Um das richtig zu verstehen muß man etwas weiter ausholen.
Man muß zwischen dem Dekoder als solchen und dem darauf arbeitenden Chip, beim 60901 der 701.21B, unterscheiden.
Die am Dekoder herausgeführten Ausgänge, also an den Lötpads für die Anschlußkabel, sind "verstärkt" in dem Sinne, als sie einige zig bis hundert mA Strom liefern können. Diese Ausgänge schalten "gegen Plus", was bedeutet, daß der Verbraucher mit dem "anderen" Anschluß an der positiven Dekoderspannung (oranges Kabel, Dekoder-Plus) oder Lokchassis (Schienenmasse = braunes Kabel) liegen muß. Der Dekoder schaltet beim Aktivieren des jeweiligen Dekoder-Ausgangs Dekoder-Masse (GND = ground) an den Ausgang, ist also low- bzw. GND-aktiv; dies (Dekoder-Masse, GND) ist das gleiche Spannungsniveau wie das violette Kabel hat.
Hierbei muß man technisch (beim 60901) zwischen den Lichtausgängen (F, heute wohl als F0 bezeichnet) und den (Extra)Funktionsausgängen (EF1 bis EF4, heute wohl als F1 bis F4 bezeichnet) unterscheiden.
Die Lichtausgänge werden im Chip 701.22B "verstärkt", d.h. dies ist bereits im Chip ein Leistungsausgang, der direkt auf die Lötpads für das gelbe und graue Kabel geführt wird. Chip-intern sitzt und werkelt da eine Art kleiner Leistungstransistor, sei es bipolar (ggfs. Darlington) oder (MOS)FET - das kann nur Märklin beantworten. Dieser Transistor ist offensichtlich vom Typ OC (open collector - mehr dazu weiter unten), denn er schaltet bei aktivierter Funktion Masse an den Ausgang, an den der Verbraucher - das Licht - angeschlossen ist, das wiederum an Plus geschaltet ist. Das gleiche gilt übrigens auch für die Motorausgänge, nur sitzt dort im Chip kein einfacher Einzeltransistor, der simpel Masse schaltet, sondern eine sog. H-Brücke, also vier Transistoren, die jeweils entgegengesetzt an die beiden Ausgänge im Takt der PWM Dekoder-Masse und -Plus schalten.
Die (Extra)Funktionsausgänge sind dagegen in diesem Sinne "unverstärkt" - dort sitzt zwar auch ein Transistor, der aber nur wenige (zig) mA liefern kann und vom Typ OC, d.h. "offener Kollektor" ist. Der schaltet zwar auch GND, also Dekoder-Masse, aber nicht low-aktiv sondern umgekehrt low-passiv. D.h. wenn die Funktion nicht aktiviert ist, so ist der Transistor durchgeschaltet und legt Masse/GND an den Ausgang. Das nennt man aber nicht low-passiv sondern high-aktiv, auch wenn dieser (OC-)Ausgang allein keine positive Spannung ausgibt - denn der Transistor ist vom Typ OC (open collector). Dies bedeutet, daß der Kollektor-Anschluß des Transistors, der als NPN üblicherweise über einen Lastwiderstand bzw. den Verbraucher zur positiven Versorgungsspannung führt, chip-intern nirgends angeschlossen ist sondern unmittelbar an den Ausgang herausgeführt wird. Das hat bei den Märklin-Chips eine lange Tradition und steht im Gegensatz zu z.B. den Microcontrollen wie PIC, Atmel usw., deren Port-Ausgänge im aktivierten Zustand üblicherweise tatsächlich nahezu die Versorgungsspannung ausgeben (wenn auch nur mit ein paar (zig) mA belastbar). Schon die ersten Chips auf M.-Dekodern hatten Ausgänge vom Typ OC, das ging das weiter über den 701.13, 701.17 usw. . Normalerweise ist der Witz von OC-Ausgängen, daß man damit Verbraucher an einer höheren Betriebsspannung schalten und betreiben kann (sofern deren Stromaufnahme die Belastbarkeit des OC-Transistors nicht übersteigt). Bei den EF-Ausgängen des Dekoders ist der Grund vermutlich, daß es billiger, einfacher war, nur "einfache" OC-Ausgänge einzubauen, die ihrerseits externe kleine Leistungstransistoren ansteuern (müssen).
