RE: H0-Bahnsteigkanten im Eigenbau als "Meterware"

#1 von floete100 , 06.02.2021 15:53

Schönen Samstag zusammen,

das Thema Bahnsteigkanten hat mich lange beschäfigt. Es gibt da sehr schöne zu kaufen. Allerdings nicht in jeder beliebigen Höhe. Und wenn man einige Meter davon braucht, geht das auch ganz gut ins Geld.

Bei der ersten Anlage in Jugendtagen (in denen ich fast kein Geld zur Verfügung hatte) habe ich einzelne "Steine" aus Pappe gefertigt. Jeweils ein rechteckiges Stück Pappe 1/3 zu 2/3 geknickt, und dann jedes Stück so aufgeklebt, dass der größere Teil senkrecht und der kleinere Teil waagerecht lag. Das war eine Höllen-Arbeit - aber ich hatte nur kurze Bahnsteige. Ganz im Unterschied zu meinem heutigen Kopfbahnhof .

Vor kurzem hatte ich eine Idee für eine Art "Fließbandfertigung". Inzwischen habe ich 4 - 5 Meter der Kanten fertig und würde das Verfahren als serienreif bezeichnen.

Dies ist die Bahnsteigkante, an der ich mich orientiert habe:


Der grobe Aufbau ist: Unten eine breite Fläche, darüber ein schmalerer Rücksprung, und oben eine noch schmalere, wieder vorspringende Fläche.

Die Kante besteht aus einzelnen Steinen - hier die Ansicht von oben:


Genau maßstäblich hätten die einzelnen Steine 12 mm lang sein müssen. Ich habe für mich folgende Maße festgelegt:

  • Gesamthöhe der Kante: 18 mm
  • Gesamtbreite der Kante: 5 mm
  • Länge der Steine: 15 mm
  • Höhe der unteren Fläche: 12 mm
  • Höhe des Rücksprungs: 4 mm
  • Dicke der oberen Kante: 2 mm


Ausgangsmaterial ist diese Trittschalldämmung. Sie ist 2,2 mm dick - aber die zusätzlichen 2 Zehntel stören nicht weiter. Für ganz Genaue: Die fertigen Kanten messen 18,2 x 5,2 mm ... Das aufgedruckte Raster von 10 x 10 mm ist ganz nützlich, hat aber auch einen Nachteil: Es ist leicht eingedrückt - man sollte es auf die Unterseite nehmen, da es sonst auch nach dem Anstreichen noch sichtbar ist.



Aus dieser Dämmung habe ich zunächst mal 12 mm breite Streifen geschnitten - jeweils einmal quer durch eine Bahn. Das aufgedruckte Raster ist dabei hilfreich. Achtung - an beiden Enden ist jeder dieser Streifen dünner. Diese dünneren Enden sollte man abschneiden - es sieht hinterher doof aus, wenn vor allem der deutlich sichtbare obere Abschluss in der Dicke variiert.


Die hinteren beiden Streifen sind schon in "Einzelsteine" verwandelt. Das geht so:

Ich habe mir aus einem Stückchen Leiste und mehreren Sperrholzstückchen eine Vorrichtung gebaut. Die "Rinne" ist so breit, dass ich die 12 mm-Streifen gut von links nach rechts durchschieben kann. Die "Fuge" zwischen den einzelnen Steinen entsteht mit einem Heißdrahtschneider, der in V-Kerben gesetzt wird. Der Abstand zwischen diesen Kerben und der mit dem roten Pfeil markierten Kante beträgt exakt 15 mm. Da ich die "Fugen" nur an-, aber nicht durchschneiden will, habe ich von unten am tiefsten Punkt der beiden V-Kerben je eine M2-Schraube eingesetzt (grüner Pfeil). Die Enden dieser Schrauben sorgen dafür, dass der Heißdraht nicht tiefer gelangen kann.

Das Bild zeigt die Ausgangssituation: Ich schiebe den Streifen so weit, dass er genau vor der Maßkante endet. Eine kurze Kippbewegung des Heißdrahts aus dem Handgelenk: Runter/hoch - der Draht ruht dabei ständig in der hinteren Kerbe und wird nur vorn angehoben. Nun schiebe ich den Streifen weiter, bis die gerade gefertigte erste Fuge unter der Maßkante liegt. Zweite Fuge schmelzen, weiterschieben, dritte Fuge schmelzen ... Das geht ruck-zuck: Die Bahnen der Schalldämmung sind 25 cm lang, nutzbare Länge nach Abschneiden der dünnen Enden also etwa 24 cm. Für einen Streifen brauche ich weniger als eine Minute.

Nun kommt die eigentliche tragende Kante. Sie besteht aus einer Holzleiste 16 x 3 mm, 95 cm lang:


Auf diese Leiste werden die fertig gefugten Streifen mit Ponal aufgeklebt - bündig mit einer Kante:


Darüber bleibt das Holz sichtbar - der "Rücksprung". Die Fugen in diesem Bereich habe ich zunächst durch Ritzen zu erzeugen versucht. Das war mühsam, und funktioniert hat's auch nicht: Die Ritze wurden beim Anstreichen von der Farbe wieder zugeschmiert. Daher bin ich auf folgende Idee verfallen: Ich beklebe die komplette Holzleiste mit den gefugten Streifen. Dann schneide ich auf der kleinen Proxxon-Kreissäge mit dem auf 90° eingestellten Winkelanschlag die Leiste ein - genau da, wo die Fugen in den Dämmungsstreifen sitzen, und nur bis zum Streifen. Das sieht dann so aus:


Damit ist der erste "Meter" fertig:


... jedenfalls fast. Es fehlt noch die obere Platte.

