als "stimmig"
Wer hat von "stimmig" gesprochen?
Ein Modell ist nie absolut. Wenn ich ein Modell vom Frankfurter Hauptbahnhof erstellen soll, dann muss ich wissen, auf welche Frage das Modell antworten soll.
- Architektur? Dann kann ich auf Gleise und Personen verzichten, ebenso auf alles, was sich außerhalb der Halle im Gleisvorfeld befindet.
- Personenbewegungen? Dann kann ich auf Züge verzichten, aber auch aufs Dach und auf die Details der Wandgestaltung - einfache Kartonwände (bzw. Plexiglas, durchsichtig ist praktisch) reichen völlig aus.
- Bewegungen von Schienenfahrzeugen zur Prüfung der Leistungsfähigkeit der Stellwerkstechnik? Dann kann ich auf Gebäude verzichten (die werden bestenfalls angedeutet, um die Orientierung auf dem Modell und den Vergleich zur Wirklichkeit zu erleichtern), und die Schienenfahrzeuge können samt und sonders aus Zweiachsern mit Pappschachtelaufbau und einer Nummer bestehen.
Keines dieser Modelle - obwohl alle dem technischen "Modell"-Begriff entsprechend - benötigt zum bestimmungsgemäßen Funktionieren das, was den Stummis so am Herzen liegt: maßstabsgetreue Detailverkleinerung und liebevoll gestaltete Details des täglichen (oder auch nicht...) Lebens. Die Nachbildung des Klodeckels, ob im Waggon-Klosett oder im Bahnhofs-WC, ist im besten Fall unnütz, im schlechteren sogar störend, weil sie den Sinn des Modells, die Antwort auf die gestellte Frage, okkultiert. Nachbildungen von Taubenschiss auf Simsen und Dächern können für ein Architekturmodell unter Gesichtspunkten der Denkmalpflege sinnvoll sein, für die verkehrstechnischen Modelle sind sie hinderlich.
Letztendlich kommen wir doch auf die generelle Definition zurück, wie sie die Wikipedia-Seite "Modell" nach Herbert Stachowiak wiedergibt:
[quote="wikipedia-Seite Modell
Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit. Die Vereinfachung kann gegenständlich oder theoretisch geschehen. Nach Herbert Stachowiak ist es durch mindestens drei Merkmale gekennzeichnet:[1]
1. Abbildung
Ein Modell ist stets ein Modell von etwas – nämlich Abbildung oder Repräsentation eines natürlichen oder eines künstlichen Originals, wobei dieses Original selbst auch wiederum ein Modell sein kann.
2. Verkürzung
Ein Modell erfasst im Allgemeinen nicht alle Attribute des Originals, sondern nur diejenigen, die dem Modellschaffer bzw. Modellnutzer relevant erscheinen.
3. Pragmatismus
Modelle sind ihren Originalen nicht eindeutig zugeordnet. Sie erfüllen ihre Ersetzungsfunktion
a) für bestimmte Subjekte (für wen?)
b) innerhalb bestimmter Zeitintervalle (wann?)
c) unter Einschränkung auf bestimmte gedankliche oder tatsächliche Operationen (wozu?).
Zudem werden gelegentlich weitere Merkmale diskutiert, wie Extension und Distortion[2] sowie Validität.[3] Der amerikanische Wissenschaftsphilosoph Michael Weisberg unterscheidet auf der obersten Ebene zwischen gegenständlichen (concrete) und mathematischen Modellen und stellt daneben die Computersimulationen (computational models) als eigene Klasse von Modellen auf.[4]
Ich habe mir mal erlaubt, die wichtigen Zeilen zu unterstreichen: Was ein Modell ist, hängt vom Frager und von der Frage ab, und ob es die dafür relevanten Attribute wiedergibt.
"stimmig" ist übrigens ein Begriff, der hervorragend ausdrückt, dass das Modell "diejenigen [Attribute], die dem Modellschaffer bzw. Modellnutzer relevant erscheinen", erfasst. Siehe Punkt 2. Unverkürzte Modelle gibt es nicht, das wäre kein Modell, sondern eine Kopie.
Übrigens ist auch Spiel und Modell kein Widerspruch - an der Eisenbahnverkehrs-Modell-Anlage in Leipzig (Friedrich List) werden Situationen durchgespielt, aber mit wissenschaftlichem Interesse. Die Nachstellung einer historischen Situation (gerade in Nordamerika ist man da doch sehr gut dabei) durch Schauspieler ist Spiel und Modell in einem. Nur so als Beispiel. Und wenn die Kollegen, die eine Vorbildsituation stimmig [sic] und vorbildgetreu nachbilden, mal einen vorbildfremden Zug durch ihren Bahnhof schicken, ist dann das Modell zum Teufel? Was ist mit der 01.5 in Crailsheim? Oder wenn die Kameraden im Süden den Bahnhof "vollstellen", um zu gucken, wie die Software mit Stau zurechtkommt? Spielerei, klar, aber ist das Modell dann keins mehr?
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Übrigens wäre es interessant zu erfahren wieviele angehende "Bahner" eigentlich schon mal in der "Anlagenplanung" gestöbert haben.
Unerheblich, denn sie wollen ja ihre Modellbahn für sich selbst bauen, an ihren eigenen Maßstäben gemessen und diesen entsprechend, und nicht nach einem scheinbar allgemeinen Standard, den ein paar intolerante Hardliner vorgeben wollen.
Mein Hinweis zielte auch gerade darauf ab, dir die Erkenntnis zu eröffnen: die Frage "Modellbahn oder Spielbahn" ist müßig, denn die Antworten führen zu nichts. Die technische Definition "Modell" bringt auch nicht weiter, weil in diesem Sinn kaum eine Modellbahn wirklich Modell ist, und an der philosophischen Definition gemessen ist alles Modell, was dem Anwender das Vorbild darstellt.
Von allen Definitionen nicht abgedeckt, aber in der Modellbahn- und Modellbauwelt gang und gäbe: ein Modell ohne Vorbild. Da betreten wir unweigerlich den Bereich der Kreation - also der Kunst.
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Beste Grüsse von einem IIm Bahner dem "stimmig" ein Grausel ist, vorallem wenn Hersteller ihre Ware als "Modell" verkaufen wollen.
2m ist ja nun so ein besonderes Thema, wegen der illoyalen "Konkurrenz" von G, wo einfach gemacht wird, was gefällt, ohne Rücksicht auf Vorbildspurweiten und mit sehr großzügiger Auslegung der Maßstäbe. Und von Playmobil.
Aber auch da gilt: wo ist die Grenze? Und wer hat die Kompetenz (damit meine ich sowohl die fachliche Eignung als auch die Berechtigung), die Grenze für die anderen zu definieren? Muss das nicht jeder für sich selbst entscheiden?