Liebe Stummis,
da ich im Augenblick mal wieder auf einem langweiligen Hotelzimmer hocke, habe ich die Zeit am Abend genutzt, um einige wichtige Hintergründe zu meinem Bahnhof "Mühlfeld" darzulegen. Insbesondere ist es mir ein Anliegen, das Betriebskonzept hinter der ja recht kompakt gestalteten Anlage ("nur ein Bahnhof") zu verdeutlichen. Ausgelöst worden ist das ganz konkret durch eine Broschüre aus dem Miba-Verlag, geschrieben von Otto O. Kurbjuweit - einige kennen ihn vermutlich. Das Heft heißt: "Anlagen-Planung für vorbildgerechten Modellbahn-Betrieb". In dem, was er in diesem Heft schreibt, finde ich mich zu 100% wieder - nur bin ich noch auf dem Weg dorthin, wo Herr Kurbjuweit schon angelangt ist. Aber lest selbst - viel Spaß dabei!
Die Geschichte des Bahnhofs Mühlfeld
frei nach http://de.wikipedia.org/wiki/Frankenwaldbahn
Die Grünach-Bleichwalder Eisenbahn
Mit zunehmendem Erfolg des neuen Verkehrsmittels Eisenbahn regte sich ab 1849 bei den Betreibern des Schieferbruchs nahe Bleichwald der Wunsch, eine in Süd-Nord-Richtung verlaufende Bahnstrecke über Bleichwald bis an die Nordgrenze des Bayerischen Königreiches führen zu lassen. Am 4. Dezember 1865 wurde zwischen den Königlichen Verkehrsanstalten, der Stadt Grünach und Freiherr Gero von Hamer-Sitt, Enberg, eine Vereinbarung über den Bau einer Pachtbahn von Matthisau bei Grünach über Grünach nach Bleichwald geschlossen. Die Teilstrecke Matthisau - Mühlfeld an der Ache wurde bereits am 20. Februar 1867 eröffnet, die Gesamtstrecke Matthisau - Grünach - Bleichwald am 1. März 1869.
Anschluss nach Norden (Bronntalbahn)
Am 21. Januar 1888 wurde zwischen Bayern, Preußen, Sachsen-Meiningen und Schwarzburg-Rudolstadt der Vertrag zum Bau einer Hauptbahn von Bleichwald nach Bischofszell mit Anbindung zu den bestehenden Strecken geschlossen. Die Strecken Bleichwald - Bischofszell wurde am 1. Oktober 1891 in Betrieb genommen. Den kurzen Abschnitt zwischen der Ländergrenze bei Bronnenstein und Bischofszell pachteten und unterhielten die Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen.
Aufgrund der unerwartet schwierigen geologischen Verhältnisse gestaltete sich der Bau der für die Streckenführung notwendigen Tunnel äußerst verlustreich und kostete viele Menschenleben. So sei an den schweren Bergsturz am 13. Mai 1866 zwischen Mühlfeld und Bad Steinheim erinnert, bei dem 27 Arbeiter beim Sichern der Baustelle den Tod fanden. Aufgrund dieser Vorkommnisse wurde der eigentlich geplante zweigleisige Ausbau der Strecke nie in Angriff genommen.
Dennoch wurde die Strecke nach kurzer Zeit zur eingleisigen Hauptstrecke hochgestuft, da sie sehr bald regelmäßig zur Entlastung der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden zweigleisigen Magistralen genutzt wurde. An der Grenze zwischen Frankenwald und Thüringer Wald gelegen, erforderten die schwierigen topologischen Verhältnisse bereits nach kurzer Zeit den Bau einer Lokstation in Mühlfeld, die zunächst nur Güterzuglokomotiven für den Verschub vorhielt. Im Jahre 1921 wurde diese zu einem selbständigen Bahnbetriebswerk heraufgestuft.
Die Verbindung zwischen Grünach und Bischofszell wurde eine der wichtigsten Entlastungsstrecken der parallel verlaufenden Nord-Süd-Magistrale, auf der planmäßig auch hochwertige Reisezüge verkehrten. Im Jahre 1929 wurden deshalb Überlegungen laut, die Strecke zu elektrifizieren, um die Nachteile des eingleisigen Betriebs durch die dann mögliche elektrische Traktion durch Erhöhung der Traktionsleistung zu kompensieren. Nach der "Machtergreifung" im Jahre 1933 wurden diese Pläne allerdings auf Eis gelegt, weil das NSDAP-Regime ganz andere Pläne verfolgte ...
Nach Ende des zweiten Weltkriegs versank die nunmehr durchtrennte Strecke in der Bedeutungslosigkeit, und nachdem die Frachtaufkommen in den 50er Jahren wegen der Unwirtschaftlichkeit der Schiefer- und Kalksteinbrüche drastisch zurückgegangen waren, wurde die Strecke stillgelegt. Die wenigen Fahrgäste, die noch nicht auf das Auto umgestiegen waren, benutzten fortan die eingesetzten Autobusse, der Transport von Gütern - vor allem Stammholz - wurde bis Grünach mit dem Lkw bewerkstelligt.
