RE: Lackieren von Selbstbaumodellen

#1 von michl080 , 02.12.2015 21:45

liebe Gemeinde,

in den letzten Wochen habe ich mich intensiv mit der Lackierung meines Weinert Modells BR86 beschäftigt. Dabei habe ich einiges erfolgreich und auch vergeblich ausprobiert. Ich möchte euch mal zusammenstellen, was ich herausgefunden habe. Vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen bei eigenen Experimenten...

Hier ist der Ausgangspunkt für die Lackierung. Mit dem Bauergebnis war ich eigentlich recht zufrieden. Die meisten Teile sind dort, wo ich sie haben wollte.



die Grundierung mit Weinert Grundierung klappte besser als erwartet. Allerdings, und das sieht man hier noch nicht sehr deutlich, war die Oberfläche etwas rauh. Ich dachte mir zu diesem Zeitpunkt noch nichts dabei. Ich hatte, wie überall beschrieben, mehrere Schichten dünn mit der Airbrush aufgebracht-



Ich verstehe übrigens nicht, dass manche Leute sagen, das fänden das Messingmodell schöner als das lackierte Ergebnis. Ich finde sie grau VIEL schöner...

Kleiner Abstecher, ich verwende eine Iwata HP-C Airbrush mit 0,3 mm Düse, die ich gebraucht bei Ibei ersteigert habe. Ein hervorragendes Gerät. Mit einer 0,2mm Düse "verhungert" man beim flächigen lackieren.

Nach der Grundierung war ich schon ziemlich benebelt. Meine bessere Hälfte klagte, dass das ganze Haus nach Verdünnung stinken würde. Das war schon so, aber mir war es egal

Nach drei Schichten Grundierung und drei Schichten Lackierung mit Weinert Farbe sah das Ergebnis SO aus:



GANZ GROSSER FRUST (trotz Verdünnungsbeneblung!)

Es sieht so aus, als ob sich der Lack einfach nicht richtig verteilt. Eher gepulvert als lackiert.

Nach einigem Überlegen ein schneller Entschluss: runter mit der Farbe und nochmal probieren.

Ein wenig herumprobieren zeigte, dass die Weinert Farbe mit Spiritus hervorragend abgeht. Also die ganze Lok in dieses genau passende Gefäß,



mit Alkohol auffüllen und ab in das Ultraschallbad damit.

Nach sagenhaften 10 Minuten war der Lack restlos ab.

Da mir der Mief sowieso gewaltig auf die Nerven ging, habe ich Alternativen experimentiert.

Ich habe mich sowieso schon gewundert, weil die Weinert Farbe sich recht leicht an den Kanten abgegriffen hat. An den Kanten der Pufferbohlen war die Farbe immer wieder schell ab.

Ich habe mir also zusätzlich zu den Weinert Farben und den Vallejo Farben, die ich schon hatte, noch Oesling Farben beschafft, von denen ich schon viel gutes gehört hatte. Die Verarbeitung wurde meistens problematisch dargestellt, aber ich wollte es mal testen. Der Vorteil von Oesling Farben ist, dass es wie auch RAL 3002 gibt. Da die Weinert Radsätze schon rot sind, wollte ich möglichst wenig Farbunterschied haben.

Viele Testlackierungen später.....





kam ich allmählich auf den Unterschied.

Ich habe oft gelesen, dass man die Lackierung ganz dünn und in mehreren Schichten machen soll. Ich habe das leider nicht richtig verstanden. Die Farbe muss NASS auf dem Modell landen. Das Lösungsmittel in der Weinert Farbe scheint so leichtflüchtig zu sein (hicks), dass es am Modell schon teilweise verdunstet ist. Dadurch verläuft die Farbe nicht richtig. Vermutlich muss man die Farbe wesentlich stärker verdünnen, so dass der Auftrag hauptsächlich aus Verdünnung mit wenig Farbe besteht. Ich habe es aber nicht mehr ausprobiert, da ich mit Vallejo und mit Oesling hervorragende Ergebnisse erzielen konnte. Vallejo Model Air schwarz kann mit 10% Vallejo Flow Improver verspritzt werden. Die Oesling Farben habe ich so verdünnt: 50% Farbe / 40% Vallejo Thinner 71361 / 10% Vallejo Flow Improver 71562. Damit waren hervorragende Ergebnisse erzielbar.

