Moin!
Zitat von X2000 im Beitrag #2433
Zitat von badIVh im Beitrag #2432
Und in unserem Hobby darf man ja sowieso keine Sorge vor dem Lötkolben haben.
wenn du wüsstest wieviele Leute Angst vorm Lötkolben haben. Sie betreiben 60 Jahre Eisenbahnspielen und haben noch nie gelötet. Selbst das Öffnen einer Lok ist eine Zumutung bzw. man hat Angst davor. Das ist so.
Dieser Fakt ist für viele "fortgeschrittene" Modellbahner schlicht nicht vorstellbar. Neben dem fehlenden handwerklichen Geschick mangelt es sicher auch an Mut.
Ich kenne auch einige, für die ist es schon eine Herausforderung, einfach nur einen Draht anzulöten. Dann sitzt man daneben, sieht sich das an und ist praktisch fassungslos. Fassungslos, wie man daran scheitern kann. Mit Zinn geklebt statt gelötet. Oder die vollständige Umgebung verbrutzelt. Wenn so jemand sieht, wie ich z.B. 0,3er Bleche mit der Flamme verlöte oder eine Gußlampe anbringe, erscheint das den Kollegen wie Zauberei. Andererseits scheitere ich dann daran, an einem modernen, mir unbekannten Auto den Tempomaten einzustellen. Der 18-jährige Jüngling findet das intuitiv und kann sich das Hangeln durch die Untermenüs auch noch merken.
So gesehen kann ich nachvollziehen, warum manche zum Decodereinbau eine Werkstatt aufsuchen. Lieber ein paar Mark bezahlen als die Lok versauen.
Und mich über den Gleisbau der anderen aufzuregen ist eine meiner Leidenschaften. Daher finde ich die Bettungsgleise C-Gleis, Brio Line, Piko A recht anwenderfreundlich. Nichts für Modellbahner, aber für den normalen Kunden wunderbar, weil es zahlreiche Fehler vermeiden läßt.
Flexgleis ist gut und schön, aber die Hälfte der gekauften Flexgleise dürften letztlich im Müll landen und vom verbauten Flexgleis ist dürfte auch noch einmal ein Drittel der Gesamtproduktion nicht den Verlegekriterien entsprechen und es funktioniert nur wegen der angepaßte, mit hohen Spurkränzen ausgerüsteten Fahrzeugen.
So sehr ich den Wunsch nach C-Flexgleis nachvollziehen kann, weil eben das K-Gleis vom Profil her eine Beleidigung des Auges ist, so behaupte ich mal frech, daß ein solches Flexgleis eher ein Ladenhüter wird. Das ordentliche Abscheiden der Profile allein ist doch schon für viele eine unüberwindbare Hürde. Vor meinen Augen entsteht gerade folgende Szene, die ich nicht vorenthalten will:
Thoralf Tüffeltuter verwendet das erste mal C-Flex, es soll eine elegante Weichenstraße entstehen und es gilt, eine Lücke zwischen zwei Weichen mit einem geschwungenen Gleis zu füllen. Das Profil steht auf beiden Seiten über und Thoralf muß nun vier Schienen kürzen. Probieren geht über Messen, sagt er sich, biegt das Gleis vor, hält es ran, sichert es mit Pinnwandnadeln, auch wenn das in Siebdruckplatte ziemlich mühsam ist. Anzeichnen mit einem Edding, zum Basteltisch und mit der Eisensäge von Opa aus den 60ern wird das das Profil abgelängt. Das geht auch ganz gut (denkt Thoralf), noch mit einer Holzraspel und Nagelfeile nachgearbeitet. Super!
Auf der Anlage dagegen sind in der einen Schiene 4 mm zu viel, auf der anderen Seite fehlen 2 mm. "Übelriechendes menschliches Verdauungsendprodukt", ruft Thoralf. Naja, auch weil beim Feilen die eine Schiene aus den Kleineisen gerissen wurde, wird ein neues Flexgleis genommen.
Zweiter Versuch, diesmal ist Thoralf schlauer. Er schraubt das Flexgleis mit etwas Versatz fest, peilt und sägt jetzt eine Lücke zwischen Weiche und Flexgleis. Blöd, daß er keine Proxon oder einen Dremel hat, nicht mal ein 10-Euroteil von Aldi. Also muß wieder die Eisensäge ran, und weil es Sonntagmorgen ist gibt es auch keine Möglichkeit ein neues, scharfes Blatt zu kaufen. Die Zeit drängt, Thoralfs Eheweib besucht ihre Mutter und der Tag gehört ihm. Was er jetzt nicht schafft, muß wieder Wochen liegenbleiben.
Thoralf sägt also auf der Anlage, hat wenig Platz, kommt nicht richtig runter, versucht beide Schiene zu sägen, trifft mehrfach benachbarte Gleise mit der Säge, reißt wieder Kleineisen kaputt. Großer Ärger.
Dritter Versuch, das Flexgleis wird langsam knapp. Diesmal werden die Schienen mit dem Seitenschneider, der ein ähnlich hohes Alter wie die Säge hat (aber für 1,5er Kuper in der Hausinstallation noch brauchbar ist) gekürzt. Es sieht gut aus, aber die Schnittkanten sind grauenvoll. Also borgt sich Thoralf eine Feile vom Nachbarn, spannt das Flexgleis in einen Schraubstock mit profilierten Backen und feilt. Gleich nach dem Ansetzen verbiegt er eine Schiene. Nach einigen Unmutsäußerungen wird die Schiene gerichtet, fester gespannt und der Kunstoffteil des C-Gleises zerbricht.
Letzter Versuch, in der 5er Packung sind noch zwei Flexgleise. Thoralf baut die halbe Gleisanlage ab, markiert aber vorher die Enden der Schienen. Jetzt wird zuerst das Flexgleis verlegt, in einer mühsamen Aktion über zwei Stunden werden die Schienen mit stumpf gewordenen Schlüsselfeilen gekürzt. Thoralf könnte Kotzen, ist doch schon Nachmittag und die Zeit läuft ihm weg!
Die eine Seite der Gleisanlage wird wieder aufgebaut und die linke Seite paßt. Erleichterung! Frohlocken! Die andere Seite wird bearbeitet, es geht flotter von der Hand. Die Weiche rangehalten. Geil, die Fahrzeuge rollen sogar ohne Entgleisung über die Stöße. Gut, elegant ist was anderes, auch die Bettung sieht übel aus, aber es geht. Thoral baut den Rest der Weichenstraße zusammen. Plötzlich die Ernüchterung, in den Nachbargleisen ist zuviel Schiene. Verdammt, das Flexgleis ist zu kurz geworden! Thoralf zieht und zerrt ein bißchen, jetzt hat er an den Flexgleisübergängen Lücken von 2 mm.
Thoralf läßt alles fallen, schließt den Keller ab, geht in die Forum und beklagt sich über den Scheysz, den M* mal wieder produziert hat.
Thoralf geht jetzt erst einmal angeln, Wochen später schließt er die Lücke mit konfektionierten Gleisstücken und ist geheilt.
Andreas