RE: Kann mir jemand den Überhöhungsfehlbetrag erklären?

#1 von Remo Suriani , 18.10.2014 23:47

Hallo zusammen,

meine Frage steht ja schon oben, aber damit Ihr wisst, welchen Hintergrund ich habe und die, die es auch nicht wissen, zumindest erahnen worum es geht nochmal etwas genauer:

Ich baue ein Stück Stadtbahnstrecke mit einem Radius von umgerechnet 1000m. Nun ist die Frage, welche Überhöhung dazu passt. Da sie in NRW liegt, müsste die Formel eigentlich 11,8 * v(zum Quadrat):r(in m) lauten (Quelle: Planungs- und Entwurfsgrundlagen für Stadtbahnen im Lande Nordrhein-Westfalen https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text...ehoben=N&menu=1 )

Da kommt dann bei einer unterstellten Geschwindigkeit von 80km/h -nach Quelle die Entwurfsgeschwindigkeit bei Stadtbahnen - eine Überhöhung von ca 75mm raus.

Und nun habe ich mir rein aus Neugierde die Frage gestellt, wie schnell eigentlich ein Zug nach EBO (also ein normaler Zug) bei einem Radius von 1000m fahren kann. Nun ist die Formel gemäß EBO eigentlich die selbe. Wenn man die maximal zulässige Überhöhung von 160mm bei Schotterbett unterstellt, kommt da nach Umstellen der Formel ca 116km/h raus.

ABER jetzt kommt der Punkt: In der EBO steht, dass ich auf die angesetzte Überhöhung (in dem Fall 160mm) noch den sogenannten Überhöhungsfehlbetrag aufrechnen darf (http://www.gesetze-im-internet.de/ebo/__40.html).
Wenn ich Wikipedia verstehe ich das so, dass es ein fiktiver Wert ist, der auf die reale Überhöhung aufgeschlagen wird (http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cberh%C3%B6hung) . Diesen erhöhten Wert in die Formel eingesetzt kommt dann bei gleichen Radius eine höhere zulässige Geschwindigkeit raus. Das geht dann zu Lasten der höheren Querbeschleunigung und somit zu Lasten des Komforts.
Dort steht auch, dass der Wert auf Mischverkehrsstrecken ab einem Radius von 1000m maximal 130mm betragen darf.

Und dazu meine Frage:
- was verbirgt sich da genau hinter?
- Habe ich die Intention richtig verstanden?
- Und kann man als Laie nachvollziehen, wie der sich berechnet?
- Wenn die 130mm auf die 160mm aufschlage und die 1000m Kurve mit einer Überhöhung von 290mm rechne komme ich auf eine Höchstgeschwindigkeit von ca 156km. Ist die Annahme korrekt?
- welchen Wert dürfe ich ansetzten, wenn ich weiter die 75mm Überhöhung der Stadtbahnstrecke annehme? auch 130mm, oder darf ich bei geringer Überhöhung auch nur einen geringeren Fehlbetrag annehmen?
- Und was ist unter 1000m? Gibt's den dann gar nicht, oder hat der dann nur ein anderes Limit.

Vielleicht hat ja jemand ein paar Antworten darauf, wobei ich zugeben muss, dass es reine Neugierde ist. Wie geschrieben, die Überhöhung für die Stadtbahn steht ja fest.
Wobei ich es interessant finde, dass man nach EBO dort bei gleicher Überhöhung durch die erlaubte Einrechnung des Fehlbetrags schneller fahren darf als eine Straßenbahn - Zumindest wenn ich das richtig verstanden habe.

Schonmal vielen Dank


Viele Grüße
Dirk

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RE: Kann mir jemand den Überhöhungsfehlbetrag erklären?

#2 von ET 65 , 19.10.2014 13:25

Hallo Dirk,

wenn ich das richtig verstanden habe, ist der Überhöhungsfehlbetrag der Betrag der zu einer Überhöhung dazuaddiert oder abgezogen werden muss, um bei dem vorgegebenen Radius mit einer anderen Geschwindigkeit als der Sollgeschwindigkeit zu fahren, um die nach außen bzw. innen wirkende Kraft wieder auf 0 zu setzen.

Guck mal hier auf Seite 9.47.

Ansonsten: Manfred oder Bernd, ihr seid dran!

Gruß, Heinz


Tried to reduce to the max Ich weiß, nicht immer einfach, aber einfach kann ja jeder.
Was noch fehlt? "Ein Sack voll Zeit"


 
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RE: Kann mir jemand den Überhöhungsfehlbetrag erklären?

#3 von DB-IV-Proto87 ( gelöscht ) , 19.10.2014 13:38

Hallo Dirk,

guckst Du hier: viewtopic.php?f=24&t=88545#p974555 - Kernaussage im neunten Absatz

Grüße aus Nürnberg,

Alexander


DB-IV-Proto87

RE: Kann mir jemand den Überhöhungsfehlbetrag erklären?

