Kommen wir heute zum Schattenbahnhof. Wenn man durch die Kulisse den R 908 entlang fährt und die drei abzweigenden Weichen passiert, kommt man auf dem, im Bild oberen Gleis an. Das E rechts steht für Entkuppler. Das sind in meinem Fall ein Magnet für die Kadee und dahinter ein Roco-Entkuppler für die Roco-Kurzkupplung. Mit Ausnahme von Wendezügen und Triebwagen fährt JEDER Zug dort ein und die Lok setzt um. Bisher gab es das gelb hinterlegte Lokwartegleis nicht und auch nicht die Sortiergruppen. Die Lok setzte also um und rangierte den Zug auf eines der Abstellgleise. Da die etwa gleiche Nutzlänge hatten, war das unproblematisch. Als Gattungen gab es Durchgangsgüterzüge, Nahgüterzüge, Personenzüge, Eilzüge und D-Züge als Umleiter.
Irgendwann bin ich auf den Trichter gekommen, dass es ziemlich öde ist, wenn man nur hin- und herfährt und sich überlegt, welchen Wagen man gerade mal wo hin rangieren kann. Also musste da eine Automatik her, die mich beauftragte, Nahgüterzüge zusammenzustellen und die Wagen auf die Ladestellen zu verteilen.
Mir ist bekannt, dass die allermeisten Nahgüterzüge überwiegend aus G, O und R bestanden. In verschiedenen Variationen. Nun finde ich aber Spezialwagen interessant, so zum Beispiel Topfwagen und Säurekessel. Also verschwand der Radeberger-Wagen erst einmal im Regal und aus dem Gebäudekomplex der Kibri-Brauerei wurden die "VEB Chemische Werke Alfstedt", deren Aufgabe es ist, Sprengstoff für die Gesellschaft herzustellen. Dazu brauchen sie Kohle für das Kesselhaus, dreiwertigen Alkohol in Kesselwagen, Salpetersäure (Säurekesselwagen), Schwefelsäure (Topfwagen), Kieselgur sowie Glaszylinder, Pappe, Metallrahmen (für die Dynamitbatterien) und anderes Stückgut. Wenn man das Kieselgur in Klappdeckelwagen anliefern würde, ist jetzt meine Phantasie, sind doch schon für so einen kleinen Anschließer eine Menge unterschiedlicher Wagen erforderlich.
Die OGA in Alfstedt bekommt nicht viele Wagen. Vielleicht mal Briketts, ein wenig Stückgut, welches dann aber auch gelagert werden muss, weil die Straßen im Winter doch schwer passierbar sind; und versendet wird da eigentlich auch nicht viel. Aber da das Nest am Rand des Harzes liegt, erdenke ich mir vielleicht noch eine Köhlerei und Glasbläser...
Rikenrode hat auch nicht viel Stückgut, darum reicht ein kleiner Güterschuppen. Die Rampe und Ladestraße sind da schon ziemlich groß für so ein kleines Touristenkaff. Das hat natürlich einerseits mit der Holzabfuhr zu tun (ich hab noch ein Bund Goldrute rumliegen, welches verwendet werden muss), andererseits war das ganze Gebiet mal im Hinterland der Grenze zwischen NATO und Warschauer Pakt. In der Nähe war NVA und Sowjetarmee stationiert. Diese beiden wiederum haben regelmäßig Bahnverladung geübt (das gab es wirklich!) bzw. natürlich auch Güter bekommen. Zm Beispiel Treibstoff, der auf der Ladestraße vom Kesselwagen in Tankwagen umgepumpt wurde. Gerade die Russen waren da ziemlich pragmatisch.
Also sieht Rikenrode neben den üblichen O-Wagen, G-Wagen und Rungenwagen auch Kesselwagen und sogar Kühlwagen, denn sowohl die ganzen FDGB-Ferienheime als auch die Kasernen in den Wäldern mussten ja versorgt werden. Und das war teilweise so viel, dass Gefriergut in Maschinenkühlwagen angeliefert wurde...
Nun sind das viele Ladestellen und noch mehr Wagentypen und es ist so ergreifend, mit einer Soundlok und Anfahr- und Bremsverzögerung und Bremsenquietschen die Wagen zu rangieren. Aber Modelleisenbahn definiert sich als Systemspielzeug, also sollte auch mit System gespielt werden. Dazu habe ich mir eine Open-Office-Tabelle gemacht. In den Spalten stehen die Ladestellen, und zwar so sortiert, dass die Wagen immer hinten vom Zug abgehängt werden können. Das erspart umfangreiches rangieren und Bremsproben, wenn zu viele Kuppelstellen offen waren... In den Zeilen sind die Wagengattungen aufgeführt. In den Zellen, in denen sich Zeilen und Spalten treffen, wird eine Zufahlszahl zwischen Null und der maximalen Anzahl Wagen, die die jeweilige Ladestelle aufnehmen kann erzeugt.
Jeder Nahgüterzug wird anders zusammengestellt. Definitiv. Und ich weiss vorher niemals, was mich erwartet.
Dazu muss aber der Betriebsablauf im Schattenbahnhof geändert werden. Personenzüge werden so behandelt, wie oben beschrieben. Lok setzt um und gut ist. Ein ankommender Güterzug kuppelt zunächst die Lok ab. Die fährt auf das Lokwartegleis, wo schon andere Loks stehen. Das ist quasi ein Speicher, aus dem die zuerst einfahrende Lok auch zuerst rausfährt. Dadurch bekommt jeder neue Zug eine andere Lok. So kann ich auch bei den Personenzügen zum Beispiel die 110, aber auch die 119 oder die im Zulauf befindliche 95 fahren...
Der Güterzugbegleitwagen kommt prinzpiell auf das Pwg-Gleis. Alle anderen Wagen werden nach Gattung sortiert. So ist in kurzer Zeit auch ein neuer Zug zusammengestellt. Bei Dieselbespannten Zügen holt sich die Lok Wagen um Wagen von den entsprechenden Gleisen und bei Zügen, die von einer Dampflok gezogen werden kommt ZUERST der Güterzugbegleitwagen hinter die Lok und erst dann wird der restliche Zug zusammengestellt.
Nun hat die Sache aber noch einen Schönheitsfehler. Ist mein Nahgüterzug in Rikenrode verteilt, steht die Lok ziemlich nackig da. Um das zu vermeiden, habe ich mir eine Strecke erdacht, die Ladestellen hat, die nur auf der Rückfahrt des Nahgüterzuges zu bedienen sind. So schleppe ich quasi immer eine Wagengruppe mit, muss den Pwg umrangieren und kann den geschrumpften Zug wieder zurückfahren lassen. Der Sammler am Nachmittag bringt entsprechend schon Wagen mit, auch da fährt die Lok nicht leer.
Die Strecke beginnt gedacht in Aschersleben. So habe ich Anschluss Richtung Magdeburg und Berlin und kann einen Eilzuglauf plausibel machen. Die weiteren Stationen sind: Zwischenberg - Hasinchen - Tiefental - Alfstedt - Rikenrode.
Die einzige Ausnahme für Lokleerfahrten ist folgende: Der letzte Personenzug am späten Abend bleibt am Bahnsteig stehen und die Lok fährt in die nächste Einsatzstelle, von der sie morgens wieder kommt. Personenwagengruppen über Nacht am Bahnsteig habe ich 1985 in Thale selbst erlebt. Jedenfalls komme ich auf die Art sogar zu einer Lz.
Fazit: Auch auf einer popligen Nebenbahn ist ziemlich viel Betrieb möglich, wenn man sich vorher Gedanken macht.
Gruß
KWer