Mühlfeld im Wald
Im Zuge der Konzeption der Grünach-Bleichwalder Eisenbahn wurde offensichtlich, dass wegen der schwierigen Trassierung der Strecke ein Bahnhof in der Nähe der Ortschaft Mühlfeld notwendig werden würde. Einerseits könnten dort nach Überwindung der Steilrampen in Richtung Bleichwald und Bad Steinheim, die ein Gefälle von bis zu 30 Promille aufwiesen, die Loks restauriert werden sowie Verschubloks bereitgehalten werden. Zum anderen erschien ein Zugbildungsbahnhof für die Bildung von Nahgüterzügen am Scheitelpunkt der Rampenstrecken als sehr vorteilhaft. Denn der Schiefer, der inzwischen an der Anschluss-Stelle Bronnenstein verladen wurde, sowie das Stamm- und Sägeholz, das in den Wäldern nahe Bad Steinheim, Anschluss Lohmühle, in recht großen Mengen zum Transport anfiel, konnte via Mühlfeld in die weiter entfernten Metropolen abtransportiert werden.
Die Mühlfelder, ein bäuerlich-handwerklich geprägter Menschenschlag, stand alledem äußerst skeptisch gegenüber. Der Vorstellung, dass das "Feuerross" tatsächlich bis in ihr Dorf fahren sollte, versetzte sie in Angst und Schrecken. Und so setzten sie dem ursprünglichen Plan, den Bahnhof unmittelbar an den Ortsrand von Mühlfeld zu verlegen, erbitterten Widerstand entgegen. Der weitsichtige, junge Johann Scharnagl hingegen arbeitete auf einen Ausgleich der Interessen des Dorfes mit denen der Eisenbahn-Befürworter hin. Dank seiner guten Vernetzung mit wichtigen Entscheidungsträgern der Landesregierung setzte er einen Kompromiss durch: der Bahnhof Mühlfeld wurde nicht am Ortsrand von Mühlfeld gebaut, sondern am Rande der Gemarkung Mühlfeld, in 1,5 km Entfernung zum Ort. Damit gaben sich die Mühlfelder schließlich zufrieden, und Johann Scharnagl hatte damit einen genialen Schachzug getan: er konnte die Gründung eines Splitt- und Schotterwerks mit direktem Anschluss an den Bahnhof in Angriff nehmen.
Die rasante Entwicklung des Stahlbetons als konstruktives Element im Bauwesen bewog den weitsichtigen Johann Scharnagl schließlich, im Jahre 1920 ein Werk für Bewehrungsstahl einzurichten. Wurden zunächst keine besonderen Betonstähle als Bewehrung eingesetzt, so verlagerte sich gegen Ende der 1920er Jahre das Produktspektrum schwerpunktmäßig auf Bewehrungsstahlmatten, die im Jahre 1933 schließlich genormt wurden. Die Scharnaglsche Bewehrungsstahl-Fabrik, obwohl weit von den Deutschen Stahlzentren entfernt, konnte sich dennoch gut gegen die Mitbewerber behaupten, weil sie durch eine - nach damaliger Bewertung - leistungsfähige Bahn beliefert werden und ihre Waren abtransportiert werden konnten.
Die wirtschaftlichen Erfolge des Johann Scharnagl blieben denn auch den Mühlfeldern nicht verborgen, und so entschloss sich Harald Gentner, im Jahre 1913 seine "Oberfränkische Dampfbrau-Gesellschaft H. Gentner & Cie" auf einem Gelände in unmittelbarer Nähe der Bahnhofsanlage zu gründen. Dank der Möglichkeit, über die Bahnanbindung vergleichsweise unaufwendig den Hopfen aus der Hallertau beziehen zu können und aufgrund der guten Brauqualität der Mühlfelder Braugerste nahm das Unternehmen rasch Aufschwung, zumal mit den Metropolen Enberg und Elzig sowie den nahen Städten Grünach und Bischofszell lukrative Absatzmärkte existierten.
Modellbahn-Anlage "Mühlfeld"
Betriebliche Konzeption
Nach diesem umfangreichen Exkurs in die Historie der Bahnstrecke soll nun das - reale - Betriebskonzept meiner Anlage erläutert werden.
Das Bild stellt den Kopf einer Bildfahrplan-Vorlage dar, die ich vor etlichen Jahren bereits entworfen habe und die dazu dienen soll, die einzelnen Zugfahrten auf der Anlage so auszuarbeiten und zu koordinieren, dass unterm Strich ein sinnvoller Betrieb möglich wird. Insbesondere wird es darum gehen, neben den auf der Strecke verkehrenden Durchgangszügen (hochwertige Personenzüge und durchgehende Güterzüge) den Transport auf kleiner Skala - also die Personen-Nahverkehrszüge, Nahgüterzüge, Übergaben und die Sperrfahrten - auf der Anlage zu realisieren. Dazu kommen noch Ladungen vom noch nicht näher beschriebenen Nebenbahn-Endbahnhof Berkwitz, die insbesondere den Milchverkehr beinhalten. Schließlich sind da noch die Postwagen und gelegentlich evtl. ein Kurswagen mit Urlaubern, die sich nach Berkwitz zur Sommerfrische aufgemacht haben. Aber der Reihe nach.