Also noch mal von vorne:

-- zwei mal grundiert mit unverdünnter Vallejo Versünnung 74615 (1bar/0,3mm Düse). Die Farbe muss nass und glatt auf dem Modell liegen. Aber sie darf natürlich auf keinen Fall Nasen bilden.
-- zwei dünne, aber auch hier nasse Schichten Vallejo schwarz 71057 mit ca 10% Vallejo Flow improver 71562 verdünnt.

Leider habe ich beim letzten Auftrag eine Laufnase produziert, also noch mal ins Bad und von vorne

Das ganze ohne Nase wiederholt und so sieht das Ergebnis aus:





Jetzt war die Lackierung so gut, dass man auch Mängel am Bau sieht, z.B. am Vorwärmedeckel etc.

Ich war auf Wolke Sieben!!

Jetzt kamen noch die Schiebebilder drauf, was sehr gut klappte, das die Farbe schön glatt war. Weichmacher waren fast nicht nötig.

Die Lokschilder habe ich extra machen lassen und mit schwarzem Vallejo Lack aufgeklebt. Man liest zwar immer, das man das mit Klarlack machen soll, aber da ich ja die darunterliegende Farbe selbst lackiert habe, macht schwarz mehr Sinn. Übrigens lief 86 578 in Geislingen/Steige. Sie ist auf alten Bildern mit dem Scheibenrad-Nachläufer zu sehen.



Auf meinen Testblechen kann man schon sehen, dass ich viel mit Klarlack experimentiert habe. Hier sieht die Sache jetzt ganz anders als mit dem farbigen Lack aus. Wenn man eine matte Oberfläche haben möchte, darf man tatsächlich nur sehr dünn Mattlack 70520 unverdünnt aufnebeln. Auf dem letzten Bild kann man auch sehen, dass der matte Klarlack den Farbeindruck deutlich verändert (siehe Unterschied Rahmen / Räder). Die Räder sind nicht klarlackiert.

Zusammenfassung:
-- Weinert ist gar nicht so toll wie immer gedacht und stinkt mörderisch. Der Farbauftrag ist nicht sehr abgrifffest.
-- Oesling war recht leicht zu verarbeiten. Da die Farbe keine flüchtigen Lösungsmittel enthält, stinkt nichts. Nicht sehr abgrifffest.
-- Vallejo Model Air ist äusserst gutmütig zu verarbeiten und stinkt nicht. Die Abgrifffestigkeit ist so gut oder schlecht wie bei den anderen Farben. Der einzige Nachteil ist, dass es RAL3002 nicht als Model Air gibt, sondern nur als Model Color. Diese Farbe ist nicht für Airbrush eingestellt und muss anders verdünnt werden.

Ich hoffe, es hilft dem einen oder anderen...

Fragen?

schönen Abend,
Michael


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RE: Lackieren von Selbstbaumodellen

#2 von Der Krümel , 02.12.2015 22:13

Danke für den interessanten Bericht, Michael!


Viele Grüße
Hendrik


 
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RE: Lackieren von Selbstbaumodellen

#3 von GMWE , 02.12.2015 23:39

Hallo Michael,

dein interessanter Bericht bestärkt mich in meinen Anfängererfahrungen.
Ich hatte es mit den gleichen Erscheinungen zu tun und kann deine Einschätzung
zum Verdünnen der Farbe bestätigen. Wichtig ist auch der Abstand der Pistole
zum Objekt. Ist die Farbe etwas zu "dick", kann man mit Verkürzen des Abstandes
einiges regulieren. Die spritzfähige Farbe sollte die Konsistenz von Milch besitzen.
Aufpassen muß man besonders beim Mattieren. Da kann es schnell zu grauen Schleiern
kommen, die leider das Modell völlig versauen.
Dein Modell ist super geworden!

