RE: Grün ja, braun noch, rot noch nicht, Zeitschrift Schmale Spuren

#1 von Waldenburg , 08.01.2020 11:01

Mit dem für die Zeitschrift Schmale Spuren gewohnt witzigen Schreibweise beschreibt Otto Kurbjuweit in der Ausgabe 4/2019 im Artikel Damals in Bergün, als die Rhätische Bahn noch grün war, wie es eben noch war, als auf den Stammstrecken der Rhätischen Bahn (RhB) in den 1970er und Anfangs der 1980er Jahre noch die Farben Grün und Braun dominierten.

Die vier Mal im Jahr im Deutschen Simrock Verlag erscheinende Zeitschrift Schmale Spuren von Herbert Fackeldey, die in all den Jahren bei mir über den Tisch gelaufen sind, sind alle sehr lesenswert. Diesen Jahreswechsel konnte ich die letzte Ausgabe des Jahres 2019 ein bisschen detaillierter anschauen. In genau diesem Artikel ist mir eine Ironie der Eisenbahngeschichte Bewusst geworden, die bei genauem lesen des Artikels den Nagel auf den Kopf treffen. Nämlich: Dass es eine Zeit gab, da war der Schienenverkehr des Stammnetzes der Rhätischen Bahn so richtig interessant und es hat nun eine Zeit begonnen, da wird genau dieser Schienenverkehr auf dem Stammnetz der Rhätischen Bahn nun so richtig langweilig .




Das waren noch Zeiten. Die Grüne Ge 4/4 I der Rhätischen Bahn vor einem Güterzug mit vielen verschiedenen Wagen im Jahre 1985. Foto: Alain Gavillet. Quelle: Wikimedia: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:...;tiques_608.jpg


Otto Kurbjuweit beschreibt in seinem Artikel schön, dass er damals in Bergün in den Ferien war, dass wenn das typisch rhythmische wu’ung-wu’ung des nie hundertprozentig ausgewuchteten Triebwerks der Ge 6/6 I Krokodil-Lokomotiven hörbar wurde, was damals noch regelmässig der Fall war, er sich automatisch in die Richtung des Geräusches gewendet hat und sich des Bildes erfreute, was da an unterschiedlichen Güterwagen und Personenwagen hinter den vom Personal der Rhätischen Bahn liebevoll als C C bezeichneten Lokomotiven zu sehen war. Heute würde er wohl nicht mehr wegen dem immer gleichen Geräusch eines Allegra, oder Capricorn Triebzuges sich in dessen Richtung wenden und sich des Anblickes eines roten Tatzelwurmes ergötzen.

Tja, das Fazit dieses Artikels könnte sein, dass um das Jahre 2020 auch bei der Rhätischen Bahn die Epoche VI b beginnt. Epoche VI b? Noch nie gehört? Es ist dies die Epoche der auf der betrieblich auf das absolut notwendigen reduzierten Infrastruktur, der Trieb- und Gliederzüge mit ihren Ergänzungsmodulen im Personenverkehr und der Blockzüge im Güterverkehr, der Überwachungskameras und Bahnpolizisten . Eine für uns Modelleisenbahner wohl nicht wirklich interessanten Zeit-Epoche, ganz im Gegensatz zu den Epochen III, VI (1945 bis 1990) .

Christoph

Siehe auch:
- http://www.schmalespuren.de/
- https://www.rhb.ch/de/unternehmen/projek...uegeltriebzuege

Kleiner Hinweis an die Puristen: Ja ich weiss, schon vor 1984, als mit der Ablieferung der zweiten Serie an Ge 4/4 II die Rot Farbe die Rhätische Bahn zu dominieren begann, gab es bereit mehrere rote Fahrzeuge auf dem Stammnetz der Rhätischen Bahn. Gerne darf die da jemand auflisten. Auch diejenigen der damaligen Furka-Oberalp Bahn (FO) oder der Brig-Visp-Zermatt Bahn (BVZ) die in Form von Kurswagen auf das Netz der Rhätischen Bahn vorstossen. Kurswagen? Auch so ein Begriff aus der Vergangenheit .


