Hallo.
Viele der N-Bahner kennen noch die alten Guss-Modelle aus der Trix-Frühzeit.
So ist mir vor einigen Monaten eine alte E10 in blau in der Bucht über den Weg gelaufen, die ich für wahrlich kleines Geld schiessen konnte.
Man kennt das, auf den Fotos sieht das alles toll aus und als die Maschine geliefert wurde, wurde ich mal wieder eines besseren belehrt, dass auf Fotos die Welt rosiger aussieht. Verschiedene Lackabplatzungen auf einer Gehäuseseite, dazu fanden sich an mehreren Stellen Blasen, die im Konsenz zu den Abplatzungen führen. Na ja, altes Modell halt, nach einigen Recherchen fand ich heraus, dass die Lok so zwischen 1967 und 1969 produziert worden sein muss, also genau mein Jahrgang. Aber - und das wunderte mich, ich setzte sie auf die Gleise und sie fuhr total geschmeidig. Na, wenigstens nicht verharzt! Also, für den Einsatz auf meiner Fahranlage genau richtig. Die paar Lackschäden, was soll's, ist eben eine ehrwürdige alte Dame! Um das in Grenzen zu halten, überzog ich das Gehäuse mit einem Klarlack aus der Sprühdose. So war zunächst der Sache etwas Einhalt geboten.
Doch es war genau das, was mich ständig anfraß, wenn ich ein paar Runden fuhr. Also keimte logischerweise der Gedanke auf, die Maschine zu restaurieren, zumindest Lack mäßig. Da ich sowas in Spur N noch nie gemacht habe, sollte das mein Einstiegsprojekt werden, zumal bei einem Fehlschlag der finanzielle Einsatz nicht allzu hoch war.
1. Schritt: runter mit dem Altlack.
Gesagt, getan. Ich besorgte mir Nitroverdünnung und legte das komplett demontierte Gehäuse in ein Glas. Nach ein paar Stunden ging vieles runter, aber nicht alles. Schleifen ging nicht, weil sonst die feinen Gravuren kaputtgehen. Was tun? Ich sah in meine Modell-Werkzeugkiste und entdeckte einen Glasfaserpinsel. Damit bekam ich dann alles blitzsauber! Nach kurzer Zeit war das Gehäuse nackig.
2. Schritt: Grundierung.
Da ich Lackierer bin, hatte ich die richtige Grundierung zur Hand. Ich nahm einen Reaktionsprimer mit Phosphorsäure, der eigentlich in der Karosseriebearbeitung bei blankem blech und Roststellen eingesetzt wird. Was für Autos gut ist, kann hier in dem Fall nicht falsch sein. Mit einer kleinen Spritzpistole war das schnell erledigt! Bitte darauf achten, daß die Airbrushpistole lösemittelbeständige Dichtungen hat! Meine hat das nicht, darum habe eine etwas größere genommen, die ich noch im Fundus hatte. Normalerweise mache ich damit in der Firma Kleinreparaturen an Autos, doch für diesen Einsatz war die gut zu gebrauchen! Das Gehäuse ließ ich dann einen Tag zum Trocknen stehen.
3. Schritt: Decklackierung.
Wie gesagt, bin ich Lackierer. So war es auch kein Problem, den richtigen Farbton zu mischen, der auf die Lok kommt. Ich nahm hier wieder Autolack, den ich mit speziellem Wasser und einem Härter auf die richtige Konsistenz brachte (wir benutzen Wasserlacke in der Lackiererei) und somit das komplette Gehäuse lackierte. Danach wieder über Nacht stehen lassen, und am nächsten Tag klebte ich das übrige Gehäuse zu, damit ich das Dach lackieren konnte. Das Lüfterband legte ich mit einem Pinsel aus. Wieder abkleben, dann die schwarze Bauchbinde. Einen Tag später brachte ich den weißen Zierstreifen auf. Das war ziemlich schwierig, weil das Klebeband in den Fugen nicht richtig sitzen wollte. Ich hab zwar den Rand mit Stahlwolle angedrückt, aber hier ließ sich einfach nicht vermeiden, daß das Weiß im Bereich der vorderen Lampen und der seitlichen Griffstangen unterkroch. Da muss wohl noch mal der Pinsel her! Auf jeden Fall hatte ich das Gehäuse lackmäßig fertig. Was fehlte, waren die Anschriften.
4. Schritt: Beschriftung.
Da ich so eine Aktion noch nie gemacht hatte, musste ich zunächst lange recherchieren, um an Beschriftung zu kommen. Zufällig stolperte ich dann über die Seite von modellbahndecals.de, fand im Programm aber nicht annähernd passendes. Ich stellte eine Anfrage, ob es denn für die Baureihe E10 entsprechende Decals gäbe und siehe da, es kam prompt Antwort! Ein paar Tage später hatte ich dann Post. Nun war echte Filigranarbeit gefragt, da der Decalbogen die Größe einer Briefmarke hatte. Ich habe Blut und Wasser geschwitzt, als ich die Mikroschriftzüge auftrug! Aber, nun ist alles fertig und ich bin recht stolz auf mein erstes restauriertes Modell, dass wieder auf der Fahranlage fleißig fährt. Demnächst muss das Gehäuse noch Komplett mit einem lösemittelfreien matten Klarlack abgezogen werden, damit das haltbarer ist. Solange muss die Maschine vorsichtig angefasst werden!
Alles in allem kann ich sagen, daß sich der Aufwand gelohnt hat und mir viel Spaß bereitet hat. So erstrahlt die über vierzig Jahre(!!!!) alte Lady in neuem Lack.
Wenn mir noch mal so eine E10 über den Weg läuft, werde ich wieder zuschlagen. Es gab ja noch die blau/beige Rheingold-Variante...
Gruß
Markus
Der Ausgangszustand
Nach dem Entlacken und Bearbeiten mit dem Glasfaserpinsel
Grundierung mit Reaktionsprimer
Erste Decklackierung in Kobaltblau
Fertig! Frisch restauriert steht die alte Dame wieder im Einsatz.