Danke für deine Mühe, den Bericht einzustellen.

Gruß, Peter


Schmalspur1


 
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RE: Lackieren von Selbstbaumodellen

#4 von Volvivo , 03.12.2015 09:05

Servus Michael,

dass ist ja mal ein Bericht --> klasse und danke!


Gruß aus Niederbayern
Michael

Die gute alte Bundesbahn in den 70igern und 80igern ... schön war's in der Epoche IV


 
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RE: Lackieren von Selbstbaumodellen

#5 von N-Scale , 03.12.2015 13:09

Servus Michael,

deine Erfahrung teile ich, jedoch nicht mit Weinert Farben sondern mit Vallejo Farben - bei denen mir immer gesagt wurde es gäbe nichts besseres. Ich bin mittlerweile zu Revell Aquacolor zurück gekehrt die ich simpelst mit destilliertem Wasser verdünne. (Ethanol und Propanol haben bei mir die Farben verklumpen lassen - sagt auch jeder was anderes). Und dann drei bis vier Spritzdurchgänge sehr dünn aufgetragen. Mit dem Ergebnis bin ich bei dunklen Farben absolut zufrieden - bei den hellen, allen voran Orange und Gelb mangelt es noch ein wenig. Durch die Unterschiedlichkeit bei den Farben muss jeder erst seinen Hersteller für seinen Bedarf finden, die eierlegende Wollmilchsau gibt es auch hier in dem Bereich leider nicht. Mit Vallejo bin ich arg auf den Kopf gefallen, andere verarbeiten die Farben als gäbe es nichts besseres. Ärgerlich ist dabei natürlich wenn dabei ein Modell versaut wird. Umso mehr freut es mich zu sehen, wie toll dein Selbstbaumodell nach der endgültigen Lackierung aussieht. Ist wirklich toll geworden!

Liebe Grüße
Mario


Viele Grüße
Mario


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RE: Lackieren von Selbstbaumodellen

#6 von michl080 , 03.12.2015 15:43

Zitat von N-Scale
[...]Ich bin mittlerweile zu Revell Aquacolor zurück gekehrt die ich simpelst mit destilliertem Wasser verdünne.[...]


Hallo Mario,
die Revell Farben kenn ich auch. Leider sind die Deckel nicht dicht, so dass die Farben nach einiger Zeit immer zäher werden. Da ich Flächen lieber mit der Airbrush lackiere, muss ich bei jedem mal erst die Verdünnung einstellen. Deshalb bin ich von Revell Farben abgekommen. Die Vallejo Farben sind dicht verpackt und verändern sich auch nach Jahren nicht. Aber ich denke, wenn man das Händchen für eine bestimmte Farbsorte hat, kommt man auch klar damit.

Zitat von GMWE
[...]Ich hatte es mit den gleichen Erscheinungen zu tun und kann deine Einschätzung
zum Verdünnen der Farbe bestätigen. Wichtig ist auch der Abstand der Pistole zum Objekt.[...]


Hallo Peter,
Verstehe ich Dich richtig, Du kannst bestätigen, dass sehr stark verdünnte Weinert Farbe nass, aber nicht deckend aufgetragen, sauber verläuft?
Was den Spritzabstand angeht, versuche ich, die Farbe so einzustellen, dass ich mindestens 10cm, besser 15cm Entfernung erreichen kann. Durch die breitere Verteilung wird der Auftrag gleichmässiger.

wer hat noch eigene Erfahrungen beizutragen?

schönen Tag noch,
Michael


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RE: Lackieren von Selbstbaumodellen

#7 von N-Scale , 03.12.2015 15:57

Servus Michael,

Zitat von michl080

die Revell Farben kenn ich auch. Leider sind die Deckel nicht dicht, so dass die Farben nach einiger Zeit immer zäher werden. Da ich Flächen lieber mit der Airbrush lackiere, muss ich bei jedem mal erst die Verdünnung einstellen. Deshalb bin ich von Revell Farben abgekommen. Die Vallejo Farben sind dicht verpackt und verändern sich auch nach Jahren nicht. Aber ich denke, wenn man das Händchen für eine bestimmte Farbsorte hat, kommt man auch klar damit.



