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Der Fluch der Akribik, Teil 129
ABRÜSTUNGSBEMÜHUNGEN AN KRIEGSÜTERWAGEN
Der Bremen hat inzwischen ein Blechdach nach österreichischem Brauch erhalten:
Das Blechdach ist ein 3D-Decal, das mir Günter Schultschik, Railboys, erstellt hat. Railboys bietet nicht nur spezifisch österreichische Fertigmodelle an, sondern auch interessante Ausstattungsdetais und Kleinteile, die auch außerhalb der österreichischen Grenzen ihre Freunde finden. Weiters vertreibt die Firma das Sortiment von Modellbau Kröß, darunter Heinl-Vorwärmer und aktuell angekündigt Steifrahmentender für die BR 52 von Roco. Decals und 3D-Decals aller Art sind lieferbar, wenngleich sie auf der Website der Firma noch nicht angekündigt werden.
Der Bremen kommt zu den Wagen, die im Laufe des Sommers lackiert bzw. gealtert werden.
Nun geht es weiter mit einem Oppeln.
Wie die Bremen ist auch der Oppeln ein Kind des Krieges, und nicht wenige verblieben bei Kriegsende in der "Ostmark" . Oppeln gab es Mitte der 50er Jahre auch bei den ÖBB in allen erdenklichen Varianten:
- Mit Aufschrift „BB Österreich“ oder mit Aufschrift „ÖBB“,
- mit und ohne Bremserhaus,
- mit Signalhalter (schon sehr selten) und ohne Signalhalter,
- mit Rangiertritten und Rangiergriffen nur rechts, mit Rangiergriffen und –tritten rechts und links,
- ohne waagrechte Griffe auf den Stirnseiten, mit nur je einem waagrechten Griff auf den Stirnseiten oder mit je zwei waagrechten Griffen (1955 schon sehr selten),
- mit je einem mittig angebrachten senkrechten Türgriff unten oder mit zwei,
- mit einem senkrechten Türgriff links oben oder mit einem waagrechten Türgriff links oben,
- mit neuem oder mit verrußtem Blechdach…
Varianten genug, um auch dieser Gattung im Modell lauter Unikate zu widmen.
Die Vorgangsweise des Originalkupplungsfahrers ist beim Brawa-Oppeln nicht unbedingt Routine, denn die Modell-Kupplungen lassen sich nicht, wie beim Brawa-G10, durch Abnehmen des Aufbaus vom Fahrgestell herausnehmen:
Sie sind beim Oppeln nicht über, sondern unter dem Wagenboden und über den bei meinem Exemplar fest eingeklebten Bremsdreiecken eingebaut:
Wie die Kupplungen herausfädeln, ohne die Bremsdreiecke zu beschädigen? Ich finde keinen anderen Weg, ich nehme den Aufbau ab, nehme die Räder heraus, lege das Fahrgestell auf eine Unterlage, zerstückle die Kupplung mit einem kleinen Seitenschneider und meinem messerscharf zugeschliffenen Mikro-Schraubendreher und entsorge sie in kleinen Stücken. Beim Herausnehmen und beim späteren Einsetzen der Räder ist etwas Vorsicht geboten – die filigranen Achshalterstege unterhalb der Achslager brechen leicht ab.
Die Modellkupplungen sind nun entfernt. Ich entferne auch die Puffer und bohre die Öffnungen für die Federpuffer auf. Es braucht nicht unbedingt nicht-durchstoßende Puffer – auch die „normalen“ Weinert-Puffer verschwinden hinter den Längsträgern und federn vollständig ein.
Dann mit einem 1,2mm-Bohrer die Öffnungen für die Originalkupplungen etwas aufweiten, Originalkupplungen zusammenbauen, einsetzen, Feder einführen, 0,4mm Messingdraht einstecken, ablängen, ein Tropfen Superkleber, fertig. - Bis hierher ist das in einem Abend erledigt.
Das Brawa-Modell des Oppeln dient mir als Referenz-Modell. Es ist bereits überreichlich mit Zurüstteilen ausgestaltet. Während Modelle anderer Hersteller und auch ältere Brawa-Modelle erst einmal an das aktuelle Brawa-Niveau anzupassen sind, muss ich diesen Wagentyp nicht ,wie gewohnt, zu-, sondern abrüsten, um meine gewünschte Version zu erhalten.
Ich entscheide mich, die Griffe meines Modells entsprechend den Gepflogenheiten im Nachkriegs-Österreich teilweise zu entfernen, nicht aber die Position der verbleibenden Griffe zu verändern. Bei meiner Ausführung entferne ich alle Signalhalter, die waagrechten Handgriffe oben an den Stirnseiten und die dazugehörigen Tritte, die Linken Rangierertritte und –griffe. Ich belasse nur die Griffe und Tritte auf der rechten Seite. Die erwähnten Zurüstteile sind bei meinem Exemplar teilweise eingeklebt. Man bekommt sie nicht beschädigungsfrei heraus, als Ersatzteile sind sie verloren. Ich schneide sie sorgfältig ab, womit aber wenigstens die Löcher auch gleich verschlossen sind. Löcher unbeschädigt entfernter Zurüstteile verschließe ich wieder mit kleinen spitzen Polystyrol-Dreiecken, deren überstehende Teile ich nach dem Aushärten des Klebers plan abschneide.
Am Wagenboden ist recht wenig zu tun – Bremsanlage, Bremsdreiecke, sogar Lösezüge: alles da. Die Lösezüge wirken etwas dicklich – aber sie sind in Wahrheit kaum klobiger als die ebenfalls nicht wirklich genau maßstäblichen Ätzteile verschiedener Kleinserienhersteller.
Lediglich die Rangierertritte tausche ich gegen robustere aus Messing aus, und ich bringe auch bei diesem Modell Bremsauffanglaschen an, die man – wie beim Bremen – auf Grund ihrer Position an den Wagenenden recht gut sehen kann.
Nun fehlt nur noch das Blechdach, und dann ist wieder ein Wagen fertig zum Ergänzen der Lackierung und zum Altern.
Naja, und die Bretterfugen sind natürlich auch noch ein wenig nachzuritzen, wie das Foto oben nachträglich bei genauerer Betrachtung unerbittlich zeigt.
Mit den besten Grüßen vom nun schon recht sommerlichen Wörthersee
Euer Karl