 
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RE: Grün ja, braun noch, rot noch nicht, Zeitschrift Schmale Spuren

#2 von Robur , 09.01.2020 13:02

Moin,

so schön der damalige Betrieb der RhB auch war, so vielfältig das Fahrzeugmaterial, so wildromantisch, so sollte man niemals vergessen, daß die RhB kein Museumsbetrieb ist, sondern ein modernes Verkehrs- und Transportmittel, das am Markt bestehen und sich auch gegen Individualverkehr und Lkw behaupten muß. Alte Fahrzeuge sind auch in der Schweiz ein enormer Kostenfaktor und wenn nur noch Steinböcke und Allegras unterwegs sind, dann freut das den Reisenden ob der modernen Fahrzeuge und die Werkstatt wegen der einfacheren Wartung ebenfalls.
Den Touristen ist es ziemlich egal, welche Lok da vorn dran hängt, ob die grün, braun, rot ist, oder ob ein Triebwagen die Fuhre zieht. Es zählt das Erlebnis RhB. Vor allem Landschaftbetrachten im klimatisierten Panoramawagen. Abseits der Touristenzeit sind die Züge übrigens um Einiges kürzer und die Bernina-Expresse oder all die anderen Touristenzüge fahren nur noch halb so oft. Man kann das bei regelmäßigem Betrachten der vielen Webcams schön mitverfolgen.

Man kann froh sein, daß es in der Schweiz noch vielfältigen Gütertransport gibt und diesen sogar auf schmalen Spuren.


Viele Grüße

Michael

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Bigboy2 hat sich bedankt!
 
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RE: Grün ja, braun noch, rot noch nicht, Zeitschrift Schmale Spuren

#3 von Hachzer , 24.02.2020 22:46

Leider erst heute entdecke ich den Bericht von Waldenburg (Chrtistoph) über meinen RhB-Artikel in den "Schmalen Spuren". Bin sonst eher in den Unterforen Große Spuren und Schmalspur unterwegs. Erst einmal dankeschön an Christoph für die freundliche Rezension meines Artikels.
Zur Entgegnung von Robur möchte ich auch ein paar Worte sagen. Er schreibt:

Zitat
Den Touristen ist es ziemlich egal, welche Lok da vorn dran hängt, ob die grün, braun, rot ist, oder ob ein Triebwagen die Fuhre zieht. Es zählt das Erlebnis RhB. Vor allem Landschaftbetrachten im klimatisierten Panoramawagen.

Der erste Teil ist fraglos richtig, beim zweiten bin ich mir nicht so sicher. Ich weiß, dass es viele Reisende gibt, die es vermissen, wie früher die Fenster zu öffnen und auf der Albulastrecke den Kopf hinauzustrecken und nach vorn und hinten zu schauen und fotografieren. Im ICE geht das nicht, bei einer Bahn wie der RhB geht das schon noch.

Dass die RhB immer eine moderne Bahn war und ist, ist gut, aber sie neigt zur Überteibung. In meinen zahllosen Urlauben in Bergün und unzähligen Fahrten mit der RhB habe ich dreimal völlig neue Bernina-Express Garnituren erlebt, wo die alten noch so gut wie neu waren und mit jedem Intercitywagen in Deutschland mithalten konnten. Und die Japanischen Touristen kommen nicht erneut, weil es jetzt einen moderneren Zug gibt. Sie können eh nur einmal im Leben nach Europa reisen.

Markantes Beispiel ist die Ge 4/4 III, für die es keine technische und traktionsmäßige Begründung gab, nur eine Statussache. Die Ge 4/4 II war in der Lage alle Zuggewichte im Reisezugbetrieb zu befördern, im schweren Güterverkehr konnte sie in Doppltraktion eingesetzt werden und wird es heute noch. Die Ge 4/4 III hat die Züge weder länger noch schneller gemacht, sie ist nur viel teurer in der Unterhaltung, und zwar nicht nur der Lok selbst, sondern vor allen Dingen auch des Oberbaus, den sie heftig mitnimmt.

Mein verstorbener Freund in Domat/Ems wohnte direkt an der zweigleisigen heftig belegten RhB-Strecke Chur - Reichenau-Tamins und hatte nie Probleme mit den vorbeifahrenden Zügen. Bis die Ge 4/4 III kam. Seitdem tanzten die Tassen und Teller auf dem Tisch, wenn ein Zug vorbeidonnerte und die Fensterscheiben klirrten. Ein upgedateter Weiterbau der Gr 4/4 II wäre viel günstiger gewesen.

Dies ist ja kein Touristik-Forum, deswegen ist es legitim, eine Bahn aus der Sicht des Eisenbahnfreundes zu betrachten. Und daher auch eine Verlangweiligung zu beklagen. Andererseits muss man der RhB zugute halten, dass sie viele historische Fahrzeuge erhält und planmäßig einsetzt.

Grüsse

Otto

http://0m-blog.de/


 
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