die Frage nach dem "Gleise einschottern: Warum kleben?" rief mir ein Erlebnis in Erinnerung. Da die Geschichte über 20 Jahre her ist und der Hauptakteur mittlerweile leider verstorben ist, erlaube ich mir dieses Erlebnis als Gedächtnisprotokoll niederzuschreiben:
Gruß, Heinz
Modellbahnschotter
Ein als "Nietenzähler" bekannter H0-Sammler (nennen wir ihn Herrn N.) kommt in den Modellbahnladen und geht zielstrebig zum Chef, mit dem er auch gerne quatscht, was sich der Chef auch gefallen lässt, wenn er dann Zeit hat.
"Guten Tag Herr S. Ich suche Schotter."
Da Herr S. seine bevorzugte Spurweite kennt, fragt er direkt "Kork- oder Steinschotter?"
Herr N. guckt etwas erstaunt. "Das ist mir egal. Er soll für H0 sein!"
Herr S. geht also zum Verkaufsdisplay und holt drei verschiedene Päckchen mit Schotter. Herr N. schaut sich die erste Type an: "Das sieht aus wie Sand. Das ist doch kein Schotter." Bei der zweiten Packung mit Kork-Inhalt folgt dann der Kommentar: "Und das soll Schotter sein?"
Herr S. bleibt geduldig. "Das sind die Schottersorten, die von den Herstellern angeboten werden."
Herr N. nimmt die dritte Packung zur Hand und nickt anerkennend. "Das sieht doch schon besser aus. Darf ich den mal in die Hand nehmen?"
Herr S guckt etwas erstaunt, schraubt aber die Dose mit dem Steinschotter auf und stellt sie auf den Tresen.
Herr N. greift in seine Tasche, zieht ein Blatt Papier, einen Stift, einen Taschenrechner, eine Pinzette und eine Mikrometerschraube heraus! Mit der spitzen Pinzette greift er ein Schotterkorn, legt dieses zwischen die geöffneten Backen der Mikrometerschraube und misst den Durchmesser, den er auf dem Blatt notiert. Dieses Prozedere wiederholt Herr N. für 10 willkürlich ausgewählte „Schottersteine“.
Dann kommt der Einsatz des Taschenrechners. Er wird für die Summierung der 10 Werte benötigt, die dann durch 10 dividiert den durchschnittlichen Durchmesser des Schottersteines in H0 angeben. Mit 87 multipliziert ergibt sich daraus der durchschnittliche Durchmesser des Schottersteines des Vorbildes. Herr S. steht staunend, schweigend hinter dem Tresen. Nach dem zweiten Nachrechnen teilt Herr N. sein Ergebnis mit:
"Tja, Herr S. leider ist der Schotter um 10 % zu klein für H0. Haben sie den nicht noch etwas größer?"
Wortlos geht Herr S. in dem üblicherweise sehr gut sortierten Modellbahnladen an ein Regal im hinteren Bereich und kommt kurz darauf zu Herrn N zurück.
"Hier! Da haben Sie Farbe und einen Pinsel. Malen Sie sich die passende Größe!" und lässt den verdutzten Herrn N. ohne Abschied stehen.
(Gedächtnisprotokoll)
Tried to reduce to the max Ich weiß, nicht immer einfach, aber einfach kann ja jeder. Was noch fehlt? "Ein Sack voll Zeit"
Oh man, das wär mir ein klein wenig zu viel Detailverliebtheit.
Wobei eine Frage noch offen bleibt: Waren die ausgewählten Schottersteine überhaupt "Normalverteilt" ? Sprich war die Auswahl statistisch gesehen repräsentativ? (Man kann einen der Beruf versauen )
Zitat von Sven81... Waren die ausgewählten Schottersteine überhaupt "Normalverteilt" ? ...
Reichen 10 Schottersteine überhaupt für die Aussage aus, es liegt eine Normalverteilung vor?
Zitat von ThomasHeute könnte der Schotter ganz einfach gedruckt werden und mit Förderband direkt ins Gleisbett eingebracht werden. ...
Hallo Thomas,
ein interessanter Ansatz den "Schotter zu drucken"! Aber ich glaube Du verwechselt den Papierschotter (selber drucken ist außerdem strafbar ) mit dem Steinschotter. Oder hast Du einen fahrbaren 3-D-Drucker, der auf einem Zug (ein Waggon wäre wohl etwas wenig dafür) über die Anlage schleicht und die Gleise gleich einschottert?
*Duckundwech*
In meiner alten Firma hatten wir mal eine Anfrage von einem Gleisbauunternehmen. Dieses wollte das Gleisbett (hoffentlich drücke ich mich jetzt fachlich korrekt aus) mit Schotter, Schwellen und darauf verschraubten Schienenprofilen als komplettes Paket verbinden, vor Ort auf dem Untergrund ablegen und dann durch irgendeinen Vorgang die verklebten Schottersteine (wir sprechen hier vom Vorbild!) wieder lösen. Dazu gekommen ist es allerdings nicht!