Dafür schneide ich 5 mm breite Streifen aus der Dämmung. Dünne Enden abschneiden nicht vergessen. Nun könnte ich wieder Heißdraht-Fugen "brennen". Das geht aber nicht gut: Das Fugen der breiten Streifen und erst recht das Sägen der Schlitze in die Leiste sind keine auf Zehntelmillimeter genauen Arbeiten - und wenn die Fugen womöglich in breitem Streifen, Holz und schmalem Streifen versetzt sitzen, sieht das aus wie gewollt und nicht gekonnt.

Daher werden die 5 mm-Streifen zunächst ohne Fugen auf die obere Schmalseite der Leiste geleimt:


Erst nach dem Trocknen des Leims werden die Fugen in die Oberkante gebrannt. Dazu orientiere ich mich an den Sägeschnitten in der Leiste. Diese wird "in Einbaulage" gehalten, und der Heißdraht wird jeweils von oben nach unten geführt. Dabei ist darauf zu achten, dass der Draht senkrecht zur Leiste geführt wird, sonst hat man hinterher "schiefe" Steine. Wenn das mal passiert, ist das auch kein großes Malheur - die schiefen Steine werden entfent und durch ordentliche rechtwinklige ersetzt.


So sieht die Kante dann aus:


Es folgt der Anstrich. Zuerst habe ich Plakafarbe versucht - die hatte ich in hellgrau da. Sch...lechte Idee: Nach dem Trocknen blättert die Farbe von dem Dämm-Material wieder ab . Also doch selbst mischen - normale Wand- bzw. Abtönfarbe geht wunderbar.


In der Vergrößerung sehr schön zu erkennen ist die Struktur, die der Dämmstoff schon mitbringt:


In meinem Anlagenthread ist zu sehen, wie diese Kanten dann eingebaut wirken.

Ein wenig "Pfusch" habe ich mir dabei allerdings gegönnt: Die kompletten Kanten, wie hier geschildert, gibt's nur vorn, also im Sichtbereich. Von den jeweils hinteren Kanten der Bahnsteige sieht man nur die waagerechte obere Fläche - also habe ich auch nur die nachgebildet. Dafür werden dann auch die 5 mm-Streifen mit der Vorrichtung und dem Heißdraht mit Fugen versehen, grau gefärbt und direkt auf die Hinterkante des Bahnsteigs aufgeklebt. Die Hinterkante besteht dabei z. T. aus denselben Leisten 16 x 3 (allerdings unbearbeitet - zu sehen hinten auf dem 2. und 3. Foto im Anlagenthread). Oder ich habe direkt den Styrodurbahnsteig passend zugeschnitten und die Kante dann direkt dort aufgeklebt.

Gruß,
Rainer


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RE: H0-Bahnsteigkanten im Eigenbau als "Meterware"

#2 von oliwel , 06.02.2021 18:00

Hallo Rainer,

was für eine Arbeit - als Alternative zum Heißdraht geht es durchaus mit Ritzen oder Eindrücken, ich kann nur mal wieder die Videos von Martin T empfehlen, wie z.B. https://www.youtube.com/watch?v=VD-EJ60ChTY) in anderen Videos werden auch diverse andere Werkzeuge vorgestellt, ich habe meine Bahnsteigkanten auf XPS Basis mit einer Malerspachtel bearbeitet, danach Acrylfarbe und zum Schluß "blackwash" mit einem Schwamm - dabei bleibt vor allem in den Kanten die Farbe hängen und macht diese gut sichtbar.



Basismaterial für die Kanten waren in dem Fall ca 3mm dicken Streifen einer XPS Dämmplatte, ich habe an andere Stelle aber auch schon eine 5mm Trittschalldämmung verwendet.

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RE: H0-Bahnsteigkanten im Eigenbau als "Meterware"

#3 von floete100 , 06.02.2021 20:37

Zitat

- als Alternative zum Heißdraht geht es durchaus mit Ritzen oder Eindrücken ...


Nicht wirklich, Oli. Beides probiert. Drücken funktioniert nicht gut, weil das Zeug sehr elastisch ist. Ritzen ging gar nicht - die Ritze waren viel zu schmal und wurden beim Anmalen zugeschmiert.

Außerdem hätte beides den Nachteil, dass Messen und Anzeichnen nötig wäre.

Gruß
Rainer


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RE: H0-Bahnsteigkanten im Eigenbau als "Meterware"

#4 von oliwel , 06.02.2021 23:11

Dann hast du wohl anderes Material...ich muß zugeben das deine Variante nicht so hässliche Rundungen an der oberen Kante verursacht, die man auf dem Bild ja auch gut sieht aber mit den senkrechten Fugen hatte ich absolut kein Problem. Abmessen ist auch kein Problem, ich habe einfach ein langes Stahllineal daneben gelegt und 1cm Steine geprägt, war für meine Ansprüche ausreichend

Oli


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