RE: Waldbahnen in Rumänien 1992 Teil 1

#1 von Brillenhuber , 20.03.2016 17:09

Guten Abend

Nachdem 1989, zu Weihnachten, der einzige Diktator im Osten erschossen worden ist, reizte es mich schon, mal nach Rumänien zu gehen.

Die Waldbahnen, von denen man so einiges hörte, hätte ich schon gerne gesehen.
Nun war in der Person von Emil Scherrer bei der Firma Stöckli Reisen ein langjähriger Reiseleiter, den ich auch sonst kannte bereit, eine solche Reise durchzuführen.
Emil hat, im Nebenjob schon seit den 70er Jahren Reisen in die Oststaaten durchgeführt. Seit er pensioniert ist, hat er das auch weitergeführt.
Nun kurz und gut: Am 5. September 1992 flogen wir nach Bukarest.
Dort dann die grosse Überraschung: Wir wurden mit einer deutschen Gruppe von F......-Reisen zusammengelegt.
Man hat sich zusammengetan, um die Reise, trotz zu wenig Anmeldungen durchführen zu können.

Diese Ausgangslage war nicht unbedingt glücklich zu nennen, weil die Deutsche Gruppe doch eine „Hardcore“ Eisenbahngruppe war, während wir Schweizer, bis auf zwei Welsche, durchaus auch andere Interessen hatten.

Ein Berliner fiel mir schon von Anfang an auf, mit seinem lauthals vorgetragenen Ausspruch: „Für die Woche müssen 20 Mark genügen!“
Ich hab mich insgeheim gefragt, was er dann mit dem gesparten Geld wohl macht. Immer in Anbetracht dessen, dass das hölzerne Hemd keine Taschen hat.

Nun, nachdem die Deutschen eingeladen waren fuhren wir per Bus nach Brasov,. Dort Übernachten und beschnuppern.
Am nächsten Morgen Sollten wir die Waldbahn Covasna - Commandau besuchen. Wir hatten dazu einen Sonderzug mit einer P8 ähnlichen Lok, einer rumänischen 230er, gemietet.



Auch ein bisschen Beifang gabs:

Eine Baureihe 40:


Ein Diesel Baureihe 80:


Eine unverwüstliche 060 DA:


In Sfantu Gheorghe bogen wir auf eine Nebenlinie ab:


Dort konnten wir ohne Hemmungen Fotohalte machen:




Die Strecke hatte ihren Charme:






Disziplin war nicht unbedingt die Stärke dieser Gruppe. Während wir gewöhnt waren, eine Fotolinie zu bilden, war sich dort jeder der Nächste. Gotteseidank macht es heute keinen Aufwand mehr, jemand rauszukopieren.
So wie hier:


In Covasna empfing uns die Rangierlok des Sägewerks::




Nachher gings schmalspurig weiter:


In geschmückten Wagen:


Was dann schon die ersten Diskussionen ergab: Für die HC-Einsenbahnfans Mickyomouse, für die Andern einfach Ausdruck der Freude, derer, die den Zug bereitgestellt hatten.

Vorbei an im Bau befindlichen Kirchen:


Bis zur Seilbahn:


Mit Pferdeantrieb:


Eine Fahrt wurde simuliert. Es war Sonntag.






Nachher gings bei strömendem Regen zu einem Restaurant, wo wir unter einem Verschlag üppig speisten:

Der Herr mit dem Bart, 2. von rechts, mit dem schalkhaften Blick, war mein Zimmergenosse, Toni Reisacher.
Toni war auch Führer im DVZO, und ich bin immer sehr gerne als Heizer bei ihm gefahren. Er war der einzige Führer, mit dem ich mich, ohne Worte verstand. Er sah vor der Abfahrt ins Feuer, sah mich an, und wusste, wie er fahren soll. Diese stillschweigende Zusammenarbeit habe ich so später nicht mehr erlebt.
Was aber nicht hiess, dass er humorlos war. Als Appenzeller hatte er seinen Mutterwitz, der sich auch auf dem Führerstand manchmal bemerkbar machte.
Grundsätzlich geht es bei mir während der Fahrt auf dem Führerstand immer Dienstlich zu. Gespräche über die Sportresultate etc. haben während der Fahrt nichts auf einem Führerstand verloren. Leider wird das nicht auf allen Museumsbahnen so durchgeführt.
In meinen Augen ist das weder professionell, noch dient es der Sicherheit.

Bei Toni war es aber so, dass er manchmal „Mönschenfleisch, Mönschenfleisch“ in den Bart grummelte. Als junger Heizer konnte man dann sicher sein, dass sich in Kürze eine schöne „Aussicht“ bot.

Währenddessen wartete das Züglein geduldig auf der Strecke:


Nachher gings dann wieder zurück:


Und nun kam endlich wieder die Sonne hervor:


In Covasna angekommen wieselte ich noch ein wenig auf dem weitläufigen Gelände der Sägerei umher.






Heute ist nichts mehr vorhanden. Alles weg sagt Google Earth.