Gruß, Heinz
Tried to reduce to the max Ich weiß, nicht immer einfach, aber einfach kann ja jeder. Was noch fehlt? "Ein Sack voll Zeit"
Hallo zusammen, Nun will ich mal meinen Senf zum schottern dazugeben. Das Problem bei den meisten Fachhändlern besteht doch darin, daß meist nur Schotter aus dem Sortiment der Großserienhersteller angeboten wird. Da muß man halt als Detailverliebter auch mal Kompromisse machen. Aber wenn der Herr N auf die Frage von Herrn S nach der Sorte mit einem " das ist mir egal, er soll für H0 sein" antwortet, dann denke ich mal, daß er nicht wirklich nen Plan hat. Wenn man so Detailverliebt ist, sollte schon wissen welche Farbe und welches Material der Schotter haben sollte. Das sieht mir Seiten Herrn N eher nach Klugscheißerei aus. Falls man nicht bereit ist, hohe Preise für guten Schotter zu Zahlen, da kann man immer noch in einen Steinbruch gehen und den erstandenen Schotter selbst aussieben. Das wird dem "Mikrometerfreak" aber zu stressig gewesen zu sein.
Grüße vom Schotterselbstaussieber Schönen Tag wünscht Jens
wem das Schottern nicht zusagt, empfehle ich eine tief verschneite Winterlandschaft. Hier mal ein kleiner Ausschnitt von meiner Anlage im Bau. Darauf muß letztendlich ja alles fahren. Nun gibt es aber nicht nur Gleise, sondern auch Weichen und Drehscheiben. Da wird es schon interessant.
mit der Suche nach dem passenden Körnungsbereich von Schotter habe ich mich ja auch beschäftigt. Allerdings sehe ich den Maßstab als Orientierung und nicht als Pflichtenheft. Das entscheidende Messgerät sitzt hinter meinen Augen bzw. zwischen meinen Ohren. Da entscheidet sich, ob ich eine Sache für erstebens- und bauenswert halte. Mein Gehirn entscheidet, ob ich ein Modell für attraktiv oder für unnötig halte. Messtechnische Werkzeuge sind in meinen Augen nachrangige Hilfsmittel, die das Pendel bei der Entscheidung zwischen zwei Richtungen beeinflussen können. Mehr nicht!
Im Bereich der Young- und Oldtimer-Fans gab es jede Menge Fans, die mit ihrem Wagen körperliche oder (meist) charakterliche Defizite auszugleichen suchten. Deswegen habe ich solche Wagen gerne als Persönlichkeitsprothese bezeichnet. In einen ähnlichen Bereich geht das wohl auch mit der Nietenzählerei ... wobei da eigentlich auch noch zwanghafte Persönlichkeitsmerkmale durchzukommen scheinen (sehe ich zumindest so).
Entscheidend ist allerdings: Es sollte jedem Modellbahner sein eigener Zugang zum Hobby zugestanden werden. Jeder Jeck bzw. Modellbahner ist anders und jeder mach aus seiner Sicht das Richtige. Es sollte jedem sein Herangehen zugestanden werden. Wichtig ist, andere Meinungen nicht ernsthaft abzuwerten.
Viele Grüße, Thorsten
Die vorangegangenen Zeilen sind als Denkanstoß zu verstehen – nicht als Belehrung, Provokation oder was auch immer bösartige Menschen da hineininterpretieren könnten. Meine Filme zur Modellbahnplanung • Meine aktuelle Baustelle
Meines Erachtens ist der Gesamteindruck am Wichtigsten - fällt der gut aus, betrachtet man Details; fällt der Gesamteindruck nicht gut aus, sind Details uninteressant, egal wie massstäblich oder orginalgetreu sie sein mögen... Natürlich immer subjektiv(!), aber man hört/liest öfter, dass gerade Schotter lieber ein wenig größer als exakt 1:87 sein sollte, weil es dann besser wirkt...?!
@Thorsten!
Hier hast Du einen sehr schönen und absolut treffenden Beitrag geschrieben
Vor allem das hier...
Zitat von Redundant Entscheidend ist allerdings: Es sollte jedem Modellbahner sein eigener Zugang zum Hobby zugestanden werden. Jeder Jeck bzw. Modellbahner ist anders und jeder mach aus seiner Sicht das Richtige. Es sollte jedem sein Herangehen zugestanden werden. Wichtig ist, andere Meinungen nicht ernsthaft abzuwerten.
...würde ich sofort unterschreiben!
"Persönlichkeitsprothese" ist auch ein schöner Ausdruck - gefällt mir!
Ich persönlich bezeichne ja bestimmte Autos - oder auch die Fahrweise gewisser Personen als "Verlängerung eines bestimmten (ausschließlich männl.) Körperteils"
Was mir gerade auffällt: Hoffentlich werden mir die vielen Smileys nicht am Ende noch als Persönlichkeitsprothese ausgelegt... hihi!
Bezüglich des Begriffs "Persönlichkeitsprothese" bin ich auch mächtig stolz, dass er mir eingefallen ist.Noch wichtiger ist mir allerdings, dass er auch inhaltlich gefüllt und nicht bloß eine leere Worthülse ist.
Bezüglich der Modellbahngestaltung habe ich für mich die Marschrichtung "so könnte es gewesen sein" ausgegeben. Bisher bin ich den Ergebnissen meiner Herangehensweise ganz zufrieden! Aber ich gestehe auch jedem Modellbahner zu, es anders zu machen.
Viele Grüße, Thorsten
Die vorangegangenen Zeilen sind als Denkanstoß zu verstehen – nicht als Belehrung, Provokation oder was auch immer bösartige Menschen da hineininterpretieren könnten. Meine Filme zur Modellbahnplanung • Meine aktuelle Baustelle