Das stimmt leider, dass die Revell Farben nach einiger Zeit austrocknen. Ich habe mir dabei allerdings beholfen und die Farben spritzfertig in 20ml Tropf-Fläschchen umgefüllt. Sind im Prinzip die gleichen Flaschen wie die von Vallejo. Jedoch immer mit etwas "Luft" nach oben, so kann ich je nach Modell die Farbe nochmals individuell anpassen durch ein oder zwei Tropfen destilliertes Wasser. War viel probieren, hat aber zum gewünschten Ergebnis geführt.

Liebe Grüße
Mario


Viele Grüße
Mario


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RE: Lackieren von Selbstbaumodellen

#8 von Lokpaint , 03.12.2015 19:27

Hallo

Was die meisten falsch machen bei Nitro-Lacke (z.B. Weinert) ist die Tatsache das erstens die Farbe zu viel verdünnt wird, die soll noch recht dick sein, etwa wie Buttermilch.
Zweitens hat man meistens Angst das so richtich fett aufzutragen.
Beim auftragen soll die Schichtdicke dermassen sein, das eine glänzende NASSE! fläche entsteht. Fast bis zum laufen dick.

Danach klappt es auch mit der Oberflächengüte sowie Haftung.
Eine körnige Oberfläche deutet auf Lack hin der schon trocken ist wenn er am Objekt auftrifft.

Wenn ich spritze gucke ich in Streiflich wo Farbe auftrifft. Dabei beobachte ich nur ob es eine schöne glänzende Schicht ist.
Die Lok selber wird dabei eigentlich nicht betrachtet.

Tja, und weil dabei ziemlich viel Farbe "verbrennt" wird sind Spritzpistolen mit Oberbecher auch nicht sehr empfehlenswert.
Erstens weil die meist zu wenig farbe fassen können, zweitens weil die Farbe zu schnell austrocknet.

Zum üben würde ich Glas empfehlen (Bierflaschen ) Auf Glas bekommt man am ehesten das Gefühl wie weit man gehen kann.

Wenn ich mal zeit habe mache ich mal ein Video. das ist deutlicher als 1000 worte.

Bart


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RE: Lackieren von Selbstbaumodellen

#9 von GMWE , 03.12.2015 22:27

Zitat von michl080
Verstehe ich Dich richtig, Du kannst bestätigen, dass sehr stark verdünnte Weinert Farbe nass, aber nicht deckend aufgetragen, sauber verläuft?


Hallo Michael,

ich bin nach wie vor ein Fan von lösungsmittelhaltigen Farben und mit den Weinertfarben vollauf zufrieden.
Aber wie mit allen Produkten, man muß ein wenig üben, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
Richtig ist, daß der auftreffende Sprühstrahl immer eine glänzende Oberfläche ergeben muß, auch beim Einsatz von
Mattlack.
Und wie ich schon schrieb: Konsistenz ähnlich wie Milch und wenn es wegen der aufgebrachten Grundierung noch
nicht glänzt, einfach nochmal drüber.
Die auf der folgenden Seite gleich eingangs gezeigte Eigenbau - 99 5714 ist zB. auf diese Art und Weise entstanden und ich
bin damit ganz zufrieden:
http://www.gmwe-online.de/die-99-5714/
Lok und Dampftriebwagen - alles mit Weinertfarben.
Am Ende der Seite 4 sind noch paar Aufnahmen. Du siehst also, es geht ganz gut!

Ich wünsch dir noch viel Erfolg!

Gruß, Peter


Schmalspur1


 
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