Emil hat es sich derweil im Bahnhof gemütlich gemacht:



Am nächsten Tag fuhren wir zur Waldbahn nach Tazlau.

Die Bahn hatte nur noch 3 Jahre zu leben. Das wussten wir aber noch nicht zu diesem Zeitpunkt.





Das Problem ist, heute, da die Bahnen abgebaut sind, kann man über den genauen Verlauf nur noch spekulieren. Wo genau jedes Bild aufgenommen wurde, ist nicht mehr anhand von Karten und Satellitenbildern nachzuvollziehen. Die Aufnahmeorte sind daher nur ungefähr.



Die Landschaft war durchaus idyllisch:


Der Packwagen selbstgestrickt:


Und die Kühe leben manchmal gefährlich:


Dann ging es in den Wald!
Nun ist es so, dass die 100 ASA der damaligen Diafilme im Wald, im Schatten, bei bewölktem Wetter, nicht unbedingt zum optimalen Filmmaterial gehörten.
Der 400 ASA Papierfilm von Kodak war ziemlich neu, und Diafilme für 400 asa gab es noch nicht.
Somit litt die Qualität unter den langen Belichtungszeiten. Ich bitte das zu entschuldigen, wenn nicht jedes Bild gestochen scharf ist.

Über diese Brücke musst du gehn:


Wenn Du den Zug willst fahren sehn:


Der Toni ist auch durchgestartet, im Hintergrund der Zug schon wartet:


Er kommt mit Sausen und Gebraus:


Das Ganze wurde mehrmals wiederholt, das einem kreative Änderung der Fotostandorte erlaubte:

Im meiner Erinnerung waren aber nicht viele Kreative dabei.
Dabei ist Zug und Landschaft doch eigentlich das Wahre! Die Loks kann ich ja auch heute noch im Museum abknipsen.

Weiter hinten im Tal war dann Wasserfassen angesagt, mittels „Schlürfomat“


Die ganze Installation von oben:


Plötzlich kamen wir dann an eine Verzweigung. Hier war der Endpunkt unserer Reise erreicht.


Nun war kreatives Rangieren angesagt:

Die ganze Komposition wurde mittels eines Seiles auf das Abzweiggleis vorgezogen, bis die Weiche frei war, und dann konnte die Lok ans andere Ende des Zuges gelangen.


Nachher auf der Rückfahrt war das Licht leider schon zu schlecht um im Wald noch gute Bilder zu schiessen.

Lediglich Herr Cojucaru, der Repräsentant der Tourismusbehörde, wurde noch beim Verscheuchen von Pferden vom Gleis geknipst:


Am nächsten Tag war die Verschiebung von Brasov nach Bistrica.

Wir kamen am Mördersee entlang (Lacul Rosu), der durch einen Bergsturz ca. 1840 entstanden ist, Wald überflutet hat, und die Baumstrünke immer noch im Wasser sind:

Im Hintergrund sieht man die Bäume noch im Wasser.

In Bicaz sahen wir abgestellte und Teil-ausgeschlachtete Dampfloks:





Hm, an dieser Lok war ja noch das Schild dran!


Auf der Weiterreise kamen Monsieur Sch... de Biènne und ich auf die Schilder zu sprechen.
Es wäre schade, wenn sie den Weg alles Eisens gehen würden.

Monsieur Cojucaru wurde freundlich gefragt, ob es einen Weg gäbe die Schilder legal zu erhalten.
Nun, auf alle Fälle sind sie gerettet worden:


Teil zwei wird folgen.

Gruss Heinz


Brillenhuber  
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RE: Waldbahnen in Rumänien 1992 Teil 1

#2 von lernkern , 22.03.2016 12:07

Hoi Heinz.

Das sind sehr schöne Bilder, vielen Dank fürs Teilen!

Grüße

Jörg


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RE: Waldbahnen in Rumänien 1992 Teil 1

#3 von Uwe der Oegerjung , 26.03.2016 03:34

Moin Heinz

Ich bedanke mich für die sehr schönen Bilder

MfG von Uwe aus Oege


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Fahre in H0 mit IB (DCC/MM2) oder analog mit AC oder DC.
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RE: Waldbahnen in Rumänien 1992 Teil 1

#4 von Axel67 , 26.03.2016 07:44

Hallo Heinz,

danke für den interessanten Bildbericht.


Viele Grüße
Axel

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https://sanromera.jimdo.com/

Der Bahnhof Gletsch im Modell:
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RE: Waldbahnen in Rumänien 1992 Teil 1

#5 von rhb651 , 26.03.2016 08:09

Hallo Heinz,
danke für den tollen Fotobericht.


Viele Grüße,
Achim
rhb651


 
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RE: Waldbahnen in Rumänien 1992 Teil 1

#6 von Manipol ( gelöscht ) , 26.03.2016 08:30

Moin Heinz,

ein sehr schöner Bericht mit z.T. sehr stimmungsvollen Bildern - danke Dir


Manipol

RE: Waldbahnen in Rumänien 1992 Teil 1

#7 von Waldbart , 25.09.2016 20:43

Hallo Heinz!