#4 von Remo Suriani , 20.10.2014 21:41

Danke Ihr zwei,

die Links haben mir zumindest fürs Grundverständis weitergeholfen.


Viele Grüße
Dirk

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RE: Kann mir jemand den Überhöhungsfehlbetrag erklären?

#5 von Perusa ( gelöscht ) , 04.02.2019 16:58

Hallo Eisenbahnfreunde,
ich bin durch Zufall auf die Frage nach dem Überhöhungsfehlbetrag gestoßen.

Um sich den Überhöhungsfelbetrag inhaltlich zu nähern hilft vielleicht folgende Überlegung.
Ich sitze in einem Reisezug der sich in einem langen Bogen mit r=1000m und einer Überhöhung
von 40mm stehend vor einem roten Signal befindet. Als Reisender spüre ich nun -bedingt durch
die 40mm Überhöhung- einen Drang auf meiner Sitzbank in Richtung Bogenmittelpunkt zu rutschen.
Nicht gerade komfortabel.
Dieses Gefühl kommt durch den "Überhöhungsüberschuss" zustande. (Im Stillstand wird ja keine
Überhöhung benötigt. Also ist jede vorhandene Überhöhung ein Überhöhungsüberschuss.)
Das Signal schaltet endlich auf grün und mein Zug beschleunigt.
Mit zunehmender Geschwindigkeit nimmt der Drang auf der Sitzbank nach innen zu rutschen ab.
Der Zug hat nun eine Geschwindigkeit von 58.22km/h erreicht. Jetzt habe ich keinerlei Drang
nach innen oder nach außen zu rutschen. Ich sitze frei von Seitenkräften komfortabel auf
auf meiner Sitzbank.
Befahre ich also einen Radius von 1000m mit ü=40mm mit v=58.22km/h so sind die eingebauten 40mm
die ausgleichende Überhöhung. Der Überhöhungsfehlbetrag ist=0mm (Im Stillstand betrug er -40mm).
Mit anderen Worten: Beim beschleunigen aus dem Stand wird ein negativer Überhöhunsfehlbetrag
bis auf 0 abgebaut.
Der Zug beschleunigt nun weiter und das Gefühl auf der Sitzbank nach außen zu rutschen nimmt
kontinuierlich zu. Ebenso nimmt nun der Überhöhungsfehlbetrag zu.
Wir sehen also:
Der Überhöhungsfehlbetrag berechnet sich aus der Differenz ausgl. Überhöhung - vorh. Überhöhung
ausgl. Überhöhung= 11.8 x v x v / r
In unserem Fall also:
ausgl. Überhöhung für den Stillstand: 11.8 x 0 x 0 / 1000 = 0mm
Überhöhungsfehlbetrag: 0mm - 40mm = -40mm
ausgl. Überhöhung für v= 58.22km/h: 11.8 x 58.22 x 58.22 / 1000 = 40mm
Bei einer Geschwindigkeit von v= 120.03km/h ist der Reisende in unserem vorgegebenen Bogen nun
einem Überhöhungsfehlbetrag von 130mm ausgesetzt. Und hier sagt nun die Vorschrift ist das Limit
für normale Gleisverhältnisse erreicht. In Bogenweichen sind z.B. geringere Fehlbeträge vorgeschrieben.
Für den maximalen Überhöhungsfehlbetrag von 130 mm sind vielfältige Gründe verantwortlich: z.B.
Fahrkomfort, verschieden schnelle Züge, haltende Züge, Beanspruchung des Oberbaues und des rollenden
Materiales usw.
Vmax für r=1000m mit ü=40mm beträgt also 120.03km/h (abgerundet auf 5er Schritten also 120 km/h)
Soll nun eine Stadtbahnstrecke für Ve=80km/h geplant werden und darin sei ein Bogen mit r=1000m
enthalten so kann man sich für die Regelüberhöhung dieses Bogens entscheiden.
Regelüberhöhung: 6.5 x v x v / r
also: 6.5 x 80 x 80 / r = 41.6mm
Man würde sich also für eine Überhöhung von 40mm entscheiden.
Für v=80km/h ergibt sich eine ausgleichende Überhöhung von 75.5mm
Daraus ergibt sich ein Überhöhungsfehlbetrag: 75.5mm - 40mm = 35.5mm
Würde ich nun den maximalen Überhöhungsfehlbetrag von 130mm ausschöpfen wollen so kann ich dann die maximale
Geschwindigkeit dieses Bogens ermitteln:
v x v = r x (u + uf) / 11.8
v x v = 1000 x (40 + 130) / 11.8
v x x = 14406.78
daraus die Wurzel ergibt vmax= 120.03km/h für diesen Bogen mit r=1000m und 40mm Überhöhung.
Um die 40mm Überhöhung einbauen zu können benötige ich am Bogenanfang und Bogenende jeweils eine
Überhöhungsrampe mit der Regellänge von 32m und die dazugehörige Klothoide.
Aber das wäre ein neues Thema.

Ich hoffe meine Ausführungen sind nachzuvollziehen.

Gruß Perusa


Perusa

   


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