Hallo Forengemeinschaft,
ich möchte hier einmal zeigen, wie Not erfinderisch macht. Im "Dreibuchstabenland" Anfang der 50er Jahre gab es so gut wie keine Artikel für die Modellbahn, gleichwohl damals "Pico" (mit "c"! )in meiner Heimatstadt Chemnitz als Produktionsstätte angesiedelt war. Man musste entweder umfangreiche Beziehungen haben, um an damalige Modellbahnartikel als "Bückware" heranzukommen. Oder man entschloss sich zum Selbstbau.
So hat sich mein Vater 1951 entschlossen aus Libby`s Dosen u.a. diese unten gezeigten Wagen herzustellen. Diese Milchdosen aus Westpaketen waren sehr gut lötbar und eigeneten sich gut für den Selbstbau. Hierzu wurde mittels scharf geschliffener Reißnadel die Bretterimitation in das geglättete Dosenblech geritzt. Die exakten Abstände der Bretter wurden vorher mit einem Metallzirkel markiert. Das Fachwerk/Verstärkungsprofile wurde durch breitgeklopften Kupferdraht erstellt und auf das Dosenblech aufgelötet. Alles geschah am Küchentisch. So entstanden ca 15 bis 20 verschiedene Güterwagen, die allerdings durch das damals verwendete Säure bildende Lötwasser im Laufe der Zeit dezimiert wurden. Als besonderer Hinweis ist zu werten, dass mein Vater in dieser Zeit seine Arbeiten bereits als "DB" gekennzeichnet hat. Vielleicht hat er geahnt, dass diese Wagen einmal den Weg in den Westen finden würden.
Puffer, Kupplungen, Achslager und Räder konnte man damals bei Fahrbach in Leipzig erwerben, was allerdings oft als Bückware gehandelt worden ist. Mein Vater, damals als Fuhrparkleiter bei der Wismut tätig, konnte hier mit der Währung "Russenbenzin" einiges möglich machen. So hat meine Trix-Express Eisenbahn aus der Vorkriegszeit damals 1949 2 Kanister dieser Währung gekostet.
Mein Vater musste wegen bestimmter politischer Ereignisse im Juni 1953 von einer Stunde zur anderen seinen "Standort" nach West-Berlin verlegen. Das hatte den Vorteil, dass ich ab dieser Zeit nicht mehr von der Versorgung mitteldeutscher Modellbahnartikel abhängig war. Als ich dann mit meiner Mutter 1958 auch "niebor gemacht bin", hatte ich vorher fast mein gesamtes Rollmaterial per Post in den Westen geschickt. So haben sich einige der Arbeiten meines Vaters erhalten, während ich einige andere an eine Sammlung eines Museums in Salzgitter als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt habe.
Mein Beitrag vielleicht auch einmal als Gedankenanregung, wie verwöhnt wir doch heute alle sind und gleichzeitig aus einem Angebot schöpfen können, was meinem Vater und mir damals noch nicht einmal in den kühnsten Gedanken vorstellbar war.
Hier einige der Libby`s Wagen:
Sonntägliche Grüße in die Runde
vps