Sehr schöne Bilder (und alle unwiederbringlich). Es freut mich, wenn jemand zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, und dann auch noch so vieles fotografieren konnte. Auch (oder besonders) die abseitigen Dinge wie z.B. die abgestellten Loks in Covasna, erweisen sich im Nachhinein oft als sehr interessant.
So auch in diesem Fall. Zeigen sie doch im Vordergrund die ehem. CFF 764.215 von O&K, welche also damals, wenn auch schrottreif, noch in Covasna stand. Wusste ich so bisher noch nicht. Hatte zwar gelesen, dass die Maschine dort war, aber nicht bis wann. Super!

Vielen Dank für die Fotos,
Tobias.


Meine Gartenbahnanlage: Waldbahn Horska Dolina
H0-Kleinanlage (wiederentdeckt): Kirchberg
p.s.: Auch eingetragen bei: gartenbahnen-in-deutschland.de


 
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RE: Waldbahnen in Rumänien 1992 Teil 1

#8 von Erich Müller , 26.09.2016 16:34

Hallo Heinz,

danke fürs Teilen dieser einmaligen Erfahrung!
Wenn Tobias die Beiträge nicht hochgeholt hätte, hätte ich sie nicht gesehen; Dank also auch an dich.

Die 230.224 ist schon eine echte P8. Auch wenn sie nicht in Preußen gefahren ist, denn die CFR haben diese unverwüstliche Baureihe in Lizenz bezogen. Täusche ich mich, oder ist auch eine der in Deutschland herumfahrenden oder -stehenden P8 im Preußengewand eigentlich eine Rumänin?

Etwas verwundert hat mich deine Bemerkung zum 400-Asa-Diafilm. In den Achtzigern hatten wir sowas aber schon, für ganz heikle Situationen hatte ich sogar meist in einem Kameragehäuse einen 31DIN/1000Asa-Film. (Die Qualität war allerdings sehr mittelmäßig; man sprach damals nicht von Bildrauschen, aber genau das fand statt. Der 400er, ob Kodak oder Agfa, war da um vieles besser.)


Freundliche Grüße
Erich

„Es hat nie einen Mann gegeben, der für die Behandlung von Einzelheiten so begabt gewesen wäre. Wenn er sich mit den kleinsten Dingen abgab, so tat er das in der Überzeugung, daß ihre Vielheit die großen zuwege bringt.“
Friedrich II. über Fr. Wilhelm I.


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RE: Waldbahnen in Rumänien 1992 Teil 1

#9 von Brillenhuber , 27.09.2016 18:23

Zitat von Erich Müller
Hallo Heinz,

danke fürs Teilen dieser einmaligen Erfahrung!
Wenn Tobias die Beiträge nicht hochgeholt hätte, hätte ich sie nicht gesehen; Dank also auch an dich.

Etwas verwundert hat mich deine Bemerkung zum 400-Asa-Diafilm. In den Achtzigern hatten wir sowas aber schon, für ganz heikle Situationen hatte ich sogar meist in einem Kameragehäuse einen 31DIN/1000Asa-Film. (Die Qualität war allerdings sehr mittelmäßig; man sprach damals nicht von Bildrauschen, aber genau das fand statt. Der 400er, ob Kodak oder Agfa, war da um vieles besser.)



Hallo Erich

Vielen Dank für den Dank!

Ja, es gab Filme die man pushen konnte.
Ich hatte 1983 bei einer Exkursion zur S Bahn Baustelle in Zürich (Hirschengrabentunnel und Bahnhof Museumstrasse so einen Film gebraucht.
Anders wären die Bilder hier nicht entstanden:
https://www.flickr.com/photos/r_walther/...57650771832335/

Allerdings hatte ich, aus pekuniären Gründen keine zweite Kamera dabei. Mit meinem damaligen Lohn hat schon die Minolta 7'000 mit allem Zubehör fast 2 Monatslöhne gekostet. Und der Diafilm kostete auch schon über 15 Franken, mit entwickeln. und Filmwechsel war mit der Minolta so eine Sache: Die spulte nämlich den Film ganz zurück. Und der Trick mit dem rechtzeitig Abschalten hätte ich auf der rumpelnden Bahn nicht gerne durchgeführt.

Gruss Heinz


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RE: Waldbahnen in Rumänien 1992 Teil 1

#10 von Erich Müller , 27.09.2016 19:25

Hallo Heinz,

Diafilm pushen? Das hätte ich nie gewagt...

Ich hatte damals alte Exakta und Exa, die mit dem Wechselsucher. Schwer wie sonst was (700g ohne Objektiv), dafür ohne Belichtungsmesser. In "Das Fenster zum Hof" auch oscarprämiert.
Aber schöne Fotos haben wir gemacht, und immer gebangt, ob die belichteten Filme auch nicht Schaden nahmen, auf der Reise oder im Labor... Und dann das Ah, Oh, oder auch beim Betrachten. Es war anders, es war auch schön.


Freundliche Grüße
Erich

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