Hallo Stefan,
Deinen Ausführungen ist klar zu entnehmen, daß Du wenig Ahnung von Sinn und Zweck von Funkentstörung hast. Unterlasse es daher, Anderen Ratschläge dazu zu erteilen. Ich habe hauptberuflich seit vielen Jahren mit diesem Fachgebiet zu tun und kann Dir nur sagen, daß korrekt angewandte Funkentstörung eine Form des Umweltschutzes darstellt. Man überlege sich, in einem Autoforum würde jemand schreiben, der Kat könne raus, denn der koste nur Leistung und ein Ozonloch hätte er noch nie gesehen, und um den TÜV müsse man sich auch nicht kümmern...
Hier ein paar Punkte für Dich zum Nachdenken:
- wenn eine Entstördrossel von wenigen Mikrohenry Induktivität die Regelung negativ beeinflußt, was für Auswirkungen hat dann die ca. 1000fach größere Ankerinduktivität des Motors, die in Reihe dazu geschaltet ist?
- wie entfernt man die fest im Motor am Kommutator zur Funkenunterdrückung eingebaute Varistorscheibe mit der ihr inhärenten Kapazität von einigen Nanofarad, wenn der extern verbaute Kondensator in der gleichen Größenordnung die Regelung störend beeinflusst?
- welcher internationale Funkdienst, der vielen von uns eine sichere Reise ermöglicht, verwendet immer noch Amplitudenmodulation und ist daher besonders empfindlich gegen Funkstörungen, zumal er sich meist in Sichtweite von Wohngebieten befindet?
- woran erkennt der durchschnittliche Modellbahnbastler, ob der einzubauende Decoder die Motorentstörung bereits eingebaut hat, und wenn ja, ob diese ausreicht? Wie überprüft das der Bastler im Frequenzbereich von 150kHz bis 1GHZ?
Falls das jetzt von meiner Seite etwas grob rüberkam, dann war das durchaus beabsichtigt. Ich habe nämlich langsam die Nase voll von in fremden Fachgebieten herumdilettierenden Edelbastlern, die auch noch meinen, ihre unmaßgebliche Meinung in Foren als technisch fundiert absondern zu müssen. Wir Ingenieure können uns da leider nicht so wehren wie die Juristen oder Mediziner, die jedem, der das in ihren Fachgebieten macht, durch ihre Standesvertretung das Handwerk legen lassen (natürlich gebührenpflichtig).
Hier also die klare Ansage vom Fachmann:
- wenn der Hersteller der Lok den Motor mit Entstörmitteln versehen hat, dann diese drinlassen. Damit ist die Lok durch den EMV-TÜV gekommen.
- wenn der in Aussicht genommene Decoder mit den Entstörmitteln nicht klarkommt, anderen Decoder nehmen, der das schafft. Ein Decoder, der mit den gesetzlich vorgeschriebenen Entstörmitteln nicht klarkommt (die Vorschrift gibt es ja erst sein ..äh.. 1967 oder so), ist meines Erachtens nicht fertig entwickelt. Nicht jeder gute Programmierer ist auch ein guter Hardware-Entwickler...
- Jeder Kollektormotor (auch Glockenanker!) muss funkentstört werden, um die von der Kommutierung herrührenden energiereichen Störungen (Funkenabriß vom nächstgelegenen Opfer, nämlich dem nur wenige mm bis cm entfernten Prozessor im Decoder fernzuhalten. Anderenfalls muß man mit zum Teil ziemlich subtilen Störungen rechnen (vergessene Adresse,verstellte CVs, Lok fährt trotz Haltbefehl weiter etc.). Gelegentlich sind die Folgen auch weniger subtil und führen zum Abrauchen des Decoders, manchmal erreichen die Störungen sogar andere Loks und führen dort zu Problemen. Man muß sich nur überlegen, daß ein EINZIGES umgekipptes Bit im Programm (oder RAM) zu völlig unvorhersehbaren Änderungen im Programmablauf führen kann.
- jede Funkentstörung muß so nahe wie möglich an der Störquelle erfolgen, um maximale Wirkung bei minimalem Aufwand zu erzielen. Bei den Loks ist die Hauptstörquelle nun mal der Motor, und dort gehört die Entstörung hin.
Ein schönes, störungsfreies Wochenende wünscht
Rainer
PS an die Moderatoren: könnte man nicht analog zum Trafothema ein Entstörungs-Thema oben anpinnen?