"Bischofszell" und "Grünach"
Diese beiden Bahnhöfe sind im Schattenbahnhof zusammengefasst. Dadurch, dass Züge im Schattenbahnhof in beiden Wendeln ausfahren können ist ein Fahrplan "von A nach B" und wieder zurück "von B nach A" mit Personenzügen problemlos durchführbar. Dank der Konzeption des Schattenbahnhofs als Kehrschleife mit Ausfahrt in beide Wendeln können vollbeladene Kohle-Ganzzüge immer in der gleichen Richtung durch den Bahnhof.
Anschluss "Bronnenstein"
Vom Anschluss Bronnenstein wird der Schiefer in einer Sperrfahrt in den Bahnhof Mühlfeld transportiert und dort mit evtl. anderen Ladungen zu einem Ng zusammengestellt. Dieser wird in Enberg zerlegt und einem Durchgangs-Güterzug beigestellt, denn Enberg verfügt über einen voll ausgebauten Güterbahnhof mit Ablaufberg etc. Die Funktion der Anshlussstelle übernimmt ein Gleis des "Halbschatten"-Bahnhofs, der das bequeme Aufgleisen neuer Züge erlaubt.
Anschluss "Lohmühle"
Lohmühle verfügt neben einer Verladerampe für Holzstämme auch über ein Sägewerk, welches die im nahen Wald geschlagenen Baumstämme zu Brettern oder Balken weiterverarbeitet. Die so hergestellten Produkte werden ebenfalls per Sperrfahrt nach Mühlfeld geschafft. Die Funktion der Anshlussstelle übernimmt wiederum ein Gleis des "Halbschatten"-Bahnhofs.
Bahnhöfe "Bleichwald" und "Bad Steinheim"
Die beiden Bahnhöfe verfügen über kein besonders hohes Frachtaufkommen - Güter des täglichen Bedarfs sowie landwirtschaftliches Materiaal wie Dünger, Saatgut etc. Die entsprechenden Waggonladungen werden einzeln oder zusammen mit Ladungen der benachbarten Anschlussstellen nach Mühlfeld transportiert. Um dies darzustellen, wird ebenso der "Halbschatten"-Bahnhof genutzt.
"Berkwitz"
Zum Nebenbahn-Endbahnhof wird nur Stückgut transportiert sowie leere Milchwagen, von Berkwitz nach Mühlfeld gelangen volle Milchwagen sowie die entladenen Stückgut-Wagen. Die Milchwagen werden für den Transport nach Enberg in Eilzüge eingestellt.
Bahnanschließer in "Mühlfeld"
Schotterwerk, Bewehrungsstahlwerk sowie Brauerei können mit entsprechenden Rangierfahrten bedient werden. Die Aufstellgleise des Bahnhofs erlauben die Zusammenstellung von neu zu bildenden Nahgüterzügen.
Planung der notwendigen Zugbewegungen
Als Unterlagen für die Zugfahrten in Anlehnung an das Vorbild stehen zur Verfügung:
- Ulrich Rockelmann, "die Frankenwald-Bahn. Geschichte der Steilrampe über den Frankenwald", EK-Verlag (darin: Fahrpläne)
- Jörn Pachl, "Systemtechnik des Schienenverkehrs", Vieweg+Teubner - eine SEHR gute Darstellung, worauf letztlich Fahrpläne basieren
- FBSprivat - rechnergestützte Fahrplan-Konstruktion (abgespeckte Profi-Software, nur Alt-Fahrzeuge in der Bibliothek) - http://www.fbsprivat.de/startseite.html
- Bildfahrplan-Vorlage (Ausschnitt siehe oben)
- TrainController, um all das in einen realisierbaren Ablauf hineinzubekommen
Wie der ein oder andere bereits festgestellt hat, machen mir Planungen einen ziemlichen Spaß, und so tobe ich mich auch gerne bei anderen Stummis aus, sofern die bei der Erstellung von Gleisplänen Unterstützung brauchen. Aber schließlich sollen auf den Gleisen auch Züge in vorbildgerechter Weise fahren, und genau an dem Punkt zündet Stufe 2 der Planung! Es könnte also sein, dass ich noch eine geraume Weile Spaß mit meiner Anlage habe - nicht nur solange, bis sie fertig gestalten ist
So, jetzt höre ich erst mal auf, es soll ja schließlich keiner einen Erstickungsanfall beim Lesen bekommen
Grüße, Randolf