RE: Glaskasten Ptl 2/2, Kittel, Rangieraufgaben und zweigleisige Hauptbahnen

#1 von KLVM , 25.09.2020 16:59

Hallo Forum,

ich frage mich gerade,
1) inwieweit der Glaskasten im Vorbild Rangieraufgaben übernommen hat. Er ist meines Wissens ja eine Kleinlok für bayerische Lokalbahnstrecken. Und diese sind ja so etwas wie das untere Limit für ein Bahnsystem auf 1435 mm. Er scheint mir relativ leicht zu sein und meistens wird die Lok von Märklin und Co. mit den kurzen Personenwagen verkauft, ohne Telex... Hat der Glaskasten im Vorbild auf den Nebenstrecken auch mal Wagen aus Anschlussgleisen abgeholt oder nahm man dafür kräftigere Loks?

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass diese Lok im Großraum München irgendwelche Schnellzuggarnituren zusammenrangiert hat. So ein einzelner bayerischer AB4ü wiegt ja schon fast das Doppelte von so einem Glaskasten.

Liege ich da richtig, wenn ich glaube, dass der Glaskasten zwar eine Kleinlok ist, aber vom Einsatzspektrum her mit den Lokalbahnwagen eher mit einem Kittel Dampftriebwagen zu vergleichen ist? Kann man sagen, dass die Schwaben letztlich den gleichen Ansatz konsequent zuende gedacht haben und der Kittel-Triebwagen eine Art Riesen-Glaskasten darstellt, dessen Kabine neben dem Triebfahzeugführer auch gleich die Passagiere mit aufnimmt? Wieso gab es überhaupt diese unterschiedlichen Ansätze in Süddeutschland, Lokzug vs. Triebwagen?

Und ich vermute, dass es grundfalsch wäre, den Glaskasten vom Einsatzspektrum als Vorläufer einer V60 zu denken, welche ja durchaus auch Güterwagentauglich ist...?

2)
Die bayerische Staatsbahn hat zu Beginn einige große Magistralen durch das Land gebaut, und Lokalbahnen waren die Zubringer in den ländlichen Regionen. Vermute ich richtig, dass die Glaskästen im Planbetrieb auch maximal bis zur Einmündung der Lokalbahn in die Hauptstrecke unterwegs waren? Und selbst wenn zwei Hauptbahnstationen weiter ein großer Hauptbahnhof wäre... Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, dass eine etwaige Durchbindung von der Lokalbahn über die Hauptbahn zum großen Bahnhof mit einem Glaskasten gefahren worde wäre...

D.h. ein Glaskasten mit Lokalbahnwagen hätte demnach auf einer zweigleisigen Strecke nichts verloren, höchstens nachts ohne Wagen bei einer Überführungsfahrt zu einem größeren Bw?

Liege ich mit diesen Vermutingen richtig?


Ich mag kein Streumaterial.


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RE: Glaskasten Ptl 2/2, Kittel, Rangieraufgaben und zweigleisige Hauptbahnen

#2 von Lindilindwurm , 29.09.2020 20:06

Ja, das ist im Prinzip zutreffend. Die allerersten Triebwagen und die ersten "Motorlokomotiven" in Bayern ML 2/2 waren im Prinzip gleichzeitig erfunden worden, um den Betrieb auf die eine oder andere Weise günstiger abzuwickeln.

Der Glaskasten war insofern sehr wirtschaftlich, als er die erste bayerische Lok mit Heißdampf-Ausstattung war und nur mit Lokführer, ohne Heizer gefahren wurde.

Fotos zeigen oft Nebenbahngarnituren aus mehreren Personen- und Güterwagen, die natürlich von den Glaskästen auch rangiert werden konnten, etwa am Zielbahnhof. Da findet man auch Fotos von einzeln fahrenden Loks.

Der Kittel entwickelte um die 80 PS, die PtL 2/2 etwa 210 PS - ist also schon ein etwas anderes Kaliber.

Ich habe dazu einen kurzen Auszug aus Lothar Spielhoff, Lokomotiven der bayerischen Eisenbahnen, Band 2, S.171 herausgesucht:


Lindi


turboseize hat sich bedankt!
 
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RE: Glaskasten Ptl 2/2, Kittel, Rangieraufgaben und zweigleisige Hauptbahnen

#3 von blub , 30.09.2020 21:24

Hallo,

um deine Fragen zu klären hier ein paar Infos zur Strecke Gundelfingen (an der Bayrischen Donaubahn) nach Sontheim (Württ. Brenzbahn). Die Strecke ist knapp 8 km lang und es wurden ausschließlich Ptl 2/2 eingesetzt.

Zu 1. da es auf der Strecke Güterverkehr gab, wenn auch nur alle paar Tage ein Wagen, musste der Glaskasten folglich auch Güterwagen zustellen. Zudem musste auch an den Anschlussstationen rangiert werden (beide ohne Rangierlok). Zusätzlich existiert ein Foto von einer Lok, mit Kohlewagen vor dem Lokschuppen zum auffüllen der Bansen, der Glaskasten wurde als auch für solche Verschubaufgaben eingesetzt.

Zu 2. Vor dem 1. WK gab es einen Zuglauf von Dillingen (Donaubahn) nach Sontheim, somit ein Abschnitt von 10 km auf der eingleisigen Hauptbahn. Zwischen den Kriegen gab es einen von Höchstädt (Donaubahn) nach Giengen (Brenzbahn). Hier waren 15 km auf der Donaubahn und 8 km auf der Brenzbahn zu bewältigen. Somit waren 75% der Strecke eingleisige Hauptstrecke. Ich denke also das ein Einsatz auf einer zweigleisigen Strecke durchaus realistisch ist.
Als Ergänzung dazu noch. Die Kittelwagen wurden auch auf der Brenzbahn um Heidenheim eingestzt, wurden also auch von Anfang an auch auf Hauptbahnen mit wenig Personenverkehr eingesetzt, die Bayern waren also nicht die einzigen.

Hoffe ich konnte weiterhelfen
Viele Grüße
Eric


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RE: Glaskasten Ptl 2/2, Kittel, Rangieraufgaben und zweigleisige Hauptbahnen

#4 von Fahrschalter , 02.10.2020 09:52

Hallo in die Runde,
der letzte Glaskasten der DB warbis in die 60er Jahre auf der Strecke Spalt-Georgensgemünd(Franken)eingestzt und wickelte auf dieser ca 5km langen Strecke den Gesamtverkehr ab,natürlich auch mit Güterwagen.Ab Mitte der 60er Jahre bis zur Stillegung der Bahn übernahm seine Aufgaben eine Köf III mit Triebwagenanhänger(wegen autarker Zugheizung)den verkehr.Im Roco Buch aus der Glaskastenzugpackung der 80er Jahre sind viele schöne Bilder und Beiträge zum Glaskasten zu finden.Viele grüße,ralf


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