#7 von
Bobbel
, 30.06.2019 12:37
Hallo zusammen...
... vieles für die Grenzlast einer Lokomotive, hier die Baureihen 50 und 44, wurde bereits
geschrieben. Es gibt aber noch zahlreiche andere Gründe für die Lokomtivauswahl.
Das Streckenprofil, die Streckenbeschaffenheit, die Durchlässigkeit (Fahrplan), die Strek-
kenhöchstgeschwindigkeit und die Grenzlast / Leistungsfähigkeit der Dampfloks spielen
eine gewichtige Rolle.
Am Beispiel der Strecke von Horb am Neckar nach Tuttlingen / Hattingen (Obere Neckarbahn)
in der Nachkriegszeit bis zum Ende des Dampfbetriebs in den Jahren 1975/76 möchte ich
diese Gründe aufzeigen.
Zum Einsatz kamen hier im Güterzugsdienst Dampfloks der Baureihen 44 und 50, stationiert
in den Betriebswerken Rottweil, Tübingen und Freudenstadt. Selten kamen Loks anderer Bws
(Ulm, Radolfzell) auf die Obere Neckarbahn.
Diese Bahnstrecke wurde in den 1930er Jahren bis Anfang der 1940er Jahre gemäß einem
Vertrag (192 über den Ausbau der Bahnstrecke abschnittsweise zweigleisig ausgebaut.
Im Jahre 1934 wurde ab Tuttlingen der eingleisige Neubauabschnitt via Einödsbachviadukt
(Donauversickerung) nach Hattingen (Baden) in Betrieb genommen. Dieser Abschneider er-
sparte das aufwendige und zeitraubende Umsetzen der Züge von und in Richtung Stuttgart
im Bahnhof Immendingen (Baden).
Ab 1941/42 war der durchgehende zweigleisige Betrieb zwischen Stuttgart, dem westlichen
Bodenseeraum, der Schweiz und Norditalien möglich.
Im Jahre 1946, nach dem Weltkrieg II, wurde das zweite (neue) Gleis von der franzöischen
Besatzungsmacht als Reparationleistung besprucht und abgebaut.
Seither ist die Strecke zwischen Horb a.N. und Tuttlingen wieder eingleisig. Dennoch mußten
ab 1948 die gesamten Transportleistungen zwischen dem Großraum Stuttgart, dem westlichen
Bodenseeraum und der Schweiz über diese Bahn erbracht werden.
Die Strecke von Horb a.N. nach Hattingen folgt in erster Linie dem Neckartal bis Rottweil.
Ab Rottweil folgt die Bahn dem Primtal. Die Bahn ist insgesamt sehr kuvenreich und bis
Hattingen (Baden) stetig ansteigend, Steigung bis 15‰. Es gibt nur sehr, sehr wenige flache
oder gar Gefälleabschnitte.
Nun zurück zum Thema...
Um die Streckendurchlässigkeit zu erhöhen wurden zwar verschiedene Kreuzungs- und Über-
holmöglichkeiten, auch auf freier Strecke, errichtet. Doch um diese noch weiter zu steigern
wurden schwere Güterzugdampflokomotiven der Baureihen 44 (und 50) in Rottweil stationiert
und eingesetzt.
Mit diesen Loks war es weiterhin möglich Güterzüge* relativ schnell durch den Streckeneng-
paß zu befördern. Die hohe Beschleunigung der 44/044 spielte hierbei eine entscheidende
Rolle.
Damit die Durchlässigkeit erhalten blieb, wurden die Grenzlasten der beiden Baureihen
44 und 50 nach unten korrigiert. Nur so waren kürzere Beschleunigungszeiten möglich, um
einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. Deshalb waren die Güterzüge auf der heute
Gäubahn genannten Strecke "relativ kurz".
Die Grenzlast der einzelnen Loktypen wurde im Hinblick auf die Streckendurchlässigkeit
und den Nutzgleislängen der Kreuzungsgleise gesenkt bzw. angepaßt.
Noch eine betriebliche Besonderheit ab Mitte der 1960er Jahre:
Die Loks der Baureihe 44/044 fuhren von Horb a.N. bis Böblingen rückwärts. Grund dafür
war die fehlende Wendemöglichkeit in Böblingen, wo die Güterzüge Richtung Bodensee,
Schweiz und Norditalien übernommen wurden.
Die Böblinger Drehscheibe war zu klein. Auf ihr konnten nur P8 mit Kastentender gedreht
werden.
Zuvor wurden die Züge in Kornwestheim Rbf. übernommen. Später, nach Elektrifizierung
der Strecke Renningen - Böblingen, in Böblingen.
Die Strecke wurde später elektrifiziert und modernisiert, ein zweigleisiger Ausbau ist
allerdings durch ein "Gutachten" der damaligen CDU-Landesregierung aus dem Jahre 2006
in weite Ferne gerückt. Somit konnte diese Bahnstrecke ihre ursprüngliche Bedeutung als
Fernverbindung und Güterzugstrecke zwischen Norditalien via Zürich - Stuttgart - Berlin
bis heute nicht mehr erreichen.
Leider...!
Grüßle aus HONAU.
Klaus
Streckenprofil:
Horb a.N. 391 m.ü.M.
43,1 km = 166 Höhenmeter
Rottweil 557 m.ü.M.
16,5 km = 132 Höhenmeter
Balgheim 689 m.ü.M.
11,3 km = 40 Höhenmeter (Gefälle)
Tuttlingen 649 m.ü.M.
8,2 km = 47 Höhenmeter
Hattingen 696 m.ü.M.
* im Personenzugdienst waren hier meist Loks der Baureihen 38.10-40 und 39.0-2, später
Dieselloks der Baureihen V200 + V200.1 eingesetzt.
Spur H0, System Märklin, ECoS 4.2.12, ECoS-Boost, C-Gleis, BraWa-, GFN-, Liliput-, Märklin-, PIKO-, Roco-Loks + Wagen. GFN Profi-Kupplung. Epoche IIIb/IVa. Seit Jahren auf "schlanke" C-Gleis-DKW, EKW, asymmetr. DWW, Gleisstücke 7,5° zu R3-R9, sowie fiktive R8 + R10 wartend...!