Wie auch immer, diese high-aktiven EF-Ausgängen schalten also GND, wenn sie deaktiviert sind, und sind offen, also ohne Spannung, ohne Potential, wenn sie aktiviert sind (dann ist der jeweilige interne Transistor ausgeschaltet, er sperrt). Wenn man sich einmal den Schaltplan der Dekoder anschaut sieht man sofort, wie es nun weitergeht: Die Basis des jeweils an den Ausgang geschalteten Leistungstransistors liegt über einen Basiswiderstand 47k an Dekoder-Plus. Zugleich liegt die Basis an dem betreffenden Chip-Ausgang. Ist die Funktion ausgeschaltet, so schaltet der interne Transistor durch, legt also Dekoder-Masse/-GND an den Chip-Ausgang. Damit wird die Basis des damit verbundenen Leistungstransistors auf Masse gelegt, so daß der Transistor sperrt. Als Folge ist der entsprechenden EF-DEKODER-Ausgang offen, es erscheint kein GND an diesem Ausgang, und damit ist die betreffende Funktion ausgeschaltet. Wird nun diese EF aktiviert, so sperrt der high-aktive interne Transistor. Damit wird der Chip-Ausgang offen, also hochohmig, und die Basis des zugeordneten externen Leistungstransistor liegt nicht mehr an Dekoder-Masse/-GND. Stattdessen liegt sie über den zugeordneten Basiswiderstand an Dekoder-Plus und damit schaltet dieser Leistungstransistor durch. Also Folge erscheint an dem entsprechenden Dekoderausgang (der, das bleibt noch nachzutragen, mit dem Emitter dieses Leitungstransistors verbunden ist) Dekoder-Masse/-GND und der an diesen Ausgang angeschlossene (und auf der anderen Seite an Dekoder-Plus bzw. Lok-Chassis/Schienenmasse liegende) Verbraucher ist aktiviert. Das macht Märklin schon seit den 90er Jahren so.
Das mag für den elektronisch nicht weiter Kundigen kompliziert klingen, ist aber ausgesprochen simple Elektronik.
Sodele.
Einen speziellen bzw. zwingenden Grund, weswegen nicht nur Dekoder-Plus sondern auch Dekoder-Masse über Kabel herausgeführt ist, gibt es nicht. Wirklich benötigt wird nur Dekoder-Plus, da alle Funktionsausgänge GND gegen Dekoder-Plus schalten. Aber wenn man irgendwelche Zusatzelektronik anschalten will, irgendwelche Schaltungen, Eigenbau oder was auch immer, und will diese aus der Dekoderspannungsversorgung betreiben, und aktiviert dieses nicht insgesamt durch eine Funktion (Anschalten von GND), dann benötigt man neben Plus auch Masse/GND. Oder ein Verbraucher saugt mehr, als ein Funktionsausgang liefern kann - vielleicht ein besonders kräftiger Rauchgenerator oder eine besonders helle Leistungs-LED oder was auch immer. Dann muß man eine Verstärkerschaltung basteln und anschließen. Wie diese konkret aussehen muß spielt hier keine Rolle. Maßgeblich ist allein, daß hierfür auch Dekoder-Masse erforderlich ist: Entweder schaltet diese Verstärkerschaltung Dekoder-Plus - dann muß der Verbraucher an Dekoder-Masse/-GND angeschlossen werden. Oder man treibt mehr Aufwand und schaltet im Egebnis auch damit GND an - dann braucht man eben Dekoder-Masse-/-GND für diese Verstärkerschaltung. So oder so ....