Zitat von kukuk
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Bei den Triebwagen gibt es inzwischen so eine Menge von unterschiedlichen Baureihen, wie selten zu vor, möglicherweise sind es derzeit mehr als es je bei der DRG und der DB früher gab.
Zum einen gibt es heute ja auch viel mehr Bahnunternehmen als zu DRG und DB Zeiten, zum anderen wurde früher in großen Mengen eingekauft. Heute kauft man nur, was man braucht. Und wenn man dann mehr braucht, gibt es die alten Triebwagen nicht mehr, weil die Entwicklung und Anforderungen halt nicht für 15 Jahre stehen bleiben, und man muß was neues nehmen.
Grüße,
Thorsten
Hallo,
Der wichtigste Unterschied zu früher ist:
früher war die (Staats-)Bahn Entwicklungsleiter für die Entwicklung neuer Baureihen. Die Lokschmieden trugen ihr Können und Wissen bei, aber die Entscheidung über das Fahrzeug lag bei der Bahn. Beim Maschinenmeister, wie das in frühesten Jahren hieß, beim Lokomotivdezernenten, bei Robert Garbe und seinem Stab, bei Max Baumberg und seinem Stab oder Friedrich Witte und seinem Stab. Diese Loks wurden entsprechend lange auch nachbezogen, wenn man Maschinen mit genau diesem Profil brauchte: die P8 ist allein in Deutschland von 1906 bis 1922 gebaut worden, die 44 wurde von 1928 bis 1944 gebaut. Die E41 hat eine lange Beschaffungszeit, E50 ebenfalls über 15 Jahre - mit eingeführten Weiterentwicklungen. Die E10 wurde über mehr als 10 Jahre geliefert, die E40 sogar noch länger.
Heute entwickeln die Lokschmieden Baureihen. Sie entscheiden, wie das Fahrzeug aussieht, was es leistet und mit welcher Technik. Die Bahngesellschaft bestellt nur noch aus dem Katalog. (So wie früher die meisten NE-Bahnen, die sich eine eigene Entwicklungsabteilung nicht leisten konnten.)
Bei Triebwagen kommt noch dazu, dass oft in der Ausschreibung für die Leistungen, die von den Bahngesellschaften nicht in eigener Regie, sondern im Auftrag des Verkehrsverbundes oder des Landes erbracht werden, ein bestimmter Wagentyp oder eine bestimmte Ausstattung und Leistungscharakteristik vorgegeben ist, die von den im Bestand der Unternehmen befindlichen Fahrzeugen nicht unbedingt erfüllt werden können. Ich halte prinzipiell die TALENT-Züge, die vor knapp 20 Jahren auf die Schiene kamen, kundenseitig für durchaus up to date - aber der Besteller sagt, wir wollen neue Fahrzeuge, also fallen die hinten runter. Werden die Quietschies so lange halten wie die "heiligen ET"? Sicher nicht. Und das nicht, weil die Technik die Grätsche macht. Sondern weil der Besteller - das sind Behörden, die von Politikern geleitet werden, die von uns gewählt wurden, und die von uns bezahlt werden - immer neue Fahrzeuge erwartet.
Fast hätte ich es vergessen...
durch diese Entwicklung verlieren die einzelnen Bahngesellschaften ihre Lokgesichter. Eierköpfe wie die E03, Matschnasen ("nez cassé") wie die frz. CC6500 und BB7100, Axtskulpturen wie die italienischen Loks der 60er, landestypische Formen wird es nicht mehr geben. Nur die Farbe ändert sich noch, und selbst die nicht immer, wenn die Gesellschaften Loks mieten, statt zu kaufen.
Für die Modellbahnhersteller ist das dagegen ein Eldorado: wie viele verschiedene Gesellschaften setzen Vossloh-Loks ein? Taurus-Varianten? ES64-Versionen? LINT oder Talent? Und die kann man alle mit wenig Aufwand nachbilden, nur die Lackierung und ein paar Zurüstteile wechseln.