
Den Anfang macht der KSVP - der kleine Schienenbus von PRIMEX; ein Kürzel, das einen wie schon die "KLVM" (Na, wer kriegt's raus?) ob seiner Orginalität in die Schnappatmung zu treiben vermag. Leider musste der Triebwagen unbedingt auf das Fahrgestell der 3079 passen. Denn wäre er nur ein Fenster länger gewesen hätte man einen wunderschönen Tin-plate-VT70.9 bekommen. Und eine rote-beige "DRG-Edition" als VT 135 wäre auch noch "drin gewesen". Den VB hätte man ja vielleicht auf das Fahrgestell des 4629 setzen können. Aber für den VT hätte es eines neu entwickelten Fahrgestells bedurft, und das wäre wohl zu kostspielig geworden. Trotzdem: Einem Retro-VT70.9, womöglich noch in einem im Stile Rudolf Hannigs gestalteten Karton, würde ich auch heute gute Marktchancen einräumen.
Als 1985 die PRIMEX-3192 erschien soll gerüchtehalber aus den Mündern am PRIMEX-Stand auf der Nürnberger Spielwarenmesse vorbeiflanierender Messegäste gelegentlich anerkennendes Pfeifen zwischen den Zähnen zu hören gewesen sein: Hallo? Eine Lokneuheit bei PRIMEX; eine nur hier und nicht im Märklin-Katalog vorkommende Gehäuse-Neukonstruktion? Soviel Eigenständigkeit hatte man den "Primanern" gar nicht zugetraut. Und obgleich die Kombination Schwedenfahrgestell plus Kunststoffhaube gleich Bayern-E-Lok etwas mutig erschien, war sie doch gelungen: Nicht umsonst wurde die 132 immerhin 14 Jahre lang produziert und fand sogar noch als 3179 bzw. 3187 Eingang ins Märklin-Sortiment. Dabei warf sie Kraft ihrer Genese natürlich gleich die Frage auf: What's next? Welches Lokvorbild ließe sich denn als nächstes auf Märklin-Fahrgestell, kombiniert mit einem neuen Primex-Gehäuse und verbunden mit einer Prise großzügiger Interpretationsgabe, als nächstes realisieren?
Nun, die E44 alias "Der rollende Schienenschleifzug" 3011 hatte im Hause Märklin bereits 1954 Eingang ins Programm gefunden. 1974 erschien sie bei PRIMEX, wo sie im Zugset 2702 bis 1989 - drei Jahre vor PRIMEX' Ende - im Programm blieb, womit sie auf einen Produktionszeitraum von 35 Jahren kam. Nun, vielleicht hätte der unkaputtbaren Technologie ein leichtes Facelifting zu einem noch längeren Dasein verhelfen können. Mit ein bisschen gutem Willen hätte das 3192-Gehäuse doch als gute Grundlage für ein Gehäuse getaugt, das aus der altbewährten E44 eine E44.5 gemacht hätte - oder etwa nicht?

Ja, aber..? Die Blenden rund um die beiden äußeren Führerstandsfenster?? Und der markante, mit Aussparungen versehene Brückenrahmen??? Kommt schon, Leute! Es ist PRIMEX!!!
Wer in Sachen Vorbildgerechtigkeit als Hersteller soviel Nonchalance besitzt ein paar Quadratzentimeter Blech so zu bedrucken, dass sie in passend zurechtgebogener Form auf dem Fahrgestell eines 515 einen im Original meterspurigen Triebwagen der Zugspitzbahn als HO-Modell wiedergeben sollen, dem hätte ich auch so etwas zugetraut: Bitteschön - eine DE 2500 in Blech; aufgebaut auf dem (natürlich grottenfalschen) Fahrgestell der NOHAB-Familie 3066/ 67/ 68:

Unkaputtbar, mit gewissermaßen unbegrenzter Haptilität und von daher auch für kleine Brüder als Argumentationsverstärker bei Konflikten mit größeren Schwestern o.Ä. brauchbar. Robust wie ein Schiffsdiesel, und für gerade mal 50Märker zu haben. Wir denken uns noch eine Güterzug-Startpackung mit dem "Blauen Bock" und eine Schnellzug-Startpackung mit dem "Roten Ochsen" (Ja! Zwei Achsen zuviel! Ich weiß! Und???) dazu - und fertig ist Sohnemanns bunte Modellbahnwelt des Jahres na, sagen wir mal, 1974! Über eine spätere gelbe Sonderedition als 1600P der Nederlandse Spoorwegen mit Einholmstromabnehmer möge gnädig der Modellbahn-Gott richten - aber sagt, was ihr wollt: Mir gefällt sie! Und mag eine Blech-DE auch ein Anachronismus sein, so würde ich ihr doch den Vorzug vor der unglücklichen Heris geben...
Nach der "Zugspitzbahn", die bis dahin unauffällig vor sich hinhobbyierende Modellbahner dazu brachte unter dem Stichwort "artgerechte Haltung" ohne Vorankündigung Anlagen mit M-Gleis-Rampen bis 20% Steigung und mehr zu bauen folgte 1987 der nächste Streich: Der Berliner S-Bahn-Zug der Reihe 275, Katalognummer 3017. Abermals musste das Fahrgestell des seligen 515 alias 3076 herhalten, um in Symbiose mit einem neu konstruierten lithographierten Blechaufbau gleich Phoenix aus der Asche in die Göppinger Produktion zurückzukehren. Nun, da einem der Vorbildzüge in Form des ET 182 21 ein zweites Leben auf der Isartalbahn unter westdeutschem Fahrdraht zuteil geworden war wundert es eigentlich, dass man angesichts der bei PRIMEX herrschenden gewissen moralischen Lässigkeit in Sachen Vorbildtreue nicht auch die Gelegenheit beim Schopfe packte und eine rote bestromabnehmerte 3017-Version als ET 182 herausbrachte:

Ja gut, die Puffer fehlen. Und da es auf der Isartalbahn eben nur von Bichl nach München-Süd und zurück ging und sonst nirgendwohin, kam man auch ohne die Berliner Zugzielanzeiger ganz gut zurecht. Und die Stromabnehmer... jo mei, ich hab' mich ganz bewusst gegen 7218er entschieden. Die sind mir auf dem Blechzug irgendwie viel zu modern vorgekommen - auch, wenn er LED's trägt... Ich find' ihn schnuffig!
Was bleibt? Eine Marke, die nur noch durch sporadische "Neuheiten", die lediglich der Sicherung der Markenrechte dienen, in Erscheinung tritt. Schade! Denn für mich wird die Welt der Modellbahnerei immer mehr eine Zweiklassengesellschaft teuer gegen günstig, Detailliertheit kontra Betriebstauglichkeit, digital kontra analog. Ich für meinen Teil finde mich mit meinen Wünschen z.B. nicht im aktuellen Angebot des Hauses Märklin wieder. Wenn aber die Gruppen der Modellbahner soweit auseinanderdivergieren, dass sie mit einer Palette nicht mehr zu bedienen sind - dann macht doch zwei! Einmal das "normale" Märklin-Programm mit Analogschnickschnack, Digitalgedöns, Kurzkupplungstammtamm und Detaillierung bis zum Abwinken, dann aber auch bitte hochpreisig.
Und lasst auf der anderen Seite PRIMEX wiederauferstehen. Modelle im Stile der 3000er-Serie, gerne auch nach bislang noch nicht in der 3000er-Serie produzierten Vorbildern, robust, unkaputtbar, betriebssicher, kinderfest - und bezahlbar. A Traum.
Ja, ein Traum, wiegesagt. Aber vielleicht konnte ich ja den ein oder anderen von Euch mit meinen Bildern ein bisschen zum "Mitträumen" bringen.
In diesem Sinne - hoffe, es hat (mal wieder) gefallen!
Grüße!
Christian